# taz.de -- Linkspartei streitet über Antisemitismus: Nicht mit rechtsstaatlic… | |
> Ex-Senator Lederer und andere wollten beim Landesparteitag linken | |
> Antisemitismus benennen und bekämpfen. Eine Mehrheit der Delegierten | |
> lehnte das ab. | |
Bild: Exsenator Lederer warb vergeblich dafür, auch linken Antisemitismus klar… | |
Berlin taz | Nicht dass die Linkspartei nicht schon genug Probleme hätte: | |
in Brandenburg, wo sie noch vor fünf Jahren mitregierte, gerade [1][mit | |
2,98 Prozent aus dem Landtag geflogen], auch in Berlin nur noch bei 7 | |
Prozent und intern zerstritten. Beim Landesparteitag am Freitag aber hat | |
sich jetzt auch das noch steigern lassen: Eine Mehrheit der Delegierten | |
entkernt [2][einen Antrag bekannter] Mitglieder um Ex-Kultursenator Klaus | |
Lederer zu klarer Haltung gegen Antisemitismus: Die Benennung linker | |
Judenfeindlichkeit fällt genauso raus wie die Forderung, Juden „konsequent | |
und unter Einsatz rechtsstaatlicher Mittel zu schützen“. | |
Die Doppelspitze des Landesverbands, Franziska Brychcy und Maximilian | |
Schirmer, hatte eingangs in ihren Reden ein ganz anders Signal von diesem | |
Parteitag angestrebt: eines einer Partei, die sich zusammenrauft, die dem | |
schwarz-roten Senat Kontra gibt, die die Alltagsprobleme im Blick hat und | |
Antworten darauf gibt. Der Schriftzug „Bereit zu kämpfen“ prangt hinter dem | |
Rednerpult, als Parteiikone Petra Pau dort ankündigt, 2025 nicht erneut für | |
den Bundestag zu kandidieren. Für ihre Partei sieht sie zwei Möglichkeiten: | |
„Entweder die Linke rappelt sich zu einer gefragten Alternative im 21. | |
Jahrhundert auf, oder wir stürzen im freien Fall in die | |
Bedeutungslosigkeit.“ | |
Doch dann tritt der frühere Spitzenkandidat Lederer an ebendieses | |
Rednerpult, aktuell queer- und drogenpolitischer Sprecher der | |
Abgeordnetenhausfraktion, um das zu begründen, was nun unter dem Titel | |
„Gegen jeden Antisemitismus“ vorliegt. „Wir haben den Antrag gestellt, we… | |
wir ein Problem haben“, sagt er. „Das ist nicht nur ein Problem der Partei, | |
sondern linker Milieus generell.“ Es werde „von Menschen aus Partei und | |
Umfeld“ das Hamas-Massaker als legitimer Widerstand glorifiziert, es werde | |
gegen das Existenzrecht Israels agitiert und zu Gewalt gegen Israelis | |
aufgerufen. „Mit einer linken Partei, der wir Antragsteller uns zugehörig | |
fühlen, hat all das nichts zu tun.“ | |
Zu diesen Antragstellern gehören weitere Ex-Senatsmitglieder, | |
Bundesgeschäftsführerin Katina Schubert, aber auch führende Köpfe der | |
Abgeordnetenhausfraktion wie deren Chefin Anne Helm oder Finanzexperte | |
Sebastian Schlüsselburg. | |
## Knappe Mehrheit für Änderungen | |
Einer Mehrheit des Parteitags aber missfallen zentrale Passagen – sie | |
unterstützt in teils sehr knappen Abstimmungen [3][Änderungsanträge]. Als | |
erstes fällt so die Formulierung raus, jüdische Menschen „unter Einsatz | |
rechtsstaatlicher Mittel“ zu schützen. | |
Gleichermaßen verschwinden der Begriff „konsequente Strafverfolgung“ und | |
eine konkrete Benennung von linken Antisemitismus: Aus der Passage „sich | |
politisch links verortende Menschen in Berlin“ hätten das Massaker vom 7. | |
Oktober relativiert und mitunter gefeiert, [4][wird allgemein „Menschen in | |
Berlin]“. Man sei nicht gegen Strafverfolgung, sagt eine Unterstützerin der | |
Änderungsanträge am Rednerpult, man müsse aber „die politische | |
Großwetterlage beachten“. Dort sieht sie Repression mit dem Ziel der | |
„Zerschlagung jeglicher Solidarität mit den Menschen in Gaza.“ | |
Nachdem diese Änderungsanträge erfolgreich sind, zieht Lederer den Antrag | |
zurück. Es folgt eine kurze Unterbrechung, bevor er und zahlreiche | |
Gleichgesinnte, darunter auch Pau, den Parteitag verlassen. Die | |
erfolgreiche Seite drängt nun darauf, den um zentrale Passagen gekürzten | |
Antrag gegen den Willen der Antragsteller als generelles „Zeichen gegen | |
Antisemitismus“ zu beschließen. Das scheitert knapp nur daran, dass dafür | |
eine Zweidrittelmehrheit nötig wäre, die auch nach dem Auszug des | |
Lederer-Lagers nicht zustande kommt. | |
Landeschef Schirmer mag später in dem Verlauf des Parteitags und dem in | |
dieser Form zuvor nicht erlebten Auszugs zahlreicher und eben auch | |
prominenter Mitglieder keinen Eklat oder Tiefpunkt erkennen. Man müsse | |
feststellen, dass es teilweise verschiedene Perspektiven gibt, weil einige | |
Mitglieder zum Beispiel selbst jüdisch sind oder betroffene Angehörige | |
haben“, sagt er der Deutschen Presse-Agentur. Entsprechend lebhaft und | |
emotional sei die Diskussion geführt worden – „das ist bei diesem Thema | |
nicht neu.“ | |
13 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://wahlergebnisse.brandenburg.de/12/500/20240922/landtagswahl_land/erg… | |
[2] https://dielinke.berlin/fileadmin/user_upload/A4_-_BV_Pankow_-_Gegen_jeden_… | |
[3] https://dielinke.berlin/fileadmin/Parteitage/9._Landesparteitag/4._Tagung/A… | |
[4] https://dielinke.berlin/fileadmin/Parteitage/9._Landesparteitag/4._Tagung/A… | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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