# taz.de -- Jahrestag des Hamas-Massakers: Warnung vor Gewaltbereitschaft | |
> Am Montag jährt sich das Hamas-Massaker in Israel. Der Verfassungsschutz | |
> warnt vor einer Zunahme israelfeindlicher und antisemitischer Proteste. | |
Bild: Gespannte Stimmung: Pro-palästinensische Demonstration im September in B… | |
Berlin dpa/afp/epd | Vor dem Jahrestag des Hamas-Massakers in Israel warnt | |
das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) vor einer Zunahme | |
israelfeindlicher und antisemitischer Protesten. „Der Jahrestag könnte ein | |
Trigger-Ereignis für weite Teile des Protestspektrums sein“, sagte | |
BfV-Präsident Thomas Haldenwang. „Die aktuelle Lage birgt auch für bislang | |
gemäßigte Akteure große Potenziale für Emotionalisierung, Polarisierung und | |
Radikalisierung.“ Schwerpunkt der Proteste dürfte nach Einschätzung der | |
Behörde Berlin sein. | |
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist alarmiert. „Wir blicken mit | |
großer Sorge auf die kommenden Tage. Man konnte bereits in den vergangenen | |
Tagen sehen, dass sich die Gewaltbereitschaft der propalästinensischen | |
Szene auf unseren Straßen wieder verstärkt in Hass, Antisemitismus und | |
Gewaltexzessen entlädt“, sagte Berlins GdP-Sprecher Benjamin Jendro. Die | |
jüngsten Entwicklungen zwischen Israel, dem Libanon und dem Iran werden | |
seiner Ansicht nach Auswirkungen auf das Versammlungsgeschehen in Berlin | |
haben. | |
Der Bundesvorsitzende der GdP, Jochen Kopelke, sagte dem Redaktionsnetzwerk | |
Deutschland (RND), dass an dem Tag alle Sicherheitsbehörden in Deutschland | |
einen „enormen Personalbedarf“ hätten. Man gehe robust und konsequent gegen | |
Gewalttäter und Krawallmacher vor. | |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) rief zur Solidarität mit Jüdinnen | |
und Juden auf. Seit dem 7. Oktober habe es in Deutschland einen deutlichen | |
Anstieg antisemitischer Straftaten gegeben, teilte ihr Ministerium mit. Im | |
Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt hat die Polizei demnach fast 8.500 | |
Straftaten der politisch motivierten Kriminalität registriert. | |
Davon wurden 3.464 Straftaten als antisemitisch motiviert eingestuft. | |
Meistens habe es sich dabei um [1][Sachbeschädigungen] und | |
Volksverhetzungen gehandelt. Die allermeisten Taten entfielen auf den | |
Bereich ausländische Ideologie (2.123). Dahinter folgten religiöse | |
Ideologie (774), sowie rechts motivierte (322) und links motivierte Taten | |
(87). Einige Delikte aus diesem Bereich konnten die Ermittler nicht | |
zuordnen. | |
## Zahlreiche Demonstrationen zum Jahrestag | |
Vor einem Jahr, am 7. Oktober 2023, hatten Terroristen der Hamas und | |
anderer extremistischer Gruppen mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet | |
und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Dies war | |
der Auslöser für den Gaza-Krieg. Zum Jahrestag, der am Montag ist, gehen | |
insbesondere in Berlin wieder zahlreiche Gruppen und Demonstranten zur | |
Unterstützung Israels oder der Palästinenser auf die Straße. Bereits am | |
Wochenende vor dem Jahrestag stehen in der Hauptstadt zahlreiche | |
Demonstrationen an. | |
Die Berliner Polizei bereitet sich auf die vielen Kundgebungen vor – nicht | |
auszuschließen ist dabei, dass es auch zu Tumulten und verbotenen | |
Solidaritätsbekundungen mit den Hamas-Terroristen kommt. Die GdP erwartet | |
eine „stadtweite, dynamische Lage“ erwartet. Allein am Jahrestag des | |
Terroranschlags auf Israel werden rund 2.000 Polizistinnen und Polizisten | |
in der Hauptstadt die geplanten Demonstrationen absichern. „Unterstützung | |
kommt dabei aus anderen Bundesländern und dem Bund“, wie ein Sprecher | |
sagte. | |
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) erklärte: „Der | |
barbarische Terrorangriff auf Israel hat nicht nur das israelische Volk, | |
sondern auch uns in Berlin tief erschüttert. Heute werden noch immer | |
Geiseln in den Tunneln der Hamas-Terroristen festgehalten. Deshalb fordern | |
auch wir: Bring them home now!“ | |
Den „weltweiten Anstieg von Antisemitismus“ bezeichnete Wegner als | |
beschämend. „Das werden wir in dieser Stadt nicht dulden. Berlin wird nie | |
wieder zusehen, wenn Juden bedroht oder angefeindet werden.“ Mehrfach | |
verurteilte der CDU-Politiker zuletzt Ausschreitungen und | |
[2][Aggressivität] sowie die Unterstützung von Terrorregimen. „Niemand hat | |
das Recht, in Berlin Straftaten zu verüben oder Steine und andere Dinge auf | |
Polizeikräfte zu schmeißen“, so Wegner. | |
## DPG-Präsident distanziert sich von Teilen propalästinensischer | |
Kundgebungen | |
Der Präsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft (DPG), Nazih | |
Musharbash, distanzierte sich von Teilen der propalästinensischen | |
Kundgebungen. Wenn bei Demonstrationen Gesetze übertreten würden, dann sei | |
das strafbar und werde nicht von der DPG unterstützt, sagte Musharbash im | |
RBB-Inforadio. „Deshalb rufen wir von der Deutsch-Palästinensischen | |
Gesellschaft zum Beispiel nicht zu Kundgebungen auf, weil wir diese Leute | |
nicht dabeihaben wollen.“ | |
Das gelte sowohl für rechtsradikale Deutsche als auch für Islamisten. „Sie | |
stören uns, und sie schaden unserer Sache. Die sind nicht Repräsentanten | |
der großen Mehrheit, der friedlichen großen Mehrheit der Palästinenser in | |
Deutschland.“ | |
Unterdessen ist der Veranstalter einer pro-palästinensischen Kundgebung vor | |
dem Verwaltungsgericht Münster mit einem Eilantrag gegen die Untersagung | |
der Parole „[3][From the river to the sea] (auf Deutsch: Vom Fluss bis zum | |
Meer)“ gescheitert. Die versammlungsrechtliche Beschränkung der für den 6. | |
Oktober in Münster angemeldeten Demonstration erweise sich nicht als | |
offensichtlich rechtswidrig, erklärte das Gericht am Freitag und wies den | |
Eilantrag ab (AZ: 1 L 873/24). | |
Das Polizeipräsidium Münster hatte im Vorfeld für die für Sonntag | |
angemeldete pro-palästinensische Versammlung ein Verbot des Rufes „From the | |
river to the sea – Palestine will be free“ ausgesprochen. Es sah in dem | |
Fall einen Anfangsverdacht für einen Verstoß gegen das Vereinsgesetz | |
gegeben. In seiner Begründung verwies die Polizei im Wesentlichen darauf, | |
dass die Parole von den inzwischen verbotenen Vereinigungen Hamas und | |
Samidoun im Zusammenhang mit dem Israel-Palästina-Konflikt verwendet wird. | |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am 2. November 2023 ein | |
Betätigungsverbot für die radikal-islamistischen Organisationen verhängt. | |
Der Antragsteller aus Münster wandte dagegen ein, dass deutsche Gerichte | |
mehrfach bestätigt hätten, dass der Ausruf der Parole „Vom Fluss bis zum | |
Meer“ oder in anderer Sprache nicht strafbar sei. Ein pauschaler Verweis | |
auf die Verfügung des Bundesinnenministeriums sei deshalb nicht | |
ausreichend, um eine unmittelbare Gefahrenlage zu begründen, erklärte er. | |
Seit mehr als elf Monaten organisiere er in Münster regelmäßig | |
pro-palästinensische Veranstaltungen, ohne dass jemals ein antisemitischer | |
Vorfall oder ein Gewaltakt aufgetreten sei, argumentierte er. | |
Das sah das Verwaltungsgericht anders. Handele es sich bei der Parole um | |
ein Kennzeichen der Hamas, liege die Annahme einer ausnahmsweise zulässigen | |
Verwendung fern, heißt es in dem Beschluss. Es sei auch nicht ersichtlich, | |
dass der Antragsteller sein zentrales Anliegen – „namentlich ein | |
öffentlicher Diskurs über die Geschichte Palästinas“ – ohne die Verwendu… | |
des Slogans nicht hinreichend vorbringen könnte. | |
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Gegen ihn kann innerhalb der | |
kommenden zwei Wochen Beschwerde eingelegt werden. | |
4 Oct 2024 | |
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