| # taz.de -- Angriffe gegen jüdische Einrichtungen: Schlechte Bilanz für Staat… | |
| > Antisemitische Straftaten in Deutschland steigen. Auch Synagogen und | |
| > jüdische Einrichtungen werden gezielt attackiert, wie eine taz-Umfrage | |
| > zeigt. | |
| Bild: Hetze gegen Israel an einer Hauswand in Berlin-Neukölln | |
| Berlin taz | Brandsatzwürfe auf Synagogen, Schmierereien, Bedrohungen oder | |
| jüngst der [1][Angriff auf das israelische Generalkonsulat in München]: Ein | |
| Jahr nach den Hamas-Angriffen auf Israel vom 7. Oktober und fünf Jahre nach | |
| dem rechtsextremen Anschlag auf die Synagoge in Halle bleibt die Bedrohung | |
| für Jüdinnen und Juden in Deutschland so hoch wie lange nicht. | |
| Seit Jahresbeginn verzeichnet die Polizei bundesweit über 3.200 | |
| antisemitische Straftaten. Hinzu kommen fast 8.500 politische Straftaten im | |
| Kontext des Nahostkonflikts, vor allem auf Demonstrationen, von denen | |
| ebenfalls 3.464 als antisemitisch eingestuft werden. Damit steuern die | |
| Zahlen auf ein neues Allzeithoch zu, nachdem im Vorjahr bereits 5.164 | |
| antisemitische Delikte registriert wurden. | |
| Eine Umfrage der taz in den Bundesländern zeigt, dass weiter auch Synagogen | |
| und jüdische Einrichtungen gezielt angegriffen werden. In Sachsen-Anhalt, | |
| [2][Schauplatz des Halle-Anschlags], gab es dieses Jahr bereits 8 | |
| Straftaten gegen jüdische Einrichtungen, vor allem Friedhöfe. Im Vorjahr | |
| waren es 12, mehr als doppelt so viele wie im Jahr davor. | |
| Auch in Bayern wurden 7 Straftaten gegen Synagogen und 3 gegen andere | |
| jüdische Einrichtungen verzeichnet. In Baden-Württemberg gab es seit | |
| Jahresbeginn 6 Delikte gegen Einrichtungen und 260 antisemitische | |
| Straftaten im ersten Halbjahr. Im Vorjahr waren es 668 Delikte, ein | |
| Zehnjahreshöchstwert. Und die Zahlen werden sich noch erhöhen: Das LKA | |
| Baden-Württemberg hatte direkt nach dem 7. Oktober eine zentrale | |
| Informationssammelstelle eingerichtet, wo seitdem eine „hohe dreistellige | |
| Zahl“ an Straftaten und Aktionen registriert wurde, von denen viele noch | |
| einsortiert werden müssen. Fast alle richteten sich gegen Israel. | |
| ## Verfassungsschutz warnt vor noch mehr Gewalt | |
| Thüringen meldet seit dem 7. Oktober eine mittlere dreistellige Zahl | |
| antisemitischer Straftaten und eine einstellige Zahl an Delikten gegen | |
| Einrichtungen. In Sachsen gab es dieses Jahr 6 Taten gegen Einrichtungen, | |
| in Berlin seit dem 7. Oktober 2023 7 Delikte. Hessen, Niedersachsen und | |
| Bremen verzeichnen eine niedrige einstellige Zahl. Andere Bundesländer | |
| konnten für 2024 noch keine Zahlen vorlegen oder registrierten keine | |
| Angriffe. Aber auch dort liegen die Zahlen antisemitischer Delikte | |
| insgesamt auf hohem Niveau. | |
| Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) spricht von einem „drastischen | |
| Anstieg antisemitischer Straftaten“. Sie betont die Verantwortung, „alles | |
| zum Schutz von Jüdinnen und Juden zu tun“. Auch die Länder bekräftigen | |
| dies. „Wir unternehmen in Hessen alles, um jüdisches Leben wirkungsvoll zu | |
| schützen“, erklärte etwa Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU). Sein | |
| NRW-Kollege Herbert Reul bekräftigte, „der Schutz jüdischen Lebens hier bei | |
| uns in Deutschland bleibt eine nicht verhandelbare Verpflichtung“. | |
| [3][Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang warnt], der Jahrestag des | |
| 7. Oktober könnte ein „Trigger-Ereignis“ für Proteste sein. Die aktuelle | |
| Nahost-Lage berge für gemäßigte Akteure, die gegen Israel protestierten, | |
| „große Potenziale für Emotionalisierung, Polarisierung und | |
| Radikalisierung“. Auch die Gefahr von Terroranschlägen habe sich im | |
| vergangenen halben Jahr „deutlich erhöht“. | |
| Nach dem Anschlag von Halle 2019 wurden die Sicherheitsmaßnahmen für | |
| Synagogen und jüdische Einrichtungen bundesweit überprüft. Alle Länder | |
| betonen in der taz-Umfrage heute einen engen Kontakt der Polizei mit den | |
| Gemeinden, teils würden spezielle Ansprechpartner*innen der Polizei | |
| gestellt. Die Sensibilität vor möglichen Angriffen rund um den Jahrestag | |
| des 7. Oktober sei nochmal erhöht, wird beteuert. | |
| ## Millionen für Baumaßnahmen – und ein Polizeirabbiner | |
| Sachsen-Anhalt reagierte nach dem Halle-Anschlag mit mobilen Polizeiwachen | |
| vor Synagogen in Halle und den 2023 neu eröffneten in Dessau und Magdeburg. | |
| Seit 2020 flossen 8,8 Millionen Euro in bauliche Sicherheitsmaßnahmen, | |
| vor allem bei dem Bau der zwei neuen Synagogen. Dieses Jahr sind es weitere | |
| 1,6 Millionen Euro. Das Land übernimmt zudem bis zu 50.000 Euro jährlich | |
| für Wachpersonal. 20 neue Stellen beim LKA und 8 beim Verfassungsschutz | |
| wurden geschaffen, die sich vor allem um Straftatenaufklärung im Internet | |
| kümmern. Im September 2022 wurde in Sachsen-Anhalt [4][mit Daniel Fabian | |
| zudem erstmals ein Polizeirabbiner eingesetzt]. Bundesweit gibt es einen | |
| solchen nur noch in Baden-Württemberg. | |
| Bayern berichtet, auch nochmal nach dem Angriff auf das Generalkonsulat in | |
| München, von „verstärkter Streifenpräsenz“ vor jüdischen Einrichtungen … | |
| von dortigen Standposten. Jedem Gefahrenhinweis werde „akribisch | |
| nachgegangen“, versichert ein Sprecher des Innenministeriums. Seit dem | |
| Halle-Anschlag investierte Bayern 8 Millionen Euro in Sicherungsmaßnahmen | |
| für jüdische Einrichtungen, in diesem und nächsten Jahr jeweils nochmal 3 | |
| Millionen Euro. Und der Sprecher kündigt an, Bayern werde den „Kampf gegen | |
| Hasskriminalität erheblich verstärken“. | |
| Auch andere Bundesländer investieren in die Sicherheit jüdischer | |
| Einrichtungen. Baden-Württemberg gab in den vergangenen Jahren 4,6 | |
| Millionen Euro aus. Anfang 2025 soll ein neuer Staatsvertrag mit den | |
| Israelitischen Religionsgemeinschaften geschlossen werden, um die Förderung | |
| der Sicherungsmaßnahmen zu verstetigen. Rheinland-Pfalz investierte seit | |
| 2019 4 Millionen Euro in zwölf Objekte. | |
| ## „Gemeinden leisten mehr als das übliche Maß“ | |
| Einige Länder wie Sachsen betonen auch, dass Versammlungsbehörden Hinweise | |
| erhielten, um Straftaten auf Anti-Israel-Protesten zu verhindern. Auch | |
| wurde der Austausch der Polizei mit Ausländerbehörden intensiviert, um bei | |
| antisemitischen Delikten von Nichtdeutschen „aufenthaltsbeendende Maßnahmen | |
| zu prüfen“. | |
| Auch das Bundesinnenministerium betont, dass nach dem Halle-Anschlag dem | |
| Zentralrat der Juden 22 Millionen Euro für Sicherheitsmaßnahmen zur | |
| Verfügung gestellt wurden. Die Gemeinden sind für die meisten Maßnahmen | |
| selbst verantwortlich und werden vom Zentralrat unterstützt. | |
| „Die Gemeinden leisten hier meist mehr als das übliche Maß“, sagte ein | |
| Sprecher des Zentralrats der taz. Die Unterstützung von Bund und Ländern | |
| begrüßte er: Die Vorkehrungen der Sicherheitsbehörden seien seit Halle | |
| „sichtbar verstärkt“ worden. Doch die Bedrohungslage habe sich seitdem noch | |
| weiter verschärft. Zentralratspräsident Josef Schuster bezeichnete die | |
| Protestaufrufe gegen Israel rund um den Jahrestag des 7. Oktober als „neuen | |
| Tiefpunkt der Menschlichkeit in unserer Gesellschaft“. | |
| 6 Oct 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Polizeieinsatz-in-Muenchen/!6034795 | |
| [2] /Vierter-Jahrestag-des-Halle-Anschlags/!5965543 | |
| [3] /Jahrestag-des-Hamas-Massakers/!6040806 | |
| [4] /Judentum-und-Polizei-in-Sachsen-Anhalt/!5876982 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
| ## TAGS | |
| Antisemitismus | |
| Judentum | |
| Sicherheit | |
| Synagoge | |
| Deutschland | |
| GNS | |
| Social-Auswahl | |
| Thomas Haldenwang | |
| Antisemitismus | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| Antisemitismus | |
| Schwerpunkt Stadtland | |
| Berlin | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Antritt bei der Bundestagswahl: Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang wird CD… | |
| Seit sechs Jahren führt er den Verfassungsschutz an, warnt vor | |
| rechtsextremen Gefahren. Nun will Thomas Haldenwang für die CDU in den | |
| Bundestag. | |
| Steinmeier gedenkt Opfern der Hamas: „Zynisches Kalkül der Terroristen“ | |
| Bundespräsident Steinmeier erinnert an das Leid, das die Hamas vor einem | |
| Jahr nach Israel brachte. Er gibt sich aber auch nachdenklich, was Israels | |
| Militärstrategie angeht. | |
| 7. Oktober – ein Jahr danach: Es fühlt sich an wie ein Riss | |
| Wie geht das Leben weiter in Deutschland nach dem 7. Oktober? Ein | |
| persönlicher Essay über Jüdischsein, über Solidarität und tiefe Gräben. | |
| Antisemitismus in Deutschland: Scham und Erschütterung | |
| Deutsche Politiker*innen gedenken ein Jahr nach dem 7. Oktober der | |
| Opfer des Hamas-Terrors. Auch hierzulande nimmt Antisemitismus zu. | |
| Antiimperialisten gegen Antideutsche: Linke Orte unter Druck | |
| Der Krieg zwischen Israel und der Hamas lässt alte Konflikte in der linken | |
| Szene wieder aufbrechen. Ein Dialog erscheint so gut wie unmöglich. | |
| Jahrestag des Hamas-Massakers: Warnung vor Gewaltbereitschaft | |
| Am Montag jährt sich das Hamas-Massaker in Israel. Der Verfassungsschutz | |
| warnt vor einer Zunahme israelfeindlicher und antisemitischer Proteste. | |
| Antisemitismus in Berlin: Notfalls bis zum Schulverweis | |
| Ein SPD-Abgeordneter fordert ein ganzes Maßnahmenbündel zur verstärkten | |
| Bekämpfung von Antisemitismus. Er macht sich damit nicht nur Freunde. |