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# taz.de -- Parteitag der Berliner Linken: Kein Antisemitismus-Skandal
> Der Eklat auf dem Parteitag der Linken steht nicht für ein Problem mit
> Antisemitismus. Er ist Ausdruck von Kompromisslosigkeit und einem
> Machtkampf.
Bild: Nicht jeder Streit der Linken ist Antisemitismus
Wurde der Holocaust geleugnet? Sind Juden als Strippenzieher verunglimpft
worden? Durfte ein Vertreter der Hamas ein Grußwort halten? Man könnte all
das annehmen, wenn man sich die öffentliche Empörung über den
[1][„Antisemitismusskandal“] auf dem [2][Landesparteitag der Berliner
Linken] am Wochenende anschaut. Es passt ja auch ins Bild: Antisemitismus
wird in bürgerlichen Kreisen inzwischen vor allen als linkes und
migrantisches Problem markiert. Wenn sich Linke über Nahost zerlegen, muss
demnach Antisemitismus und linksradikaler Israel-Hass dahinterstehen.
Doch wer einen genauen Blick auf den Parteitag und die Streitparteien
wirft, muss zu einem anderen Schluss kommen: Es gab keinen
Antisemitismusskandal. Stattdessen gab es einen Kampf um Begrifflichkeiten
und die jeweils für angemessen betrachtete richtige Priorisierung – eine
klassisch linke Debatte, wie sie tausendfach geführt und meist gescheitert
ist. Blinde Einseitigkeit; stereotype Zuschreibungen, gar
Menschenfeindlichkeit waren nicht Gegenstand der Anträge und
Änderungswünsche.
Beim Antrag des Landesvorstands war man sich gar einig, die
„verbrecherischen Massaker der Hamas“ und den „anhaltenden
völkerrechtswidrigen Krieg“ zu geißeln. Beides gehört – auch wenn sich
einige Mitglieder an der Basis anders positionieren – zum Parteikonsens,
ebenso wie das programmatische Bekenntnis gegen Antisemitismus. Die große
Mehrheit der Linken ist in ihrem Verständnis der komplexen Lage in Nahost
damit weiter als jeder Staatsräson-Diskurs.
Entzündet hat sich der Streit, an dessen Ende Ex-Landeschef Klaus Lederer
und gut zwei Dutzend seiner Getreuen den Parteitag verließen, an einem
Antrag, der ausführlich einen bestimmten Blick auf das Thema Antisemitismus
postulieren wollte – ohne Bereitschaft auf Bedenken einzugehen, die nicht
in einer antisemitischen Weltsicht zu suchen sind. Doch Lederer und Co.
zogen den Antrag lieber zurück und gingen, als ihn mit Detailänderungen
beschließen zu lassen.
## Streit im Detail
Mehrheitlich abgelehnt wurde die Bezeichnung des Hamas-Terrors als
„eliminatorischen Antisemitismus“, weil die Begrifflichkeit als
Beschreibung für die Schoah verstanden und eine Gleichsetzung mit dem
Holocaust vermieden werden sollte. Den Antragsstellern ging es demnach
explizit nicht darum, Hamas und Hisbollah zu relativieren.
Ersetzt werden sollte zudem die Formulierung, jüdische Menschen „unter
Einsatz rechtsstaatlicher Mittel zu schützen“. Aus Sorge, damit eine
polizeiliche [3][Repression gegen Pro-Palästina-Proteste] zu legitimieren,
wollte die Partei daraus den Satz machen: „Wir stehen für eine Linke ein,
die jüdisches Leben in Deutschland verteidigt und jüdische Menschen
konsequent schützt.“
Nicht Antisemitismus hat diesen Parteitag ausgezeichnet, sondern die
Unfähigkeit zum Kompromiss. Dahinter steht auch ein Machtkampf, den der
einst tonangebende Lederer-Flügel verloren hat. Verloren hat dabei die
ganze Linke.
14 Oct 2024
## LINKS
[1] /Linkspartei-streitet-ueber-Antisemitismus/!6039646
[2] /Strategien-der-Berliner-Linken/!6041805
[3] /Propalaestinensische-Proteste-in-Berlin/!6014073
## AUTOREN
Erik Peter
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Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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Schwerpunkt Stadtland
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