| # taz.de -- Satire-Ratgeber für Gestresste: Der Anti-Sisyphos | |
| > Ein neuer, brüllend komischer Ratgeber widmet sich dem Phänomen | |
| > „Ambitionslosigkeit“. Und fordert Akzeptanz für die eigene Schlappheit. | |
| Bild: Aufräumen, putzen, schön sein. Och nö | |
| Schlendrian, Antriebslosigkeit, Prokrastination. Die Dreifaltigkeit des | |
| Nichtstuns und Versagens. Endlich steht den Anhänger:innen dieses | |
| Lifestyles nun eine durchdachte und gut ausgearbeitete Handreichung zur | |
| Verfügung. Das fiktive Autorenduo Astrid Scheib und Robin Däutel geriert | |
| sich als freundschaftlich verbundenes Coaching-Team in Sachen „nix gebacken | |
| kriegen“. | |
| Ihre 0-%-Methode verspricht nichts und muss daher auch nichts halten. | |
| „Robin und Astrid“ stellen sich bereits auf den ersten Seiten des Buches | |
| als Prototypen urbaner Durchlavierer:innen vor. | |
| Scheib bekundet zum Beispiel freimütig, sie habe sich trotz eines | |
| sozialwissenschaftlichen Studiums in den vergangenen Jahren „hauptsächlich | |
| einem Akademiker namens Benedikt gewidmet“, der seit der Trennung in immer | |
| kürzeren Zeitabständen seine Heißluftfritteuse zurückfordere. | |
| Däubel macht irgendwas mit Grafikdesign, hat 2 Kinder von 2 Frauen und | |
| wohnt wieder in einer WG. Für beide lief es, so die Erzählung, in den | |
| letzten Jahren nicht optimal und darum tat man sich zusammen, um dem Grund | |
| dafür auf die Spur zu kommen. | |
| ## Nichts können | |
| Die Frage, was können wir eigentlich besonders gut, wurde in der Folge mit | |
| „eigentlich kaum etwas“ beantwortet, und man kam zu der Erkenntnis: macht | |
| gar nix. | |
| Genau jenes Mindset jazzen beide auf brüllend komische Weise zu etwas | |
| durchaus Akzeptablem, wenn nicht sogar Erstrebenswertem hoch, unterfüttern | |
| Theorien und Strategien des Scheiterns mit Tabellen und Grafiken der | |
| himmelschreienden Sorte und geben Tipps, wie man es ihnen gleichtun kann, | |
| um sich aus der Optimierungsfalle des Lebens zu befreien. | |
| Es ist ja auch alles so anstrengend. Ständig soll man putzen oder abnehmen, | |
| sich selbst kritisieren und hinterfragen, „performen“, sich konkurrenzfähig | |
| zurichten. | |
| Die Autor:innen geben anhand ihrer eigenen Lebenswege den Ratschlag, all | |
| dies zu lassen und sich so über diejenigen zu erheben, die sich Tag für Tag | |
| abstrampeln. „Wir umarmen das Scheitern und machen es uns untertan“ oder | |
| „Lass den Stein liegen, Sisyphos. Er rollt ja doch wieder ins Tal“ sind | |
| Merksätze, die locker zwischen die Kapitel gestreut werden, und die man als | |
| Mantras immer wieder neu vor sich hinsprechen soll, [1][während man beim | |
| „Circle-Zapping“ auf dem Sofa liegt und zufrieden den ungesaugten | |
| Teppichboden ignoriert]. | |
| ## Das macht alles nicht glücklich | |
| Minimalismus, Selfcare, gesunde Ernährung, Sport und Sauberkeitswahn | |
| machen, folgt man Scheib und Däuter, überhaupt nicht glücklich, weil mit | |
| Anstrengung verbunden. Als Anti-Kondo-Gurus gehen beide davon aus, dass | |
| „alles fließt“ und ohnehin wieder zu einem zurückkehrt. Dann könne man a… | |
| gleich aufs Ausmisten und Sortieren verzichten und den lieben Gott einen | |
| guten Mann sein lassen. | |
| Hinter den Pseudonymen verstecken sich die Schriftsteller:innen | |
| Sebastian Stuertz und [2][Dana von Suffrin, die mit ihrem letzten Roman zur | |
| Zeit auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis stand]. Als Zwischenprojekt, | |
| entstanden während der Pandemie, haben sich beide mit der 0-%-Methode einen | |
| Entlastungsraum geschaffen, von dem wir als Leser:innen nun profitieren | |
| dürfen, denn: „Auch der Verstand liebt die großen Ferien.“ | |
| 28 Sep 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rebecca Spilker | |
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