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# taz.de -- Ausgeschlafen gegen rechts: Wenn die Welt untergeht: Gönnjamin
> Zwischen Overload und Erholung – wie sich unsere Kolumnistin ins
> Hotelbett zurückzieht und Schlaf zur rebellischen Geste erklärt.
Bild: Schlaf steigert nicht nur das eigene Wohlbefinden, er füllt auch die Kra…
Leute, was soll ich sagen, ich will zurück ins [1][Bett]. Das Jahr kam, ich
habe kurz reingeschnuppert und jetzt möchte ich wieder schlafen gehen. Mein
neuester place to be: Das Doppelbett im Intercity Hotel Ost, direkt hinter
dem Hauptbahnhof Hannover, wo ich vor Kurzem nächtigte.
Sorry, falls euch die Aussteigerfantasie jetzt zu wenig glamourös
erscheint, aber wie ihr wisst, hat es bei mir für die „Tech Bro“-Karriere
nicht gereicht. Deshalb beute ich meine Mitmenschen auch nur in kleinen
Dosen aus. Wie den Azubi mit Bartflaum, der an einem Sonntag sicher
Besseres zu tun gehabt hätte, als meine Linkshänderschrift in den Computer
zu tippen und mir einen „Schönen Aufenthalt“ zu wünschen.
Das Hotel war wirklich deluxe! Denn für wenig Geld bekommt man weder
Zahnarztkunst noch Interior Design, das einem [2][psychedelischen
Drogentrip] gleicht. Stattdessen ist dort alles in Rot-Weiß, was ja
bekanntlich eine Erfolgsfarbe ist: Deutsche Bahn, Österreich – gmiadlich,
herst? Na ja, geht so. Bei meinem aktuellen [3][mentalen Overload] hätte es
eine Gummi- oder Gefängniszelle vermutlich auch getan – nur da hätte mich
das Personal gestresst.
Meine neueste Maxime lautet: Hauptsache reizarm und keine Menschen in der
Nähe, denn die vielen zwischenmenschlichen Entgleisungen, die gerade
reinschneien, sind nicht mehr zu ertragen. Manchmal wünschte ich, meine
verstorbene Superoma ließe sich noch mal zu uns Erdlingen herab, denn bei
ihr wäre eine solche Shitshow nicht drin gewesen. Eine rechte Provokation
und schon hätten die Herrschaften Musk und Weidel ihr den Einkaufsbeutel
bis zum Mars hinterhergeschleppt.
Ihr merkt schon, übermüdet klinge ich wie aus einer autoritären
Benimmfibel, dabei habe ich die Konservativen nie gewählt. Und jetzt?
Hurra, hurra, die beiden Opas von der CDU/CSU sind da und mit ihnen die
altbekannte Mär von der „Leistungsgesellschaft“. Das raubt einem erst recht
den Schlaf. Auch weil die Vergangenheit gezeigt hat: Ein Mal gepennt, zack
– Faschismus.
## Ein fucking Schmetterling
Gleichzeitig würde uns etwas mehr Erholung in diesen turbulenten Zeiten gut
tun. Zumindest ist die theoretische Auseinandersetzung mit dem Schlaf
gerade omnipräsent, die Autorin Jovana Reisinger hat ihm in ihrem Buch
„Pleasure“ kürzlich sogar eine Liebeserklärung gemacht.
Schlaf steigert nicht nur das eigene Wohlbefinden, er füllt auch die
Kraftreserven wieder auf und ist neben Anti-AfD-Demos und anderen
planetenrettenden Protesten die vielleicht widerständigste Geste, die wir
noch besitzen. Wer schläft, arbeitet nicht und verschwendet sein hart
verdientes Geld auch nicht für Smoothiemaker oder andere
spätkapitalistische Verheißungen.
Es sei denn, man hat einen Hang zu Spontanität und bucht sich so wie ich
für zwei Tage in ein Hotel ein, um sich vor Family Issues, aufmüpfigen
Staubflusen und der Betriebskostennachzahlung zu verstecken.
Ich sag’ nur: Gönnjamin. Udo Lindenberg tut es schließlich auch. Doch bevor
ich weiter im Luxus schwelgen kann, muss ich erst mal wieder worken. In der
Zwischenzeit träume ich von der bequemen Matratze im Hotel, auf der ich die
berühmte [4][„Butterfly-Manifestation“] gemacht habe:
„Ich bin ein fucking Schmetterling, flatter, flatter, flapp, flapp. Fresse
in die Blume, schlabber, schlabber, schlapp, schlapp. Mein Arsch fliegt
durch die Luft, du Wichser. Du willst Stress mit mir? Mit ’nem
Schmetterling, bist du scheiße im Kopf?“
17 Jan 2025
## LINKS
[1] /Schlafgewohnheiten/!6038291
[2] /Aufgeklaerte-Drogenpolitik/!6038302
[3] /Lob-auf-die-Muse/!6048877
[4] https://youtu.be/-RQFHqnIfTc?feature=shared
## AUTOREN
Anna Fastabend
## TAGS
Kolumne Midlife Monologe
Schlafentzug
Antifaschismus
Resilienz
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Satire
Essay
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