# taz.de -- Stand der deutschen Einheit: Gleitende Annäherung | |
> Das Gerede von einer neuen Ost-West-Mauer ist Unsinn. Unterschiede gibt | |
> es außerdem auch zwischen Stadt und Land, wie Nord und Süd. | |
Bild: Nix wie weg hier: Viele sehen ihre Chancen eher in der Stadt | |
Ja, doch, wir haben eine deutsche Einheit. Nein, wir haben keine neue Mauer | |
zwischen Ost und West, wie mitunter ventiliert wird. Auch wenn 35 Jahre | |
nach dem Mauerfall die Kluft zwischen Menschen in Ost und West scheinbar | |
wieder größer geworden ist. Weil der Osten, wie die Landtagswahlen [1][in | |
Thüringen], Sachsen, [2][Brandenburg] gerade gezeigt haben, so offen rechts | |
wie nie zuvor ist. Und der Westen sich darüber die Augen reibt. | |
Unabhängig davon, dass die ostdeutschen Verhältnisse auch im Westen | |
ankommen werden, wie Politikwissenschaftler:innen voraussagen. | |
Spätestens dann ist die deutsche Einheit komplett vollzogen. So zynisch es | |
klingen mag. Die vergangenen 35 Jahre zeigen aber vor allem eines: Die | |
deutsche Einheit ist kein statischer Zustand, sondern ein zuweilen | |
überraschender Prozess. | |
So waren die Unterschiede zwischen den alten und damals neuen Bundesländern | |
am 3. Oktober 1990 und in den ersten Jahren nach der DDR so groß wie noch | |
nie: Einkommen, Eigentum, Eliten, Eigenverantwortung – von allem hatte der | |
Westen Unmengen mehr. So konnte der Riss gar nicht anders verlaufen als | |
zwischen Ost und West. | |
Aber die Ostdeutschen ackerten und ackerten, die [3][Lebensverhältnisse] | |
glichen sich an, Ostdeutsche übernahmen westdeutsche Lebensstile und | |
wussten das neue Leben wertzuschätzen. Doch es gab weiterhin Unterschiede, | |
materiell, politisch, zu jener Zeit aber vor allem kulturell. Allerdings | |
nicht mehr überaus stark zwischen Ost und West, sondern zwischen Nord und | |
Süd. Was hatte eine Rostockerin mit einem Münchner gemein? | |
Nichts. Ebenso wenig, wie jemand aus Hamburg oder Bremen etwas mit | |
Stuttgart anfangen konnte. In den vergangenen Jahren gab es eine weitere | |
Verschiebung: Es entstand eine Lücke zwischen [4][Stadt und Land]. Städte | |
und ihre Randregionen wachsen, die Peripherie dagegen schrumpft – in Ost | |
wie West. In den Städten bieten sich Chancen, auf dem Land gehen sie | |
verloren. Das ist kein Problem, das zwischen Ost und West geklärt werden | |
muss, sondern einzig gesamtdeutsch. | |
3 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /AfD-im-Thueringer-Landtag/!6035803 | |
[2] /Landtagswahlen-in-Brandenburg/!6037865 | |
[3] /Arbeitsmarkt-in-Ost--und-Westdeutschland/!6028758 | |
[4] /Landleben-versus-Grossstadtdasein/!5963382 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
## TAGS | |
Deutsche Einheit | |
Wahlen in Ostdeutschland 2024 | |
AfD Sachsen | |
DDR | |
GNS | |
Social-Auswahl | |
Der 9. November | |
DDR | |
BSW | |
Wahlen in Ostdeutschland 2024 | |
Wahlen in Ostdeutschland 2024 | |
Stalin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
35 Jahre Mauerfall: Fluss ohne Grenzen | |
Die innerdeutsche Grenze verlief auch durch die Spree. Nach dem 9. November | |
1989 wurde sie zu einer der großen Gewinnerinnen des Mauerfalls. | |
Fernsehdoku zu DDR und Mauerfall: Geschichte einer Ausgrabung | |
Unser Autor hat wichtiges Archivmaterial aus der Nacht des Mauerfalls | |
gefunden. Um es zeigen zu können, durchlief er eine Sender-Odyssee. | |
Debatte über Koalitionen mit BSW: Gegen die Bundesrepublik | |
Wie kann man ernsthaft auf die Idee kommen, mit dem Bündnis Sahra | |
Wagenknecht regieren zu wollen? Das BSW ist eine rein destruktive Kraft. | |
AfD im Thüringer Landtag: Ein Eklat folgt auf den anderen | |
Die erste Sitzung in Thüringen endet im Chaos. Weil der AfD-Alterspräsident | |
die Verfassung gebrochen habe, ruft die CDU nun das Verfassungsgericht an. | |
Bericht des Ostbeauftragten Schneider: Überraschend einig | |
Der Bericht des Ostbeauftragten zeigt auch Gemeinsamkeiten zwischen Ost und | |
West: Etwa die Zustimmungswerte zur Demokratie. | |
75 Jahre Grundgesetz: Diktatur des Proletariats | |
Die Verfassung der DDR musste von Stalin abgenickt werden. Nach der Wende | |
wurde die Chance auf ein gemeinsames Grundgesetz vertan. |