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# taz.de -- Bericht des Ostbeauftragten Schneider: Überraschend einig
> Der Bericht des Ostbeauftragten zeigt auch Gemeinsamkeiten zwischen Ost
> und West: Etwa die Zustimmungswerte zur Demokratie.
Bild: Durch die Brille des Ostbeauftragten gesehen, steht es gar nicht so schli…
Berlin taz | Wenn der Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland
nach drei Landtagswahlen [1][seinen Bericht zur Lage vorstellt], ist die
Neugier groß. Woran liegt es, dass die AfD hier dreimal in Folge rund 30
Prozent der Wähler:innen für sich begeisterte? Vorweg: Direkte Antworten
auf diese Fragen liefert der Bericht nicht. Vielmehr lautet ein Fazit von
Carsten Schneider: „Das Miteinander ist viel weiter fortgeschritten als
viele meinen.“ Die AfD sei auch kein Problem des Ostens, der Osten vielmehr
Seismograf für gesamtgesellschaftliche Entwicklungen. Alles nicht so
schlimm im Osten also? Jein.
Schneider selbst konstatiert, [2][dass die AfD-Wahlergebnisse] ein „starker
Dämpfer“ seien, etwa für die Bemühungen Fachkräfte nach Ostdeutschland zu
locken. Außerdem sieht er ein Mismatch zwischen dem, was an
gesellschaftlichem Engagement vor Ort nötig und tatsächlich möglich sei.
Der Großteil der Stiftungen und des Kapitals für zivilgesellschaftliches
Engagement sitze in Westdeutschland.
Es wäre also „sehr wichtig“, sagt Schneider, wenn die Ampelparteien im
Bundestag endlich das Gesetz zur Demokratieförderung verabschiedeten,
welches Vereinen und Initiativen eine verlässliche finanzielle Basis
liefern soll.
Wer brandneue statistische Daten zur Situation in Ost und West sucht, muss
eine Weile blättern. Der Bericht ähnelt eher einem Essayband mit durchaus
lesenswerten Beiträgen aus polnischer und litauischer Perspektive.
Doch aktuelle Daten zu Einkommen oder zur Alterung der Gesellschaft findet
man vor allem in dem in diesem Jahr erschienen
[3][Gleichwertigkeitsbericht, der Lebensverhältnisse auf regionaler Ebene
untersucht]. Und in den genannten Kategorien scheint dort jeweils die Karte
der DDR auf – in diesen Regionen wird fast durchweg weniger verdient und
die Bevölkerung altert und schrumpft dramatischer als im Westen.
## Demokratie und Freiheit hoch im Kurs
Wirklich neue Erkenntnisse liefert der Bericht des Ostbeauftragten vor
allem im hinteren Teil. Dort sind erste Ergebnisse einer Befragung zu
gesellschaftlichen und politischen Einstellungen veröffentlicht, der
sogenannte Deutschland-Monitor. Der repräsentativen Umfrage zufolge steht
es gar nicht so schlimm um die Demokratie in Deutschland.
90 Prozent der Bevölkerung wollen in einer Gesellschaft mit demokratischen
Grundrechten und -werten leben, eine Gesellschaft, die Gleichberechtigung
und ein friedliches Zusammenleben der Religionen garantiert. Auch
Freiheitsrechte wie Presse- und Meinungsfreiheit stehen hoch im Kurs. Wobei
die Zweifel an deren Verwirklichung in Ostdeutschland höher ist. „Die
Skepsis ist vor allem bei Menschen mit Nähe zu AfD und BSW ausgeprägt“, so
Marion Reiser, Mitautorin der Studie. Auch das überrascht nicht.
Unterschiede zwischen Ost und West bestehen auch hinsichtlich der Frage, ob
man in einer klimaneutralen Gesellschaft leben wolle und in einer, die
Zuwanderung als Chance begreift. Da sind Skepsis und Ablehnung gerade bei
den älteren Generationen in Ostdeutschland weiter verbreitet. Reiser sieht
hier auch einen Zusammenhang mit den Wahlergebnissen für die AfD. „Denn
nicht die verbindenden, sondern die trennenden Themen standen in den
Wahlkämpfen im Vordergrund.“
Eine Überraschung gibt es aber auch: Demnach ist der Wunsch nach mehr Staat
in den letzten Jahren deutlich gewachsen. So sind drei Viertel der
Befragten hüben wie drüben der Ansicht, dass der Staat und nicht der
einzelne die Verantwortung für auftretende Lebensrisiken wie Krankheit und
Arbeitslosigkeit tragen sollte. Zu Beginn der 90er Jahre glaubten noch fast
40 Prozent der Befragten an mehr Eigenverantwortung, mit deutlichen
Unterschieden in Ost und West. „Hier hat sich der Westen dem Osten
angenähert“, so Reiser.
Allerdings ist man dann wieder bei der Frage, wieso ausgerechnet eine
Partei, die soziale Sicherheiten abschaffen will, so hoch im Kurs steht.
25 Sep 2024
## LINKS
[1] https://www.ostbeauftragter.de/ostb-de
[2] /AfD-Erfolg-in-Brandenburg/!6038024
[3] https://www.publikationen-bundesregierung.de/pp-de/publikationssuche/gleich…
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Wahlen in Ostdeutschland 2024
Demokratie
Bundesregierung
Deutsche Einheit
Osten
Schwerpunkt AfD
SPD
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