# taz.de -- Nach Messerangriff in Solingen: Friedrich Merz will dicht machen | |
> Der CDU-Vorsitzende nutzt die Ereignisse in Solingen für seine eigene | |
> politische Agenda. Merz ist nicht der Einzige, der eine neue Asylpolitik | |
> fordert | |
Bild: Auf dem Weg zum Kanzler: Friedrich Merz will härtere Grenzkontrollen dur… | |
Berlin taz | Nein, niemand hat die Absicht, eine Mauer oder Ähnliches zu | |
bauen. „Wir denken nicht über einen Zaun nach“, so [1][Unionsfraktionschef | |
Friedrich Merz] am Dienstag in der Berliner Bundespressekonferenz. Aber | |
ansonsten dürfe es „keine Tabus geben“, um „den Zustrom von Asylbewerbern | |
signifikant zu senken“. | |
Als da wären: dauerhafte Kontrollen an den deutschen Grenzen. Zurückweisung | |
aller Flüchtlinge, die aus sicheren Drittstaaten kommen, mithin aller | |
Nachbarländer Deutschlands. Und ein genereller Aufnahmestopp für | |
Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien. | |
Falls das mit europäischem Recht nicht vereinbar sei, und das sind die | |
Vorschläge nicht, fordert Friedrich Merz, Deutschland solle die Notlage | |
erklären. „Wir können nicht noch mehr Menschen aufnehmen.“ Wobei seine | |
Partei, das räumte der CDU-Fraktionschef ein, „nicht ganz unschuldig an der | |
gegenwärtigen Situation“ sei. | |
All das hatte Merz [2][dem Bundeskanzler] am Dienstag beim Frühstück im | |
Kanzleramt vorgeschlagen, verbunden mit dem Angebot, dass Union und SPD | |
jeweils eine Person benennen, die einen Katalog von Gesetzesänderungen | |
erarbeiten und diese im Bundestag gemeinsam abstimmen. „Dazu brauchen wir | |
weder FDP noch Grüne.“ Also nicht nur eine Aufforderung zum Rechts-, | |
sondern auch zum Koalitionsbruch. Was Scholz dazu meinte? Er habe spontan | |
keine Zustimmung geäußert, aber zugehört, so Merz. | |
## Doch kein vertraulicher Austausch | |
Der CDU-Politiker hatte die Pressekonferenz kurzfristig nach seinem | |
Gespräch mit dem Bundeskanzler anberaumt. Das war eigentlich als | |
vertraulicher Austausch geplant und seit sechs Wochen geplant. Ursprünglich | |
sollte es um die Stationierung von amerikanischen Mittelstreckenraketen | |
gehen, [3][nach dem Messeranschlag von Solingen] wollte Merz nun einzig und | |
allein über die Flüchtlingspolitik sprechen. Aus SPD-Kreisen hieß es, das | |
Gespräch sei konstruktiv und zugewandt verlaufen, auch Merz bestätigte das. | |
Was er dem Kanzler sagen wollte, hatte er schon am Sonntag in seinem | |
Newsletter #MerzMail unter der Überschrift „Es reicht“ publik gemacht. | |
Scholz’ Regierungssprecher hatte der Forderung nach einem Aufnahmestopp für | |
Menschen aus Syrien und Afghanistan denn auch bereits am Montag eine Absage | |
erteilt: Es sei das gute Recht eines Oppositionsführers, Forderungen | |
aufzustellen, auch frei von der Kenntnis des Grundgesetzes oder anderer | |
Gesetzesvorschriften. | |
Im vergangenen Jahr stellten 320.000 Menschen einen Erstantrag auf Asyl in | |
Deutschland, darunter rund 50.000 afghanische und rund 100.000 syrische | |
Staatsangehörige. | |
Ähnlich wie der CDU-Chef äußerte sich die gleichnamige Gründerin des | |
Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW). „Der Bundeskanzler sollte das | |
Stoppsignal an die Welt senden: Die Willkommenskultur ist vorbei. Wir | |
schaffen es nicht. Macht Euch nicht auf den Weg!“, sagte Sahra Wagenknecht | |
der Deutschen Presse-Agentur. | |
## Flucht vor Verfolgung sei nicht illegal | |
Auch [4][Wagenknecht verlangte eine „Zeitenwende in der | |
Flüchtlingspolitik“] und legte dazu einen Sechs-Punkte-Katalog vor, unter | |
anderem mit der Forderung, abgelehnten Asylbewerbern nach einer kurzen | |
Übergangsfrist alle Leistungen zu streichen. Auch das ist allerdings | |
praktisch nicht umsetzbar, das Bundesverfassungsgericht hat Einschnitten | |
bei Leistungen für Asylbewerber in mehreren Urteilen enge Grenzen gesetzt. | |
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Joachim Rock, | |
sagte der taz: „Das schreckliche Attentat von Solingen darf kein Anlass | |
sein, jetzt die Grund- und Menschenrechte von Geflüchteten zu schleifen. | |
Auch wenn der CDU-Chef und andere immer wieder von illegaler Migration | |
sprechen, ist klar, dass Flucht vor Verfolgung nicht illegal ist.“ Merz | |
beteuerte mehrfach, keine taktischen Absichten zu verfolgen. Seine | |
Vorschläge stünden nicht im Zusammenhang mit den Landtagswahlen in | |
Thüringen und Sachsen am Sonntag. Also: Niemand hat die Absicht, das Thema | |
zu instrumentalisieren. | |
27 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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