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# taz.de -- Olympischer Nationalismus: Nationen verdienen kein Gold
> Der Medaillenspiegel bei Olympia ist nach Ländern sortiert. Doch es sind
> die Sportler*innen, die siegen. Höchste Zeit, den Sport zu
> demokratisieren.
Bild: Ganz vorne in der Nationenwertung: Die Basketballerin Diana Taurasi feier…
Worum geht es hier? Die USA vorne, dicht gefolgt von China und mit Abstand
dahinter Japan. Werden hier Bruttoinlandsprodukte verglichen? Nein, es ist
der Medaillenspiegel der Olympischen Spiele, der Gold-, Silber- und
Bronzemedaillen pro Nation bilanziert.
Dass die USA und China vorne liegen, deutet an, dass es sehr wohl ein wenig
Auskunft über politische und wirtschaftliche Stärke gibt, was hier mit den
Mitteln des Sports gezeigt wird. Zugleich hat es viel mit der jeweiligen
Sportförderung zu tun, die etwa in Frankreich staatlich orchestriert sehr
auf die Spiele in Paris fokussiert war, wie man es in Westdeutschland von
den Münchner Spielen 1972 kennt.
Zudem [1][spiegeln die Ergebnisse auch die Globalisierung wider]: Mehr
Sieger und Siegerinnen aus kleinen Ländern bedeutet weniger Medaillen für
Großmächte. Weltstars kamen eben in früheren Jahrzehnten nicht aus Saint
Lucia, Algerien oder Israel. Und dass es eine Bronzemedaillengewinnerin aus
dem Team Refugees gibt, eine Frau, die wegen ihrer Homosexualität aus
Kamerun flüchten musste, sagt einiges über den Zustand der Welt 2024.
Schon dass der Sport durch Verbände wie das IOC sportliche Stärke
nationalistisch sortieren lässt, informiert uns darüber, wie die Welt
derzeit beschaffen ist. Dabei ginge es auch anders: Man könnte Sportler und
Sportlerinnen ja als Individuen behandeln, die, wenn sie als Staffeln oder
Teams antreten, sich über sportinterne Netzwerke finden, nicht über
Staatsangehörigkeit.
## Nationalwertung erstmals bei Olympia 1936 in Berlin.
Oder bei den Gay Games der queeren Community treten Sportler und
Sportlerinnen für ihre Städte an, nicht für Staaten. So etwas nähme bei
Olympia schon sehr viel Druck aus dem nationalistischen Kessel – wenn es
denn gewünscht wäre.
Aufgekommen ist die Nationenwertung erstmals bei Olympia 1936 in Berlin.
Nicht etwa auf Geheiß der NS-Oberen, auch wenn denen der Gedanke gefallen
hatte. Aber Goebbels’ Propagandaministerium untersagte „die Aufstellung von
Punktlisten für die Olympischen Wettkämpfe“, weil einige Zeitungen es arg
plump machten. Deutschland hatte übrigens 1936 die Nationenwertung
gewonnen.
Worum also geht es hier? Olympische Spiele sind ja tatsächlich die Bühne
für nationale und nationalistische Selbstdarstellung. Das ist kein
Missbrauch irgendeiner aus dem Hut gezauberten olympischen Idee, sondern es
passt wunderbar zu den Bedingungen, die das [2][IOC] stark gemacht haben.
Zugleich aber ist die Kritik an diesen schrecklichen Statistiken ein
schöner Fingerzeig, dass der Sport dringendst demokratisiert werden muss.
12 Aug 2024
## LINKS
[1] /Olympia-im-TV/!6026487
[2] /Pro-und-Contra/!6025075
## AUTOREN
Martin Krauss
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
IOC
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