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# taz.de -- E-Sport als neue Einnahmequelle: Olympia, dupliziert
> Während der Pariser Spiele beschloss das IOC die Einführung eines
> weiteren Mega-Events: Olympische E-Sports-Spiele. Saudi-Arabien ist voll
> dabei.
Bild: Inszeniert sich als eine Art Messias des Sports: IOC-Boss Thomas Bach spr…
Das Symbol von Olympia sieht immer gleich aus. Fünf Ringe, fünf Farben. Der
Hintergrund muss weiß sein. Den genauen Ton, so wie die Anordnung, legt das
[1][Internationale Olympische Komitee (IOC)] fest. Jedes Land soll sich mit
seiner Flagge in den Farben wiederfinden. Dazu sind die Ringe ineinander
verschränkt. Künftig werden die fünf Ringe neben den Sommer- und
Winterspielen eine weitere Veranstaltung schmücken: die Olympischen
E-Sports-Spiele.
Jüngst hat das IOC einstimmig deren Ausrichtung beschlossen. Ab 2025 sollen
die Spiele stattfinden. „Wenn Olympia und dessen Werte im Leben junger
Menschen weiterhin stattfinden sollen, müssen wir dort hingehen, wo diese
jungen Menschen sind“, sagte IOC-Präsident [2][Thomas Bach]. Schließlich
gebe es weltweit über drei Milliarden Gamer.
## Zusammenarbeit auf 12 Jahre vereinbart
Wie oft die E-Sports-Spiele stattfinden sollen, wurde bisher nicht geklärt.
Welche Titel genau gespielt werden, lässt das IOC ebenfalls offen.
Lediglich der Austragungsort kann bereits verkündet werden:
[3][Saudi-Arabien]. Hier sollen Athlet:innen aus der ganzen Welt
zusammenkommen. Bereits vor der Abstimmung hat das IOC mit dem Königreich
eine Zusammenarbeit für die kommenden zwölf Jahre vertraglich vereinbart.
„Saudi-Arabien verfügt über eine große – wenn nicht sogar einzigartige �…
Expertise in dem Feld [4][E-Sport]“, erklärt Bach die Entscheidung. Was
genau er mit „Expertise“ meint, wird nicht weiter ausgeführt. Eine Sache
gibt es aber, die Saudi-Arabien deutlich von anderen Ländern unterscheidet,
wenn es um E-Sports geht: Geld.
Seit Jahren investiert [5][Saudi-Arabien] in E-Sports. Ziel ist es, das
neue Epizentrum für Gaming zu werden. 38 Milliarden Dollar möchte man in
die Branche stecken. Mit den Olympischen E-Sports-Spielen kommt das Land
seinem Vorhaben einen weiteren Schritt näher. 40 Prozent der gesamten
Branche gehören laut eigenen Angaben bereits jetzt dem staatlichen
Unternehmen Savvy Games Group. Während der Olympischen Spiele in Paris fand
die erste E-Sport-WM in Saudi-Arabien statt, mit dem höchsten je
ausgezahlten Preisgeld: 60 Millionen US-Dollar.
Die Entscheidung des IOC, quasi dritte Olympische Spiele aufzulegen, sorgt
für Kritik, vor allem in den sozialen Medien. Sportswashing lautet der
Vorwurf gegen das Regime, in dem Minderheiten und Frauen systematisch
unterdrückt werden.
Laut James Lynch, Chef der NGO FairSquare, die unter anderem zu
Menschenrechtsverletzungen im Sport forscht, versucht Saudi-Arabien mit den
Olympischen E-Sports-Spielen, seine Außenwirkung zu verbessern.
„Saudi-Arabien hat ein Imageproblem. Viele empfinden es als einschüchternd
und moralisch fragwürdig“, so Lynch. Mit Sport lasse sich ein neues
Narrativ von einem Land erzählen, denn „Menschen sind tief bewegt von ihrer
Verbindung zu bestimmten Sportarten oder Teams“. Auch beispielsweise in
Fußball und Golf, aber auch andere Disziplinen investiert Saudi-Arabien
bereits große Geldsummen. Mit E-Sports gewinnt das Phänomen aber eine neue
Qualität.
## Saudi-Arabien wäscht sich jung und sportlich
„E-Sports ermöglicht es Saudi-Arabien, mit einer jungen Zuschauerschaft,
die noch sehr beeinflussbar ist, zu interagieren“, erklärt Lynch. Laut dem
Publikumsforschungsunternehmen Global Webindex sind 70 Prozent der
E-Sports-Zuschauerschaft zwischen 16 und 34 Jahre alt. Für diese erzeugt
Saudi-Arabien das Bild von einem Land, das „offen für technologische
Veränderung ist und eine Plattform bietet, um seine Träume zu verfolgen“,
so Global Webindex.
Gerade im E-Sport werden Frauen vermehrt gefördert, auch sexuelle
Minderheiten sind stark präsent. Riot Games zum Beispiel, die Firma hinter
den Spielen „League of Legends“ und „Valorant“, veranstaltet
Female-only-Turniere und finanziert ein Förderprogramm für diversen
Nachwuchs. Darüber hinaus werden in der Cosplay-Community, die eng mit dem
Sport verwoben ist, immer wieder herkömmliche Geschlechterbilder
hinterfragt und aufgebrochen. Viele queere Menschen vernetzen sich hier.
„Es geht Saudi-Arabien darum, den Menschen eine Reihe von verschiedenen
Bildern zu zeigen“, so Lynch. „Wenn jemand Saudi-Arabiens
Menschenrechtsverletzungen kritisiert, kann man künftig sagen: 'So einfach
ist es nicht. Schau, sie investieren in progressive Sportarten wie
E-Sports.“
Ähnliches habe das Land 2023 versucht. Damals wollte die Tourismusbehörde
Saudi-Arabiens Sponsor der Frauenfußball-WM werden. Durch öffentlichen
Druck platzte der Deal aber.
Dass Saudi-Arabien schon heute große Teile der E-Sports-Branche besitzt und
nun auch noch die Olympischen E-Sports-Spiele austrägt, birgt für Lynch die
„reale Gefahr“, dass Saudi-Arabien zum Monopolisten in E-Sports wird. Für
Menschen aus der Szene würde das vor allem eins bedeuten: „Es wird sehr
schwierig sein, in E-Sports tätig zu sein, ohne den Kronprinzen bei seinem
Programm zu unterstützen.“
Das IOC hat sich dem schon mal nicht entgegengestellt.
13 Aug 2024
## LINKS
[1] /IOC/!t5011449
[2] /Thomas-Bach/!t5011447
[3] /Sport-und-Menschenrechte/!5937256
[4] /eSport/!t5218841
[5] /Saudi-Arabien-und-seine-Sportstrategie/!5895579
## AUTOREN
Jerrit Schlosser
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