Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wer wird IOC-Präsident?: Wahlkampf wie vor hundert Jahren
> Warum der Wettstreit um die Nachfolge von IOC-Präsident Thomas Bach kein
> Wettbewerb der besseren Ideen ist.
Bild: In treue Hände zu übergeben: IOC-Chef Thomas Bach könnte sich Kirsty C…
So viele haben sich noch nie zur Wahl gestellt für das mächtigste und
prestigeträchtigste Amt, das der Weltsport zu bieten hat. Präsidenten des
Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sind gern mal zu Gast in der
Runde der mächtigsten Regierungschefs beim G20-Gipfel oder im Vatikan beim
Papst. Gleich sechs Kandidaten bewerben sich für die Nachfolge von Thomas
Bach. Und potz Blitz! zum zweiten Mal in der IOC-Geschichte gibt es zudem
sogar eine Kandidatin. All das wurde diese Woche bekannt.
Das riecht doch nach demokratischem Frühling. Tastet sich dieser
vornehmlich elitäre Altmännerbund nicht schon seit geraumer Zeit an die
Moderne heran? Waren bei den Olympischen Spielen in Paris nicht erstmals
genauso viele Frauen wie Männer am Start? Und stellte das IOC dort [1][mit
seinen liberalen Transgenderregeln] nicht seine Fortschrittlichkeit unter
Beweis?
Ein Blick auf den bevorstehenden Wahlkampf zeigt, dass die Strukturen des
Systems von jeglichen Erneuerungsbestrebungen unberührt bleiben. Gespielt
wird nach Regeln, die ihren Ursprung im 19. Jahrhundert haben. Ein
Wettbewerb der besten Ideen, offener Streit und Auseinandersetzung sind
unerwünscht. Ban Ki Moon, einst UN-Generalsekretär und nun Chef der
Ethikkommission, erinnerte gerade [2][in einem öffentlichen Brief] an die
Regeln der IOC-Charta. Offener Wahlkampf ist demnach den Kandidaten und der
Kandidatin bis zur nächsten IOC-Versammlung im Januar untersagt. Erst dort
dürfen sie ihr Programm den 111 Mitgliedern unter Ausschluss der
Öffentlichkeit vorstellen. Gewählt wird dann in geheimer Abstimmung im
März. Die entscheidende Vorarbeit findet in Hinterzimmern statt.
Gut möglich ist, dass am Ende dieses klandestinen Prozesses Kirsty
Coventry, Schwimm-Olympiasiegerin von 2004 und 2008, zur IOC-Präsidentin
gekürt wird. Nachdem in den letzten gut 50 Jahren weiße alte Männer aus
Europa die maßgeblichen Entscheidungen im Weltsport trafen, könnte eine
Frau aus Afrika an der Spitze des mächtigen Dachsportverbands den Eindruck
der Erneuerung stärken. Was die 41-jährige Coventry, derzeitige
Sportministerin Simbabwes, allerdings aus Sicht von IOC-Kennern zu einer
aussichtsreichen Kandidatin macht, ist anderes. Sie ist als Günstling von
Thomas Bach in den Gremien nie durch Ecken und Kanten aufgefallen und
könnte die Geschäfte im Sinne ihres Vorgängers fortführen.
## Was sind schon Regeln…
Das Gegenteil würde die Wahl von Sebastian Coe bedeuten, der momentan noch
den Leichtathletik-Weltverband anführt. Sein sportpolitisches Profil ist
nicht nur am klarsten (strenger Ausschluss russischer Athleten, strengere
Transgenderregeln und Beteiligung der Athleten an Gewinnen), sondern
unterscheidet sich auch deutlich von den Weichenstellungen, die Bach
vorgenommen hat.
Weil er aber einen Fachverband vorsteht und mit 67 Jahren kurz davor ist,
die IOC-Altersbeschränkung von 70 Jahren zu überschreiten, müssten ein paar
Regeln durch Regelbefreiungen außer Kraft gesetzt werden. Ähnliche Probleme
haben angesichts einer Amtsperiode von acht Jahren auch Kandidaten wie der
Japaner Morinari Watanabe (65) oder Juan Antonio Samaranch jr. (64),
[3][dessen Vater] bereits als IOC-Präsident 21 Jahre lang ein korruptes und
autokratisches System prägte.
Dass sich keiner der aktuellen Kandidaten von den Vorschriften abschrecken
lässt, veranschaulicht die Biegsamkeit des IOC. Regeln sind für künftige
Präsidenten sowieso nur dazu da, um sie in ihrem Sinne zu verändern. Der
Fassade kann zwar ein moderner Anstrich gegeben werden, grundlegende
Veränderungen sind aber nur möglich, wenn das Fundament erneuert wird, das
durch und durch antidemokratisch ist.
22 Sep 2024
## LINKS
[1] /Boxerin-Imane-Khelif/!6026589
[2] https://stillmed.olympics.com/media/Documents/International-Olympic-Committ…
[3] /Ex-IOC-Chef-Samaranch-gestorben/!5144017
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Kolumne Press-Schlag
IOC
Thomas Bach
Wahlkampf
IOC
IOC
Kolumne Olympyada-yada-yada
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Kolumne Front Sportif
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neue IOC-Präsidentin: Typisch olympisch
Das IOC wird in den nächsten acht Jahren von einer Frau geführt. Die
Ex-Schwimmerin Kirsty Coventry aus Simbabwe steht nicht gerade für
Innovationen.
Neuwahl des IOC-Präsidenten: Vati hat einen Plan
Am Donnerstag stellen sieben Bewerber um den Posten des IOC-Präsidenten
ihre Agenda vor. Einer von ihnen ist der Japaner Morinari Watanabe.
Komitee der Olympische Spiele: Dienerin eines Failed State und bald Chefin beim…
Kirsty Coventry, Olympiasiegerin, möchte Nachfolgerin von IOC-Chef Thomas
Bach werden. Ihre Arbeit in der Regierung von Simbabwe spricht gegen sie.
E-Sport als neue Einnahmequelle: Olympia, dupliziert
Während der Pariser Spiele beschloss das IOC die Einführung eines weiteren
Mega-Events: Olympische E-Sports-Spiele. Saudi-Arabien ist voll dabei.
Bilanz der Olympischen Spiele in Paris: Sonne und Skandale
Die Sommerspiele waren faszinierend: Geopolitische Konflikte konnten
überspielt werden, Kulturkämpfe über den Frauensport nicht.
Olympische Sprechakte: Being Thomas Bach
Unser Olympia-Autor wird berührt vom Präsidenten des Internationalen
Olympischen Komitees – und benimmt sich danach eigenartig.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.