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# taz.de -- Demokratieaktivist in Hongkong: Verleger Jimmy Lai erneut verurteilt
> Er ist der größte Feind Pekings in Hongkong. Bereits seit 2020 sitzt der
> Verleger Jimmy Lai in Isolationshaft. Ein Berufungsantrag scheiterte nun.
Bild: Seit 2020 sitzt Jimmy Lai in Isolationshaft
BERLIN taz | Hongkongs Oberstes Gericht hat am Montag den Berufungsantrag
von Jimmy Lai und sechs anderen prominenten Demokratieaktivisten
zurückgewiesen. Demnach sind sie schuldig, im August 2019 [1][während der
monatelangen Demokratieproteste in der südchinesischen
Sonderverwaltungsregion] und früheren britischen Kolonie an einer nicht
genehmigten Demonstration gegen Polizeigewalt und für demokratische
Reformen teilgenommen zu haben.
Nach Angaben der Veranstalter der größtenteils friedlich verlaufenden Demo
nahmen daran 1,7 Millionen Menschen teil. Die sieben Demokratieaktivisten
hatten im Jahr 2023 eine Berufung zum Teil gewonnen. Demnach hatten sie die
Demonstration nicht organisiert und könnten deshalb nicht dafür bestraft
werden, sondern nur für andere Aktivitäten wie die Teilnahme an dem Protest
selbst. Das Gericht bestätigte jetzt diese Verurteilung von vier der
Angeklagten, darunter Lai, zu Haftstrafen zwischen 8 und 18 Monaten.
Für den 76-jährigen Lai, der die Ausstrahlung eines sanftmütigen Boxers
hat, dürfte dies aber kaum noch einen Unterschied machen. Denn es würde
ohnehin an ein Wunder grenzen, käme er zu Lebzeiten überhaupt noch aus dem
Gefängnis. [2][Seit Dezember 2020] sitzt er schon im Hongkonger Stanley
Prison in Isolationshaft, [3][dabei sind noch nicht alle Klagen gegen ihn
entschieden]. Von den führenden Demokratieaktivisten der Stadt, deren
Bewegung Peking im Sommer 2020 mit einem drakonischen Sicherheitsgesetz
zerschlug, ist Lai der dem Regime am meisten verhasste.
Als Lai Chee-ying 1947 im damaligen chinesischen Kanton (heute: Guangzhou)
geboren, gelangte Jimmy Lai mit zwölf Jahren als blinder Passagier ins
benachbarte britische Hongkong. Dort fing er als Kinderarbeiter in der
Textilindustrie an, stieg später zum Manager auf und erwarb mit 28 Jahren
eine Textilfabrik. Später gründete er die in Asien erfolgreiche Modekette
Giordano und wurde mehrfacher Millionär.
## Einziger Multimillionär, der gegen Peking opponierte
Als Chinas Kommunistische Partei im Juni 1989 mit dem Tiananmen-Massaker
die studentische Demokratiebewegung zusammenschießen ließ, begann der
Katholik Lai mit der Herausgabe des Next-Magazins. Das entwickelte sich zu
einem investigativen Sprachrohr der demokratischen Bewegung in Hongkong,
schreckte aber auch nicht vor sensationalistischer Berichterstattung
zurück. Das lässt sich auch von der Boulevardzeitung Apple Daily sagen, die
Lai 1995 nur zwei Jahre vor der Rückgabe Hongkongs an China gründete. Die
Peking-kritischste Zeitung der Stadt wurde 2021 verboten. Schon vorher
hatte Lai den Zorn Pekings erregt, dessen Vertreter deshalb in Hongkong
Anzeigenboykotte gegen Apple Daily organisierten. Von Giardano hatte sich
Lai getrennt, als dessen Geschäfte unter seinen politischen Aktivitäten zu
leiden drohten.
Lai war Hongkongs einziger Multimillionär, der offen seine Opposition zu
Peking zeigte und der Demokratiebewegung, besonders der gemäßigten
liberalen Demokratischen Partei, finanziell immer wieder unter die Arme
griff. Im Unterschied dazu erwiesen sich andere schwerreiche Hongkonger als
von Peking käuflich und sahen demokratische Bestrebungen nur als störend
für ihre Geschäfte an.
Zwar propagierte Lai demokratische Rechte, für soziale Maßnahmen ist er
aber nicht bekannt. Später setzte er seine Hoffnungen sogar auf Donald
Trump. CNN sagte Lai im Mai 2020, dieser „ist der Einzige, der uns vor
Peking retten kann“. Weil Lai auch US-Sanktionen gegen China forderte,
wurde er für Peking vollends zum Feind.
13 Aug 2024
## LINKS
[1] /2019--Jahr-der-Proteste/!5653116
[2] /Pressefreiheit-in-Hongkong/!5935101
[3] /Pressefreiheit-in-Hongkong/!5706068
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Hongkong
China
Demokratie
Aktivismus
Kolumne Fernsicht
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Bangladesch
Japan
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