# taz.de -- Indie-Trio Yelka: Zehn Alben in drei Jahren | |
> Klotzen statt Kleckern: Das Berliner Powertrio Yelka verfolgt einen irren | |
> Masterplan. Zehn Alben in drei Jahren. Nummer vier ist nun | |
> veröffentlicht. | |
Bild: Ein Trio, zehn Alben: Yelka | |
„Krieg und Ferien“ – klingt nach [1][Tolstois Klassiker], weitergesponnen | |
in die Gegenwart. Für drei Berliner:innen – zusammen sind sie Yelka – | |
beschreibt der Titel ihres zweiten Albums aber auch den Gründungskontext | |
ihres Postkraut-Trios während der Coronapandemie: Welche ja wiederum mit | |
„Krieg und Ferien“ adäquat beschrieben ist. Plötzlich blieb nämlich viel | |
Zeit, um Liegengebliebenes zu erledigen. Zugleich offenbarte die Seuche | |
gesellschaftliche Bruchstellen. | |
Bassistin Yelka Wehmeier und Schlagzeuger Christian „Obi“ Obermaier | |
spielten seit 2009 bei Eagle Boston zusammen. In der Pandemie wanderte ihr | |
Keyboarder aus. Daniel Meteo, im Brotberuf Musikmanager und Mitbetreiber | |
des Labels Shitkatapult, aber auch Gelegenheitsmusiker (so veröffentlichte | |
er, zusammen mit Tom Thiel, als Bus angedubbte Electronica) stieß zur Band, | |
nachdem er mit Obermaier in der Uckermark Fußball gespielt hatte. | |
Obwohl er gar kein Keyboarder ist. Ihre Bandwerdung, erzählen sie beim | |
Interview in Wehmeiers Wohnung, die mittwochs zum Proberaum wird, war | |
sowieso eher gemeinsamem Humor geschuldet als einem musikalischen Plan. | |
## Jeden Tag am Computer | |
Meteo hatte genug vom elektronischen Musikschaffen. „Irgendwann wollte ich | |
das nicht mehr. Ich sitze sowieso jeden Tag am Computer.“ Nach Jahrzehnten | |
nahm er wieder seine Gitarre in die Hand. Als er versuchte, das | |
Eagle-Boston-Material zu erlernen, stellten die drei fest, dass es das | |
nicht braucht. | |
„Am besten waren wir von Anfang an, wenn wir frei spielen. Da kommen wir | |
schnell auf einen Nenner“, erklärt Wehmeier. Was sich so frisch anfühlte, | |
dass sie einen kühnen Plan fassten: Zehn Alben in drei Jahren. Gerade mal | |
15 Monate nach dem Debüt „Nowhere Jive“ erschien unlängst tatsächlich Al… | |
Nummer vier: „For“. | |
„Es gibt immer zwei Möglichkeiten“, erklärt Meteo, „Man kann drei Monat… | |
einem Stück sitzen. Alle, die das mal gemacht haben, wissen: Die | |
Anfangsmagie geht verloren. Auf die konzentrieren wir uns mit unserem | |
seriellen Ansatz – und verzichten auf das, was dazukommt, wenn man Monate | |
an etwas feilt.“ | |
## Serieller Wahnsinn | |
Zudem wolle man im Gespräch bleiben: „Die Algorithmus-Idee des immer wieder | |
Neuaufgreifens aufs Analoge übertragen“ nennt Meteo das. „Die Idee war: | |
Wenn immer neues Material kommt, brauchen wir diesen Instagram-Quatsch | |
nicht“ – auch wenn sie mittlerweile, den beiden kleinen Labeln zuliebe, die | |
ihre auch visuell gelungen gestalteten Alben herausbringen, Social Media | |
mehr bedienen, als eigentlich ersehnt. | |
Ganz nebenbei erhalten sie so ihren Spaß am Spielen. Yelka streben nicht | |
nach Perfektion, sie mäandern lässig durch ihre Songs. Was ganz beiläufig | |
auch die Hörer:innen in den Schlender-Modus versetzt. Auch wenn jedes | |
Album sein eigenes Flair und eine pophistorische Grundierung hat – „oft ist | |
klar. | |
Dieses Stück gehört nicht mehr hierher, sondern ist etwas Neues“, erklärt | |
Wehmeier – sind alle vier verbunden durch eine gewisse Luftigkeit. Dazu | |
kommt ein Faible für eigenwillige Cover, wie sich etwa an ihrer krautig | |
dengelnden Version des Wave-Schlagers „Tausendmal du“ zeigt, ursprünglich | |
von der Münchener Freiheit. Oder auch ihr in andere Sphären segelnde | |
„Crystal Ship“, eigentlich von The Doors. | |
## Gemaltes Flakon | |
Erinnert ihr dank ungerader Beats schepperiges Debüt mit seiner | |
minimalistischen Jazziness an 90er-Postrock, klingt das dritte Album „1976“ | |
–„unser Alan-Parsons-Project-Album“– feingliedriger, wie schon der gema… | |
Parfümflakon auf dem Cover andeutet. Doch warum 1976? | |
„Für mich war es eine Zeit, in der Chartsmusik durchlässig war“, erklärt | |
Meteo „Der Schweinerockhype war vorbei. Artrock irgendwie auch. | |
Jazzrock-Gedudel hatte noch nicht richtig angefangen, ebenso Punk und | |
Disco. Für mich ist es die Zeit von Joni Mitchell und Captain Beefheart. | |
Alles war etwas offener.“ Und Beefheart, so schwärmen sie unisono, sei | |
sowieso ihre gemeinsame Ursuppe. | |
Mit „For“ seien sie nun bei einem Sixties-Feeling angekommen: „Flott, ein | |
bisschen fröhlich, nicht so schwer.“ Ein bisschen sperrig werden Yelka | |
jedoch immer klingen. Dafür sorgt schon ihr Bandcredo, das lautet: | |
Demokratisch Dur. Beim Versuch, zu erläutern, was gemeint ist, fallen die | |
drei einander ins Wort. | |
Der Begriff stehe für das Vermeiden üblicher Schemata: „Dominante, | |
Subdominante, Moll, Dur. Bla bla bla. Das ist nicht demokratisch“, führt | |
Meteo aus. „Wenn man es so divers denkt, wie auch die Gesellschaft | |
vielfältig ist, sind alle Töne gleich viel wert. Wo es für eine klassische | |
Rockband nur AB als Möglichkeit gibt, ist für uns auch GH interessant. | |
Plötzlich gehen viel mehr Kreuzungen auf.“ Darum, dass Yelka die Ideen | |
ausgehen, muss man sich wirklich nicht sorgen! | |
16 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Stephanie Grimm | |
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