# taz.de -- Zweiter Prozess gestartet: Höcke will keine Fotos | |
> AfD-Politiker Björn Höcke ist erneut wegen Verwendung einer verbotenen | |
> SA-Parole angeklagt. Zu Prozessbeginn schloss der Richter | |
> Fotograf*innen aus. | |
Bild: Höcke betritt den Verhandlungssaal | |
Halle (Saale) taz | Opferrolle kann er: Als am Montagmorgen im | |
Justizzentrum Halle im Sitzungssaal X.0.1 der nächste Prozess gegen Björn | |
Höcke wegen der Verwendung der verbotenen SA-Parole „Alles für Deutschland�… | |
starten sollte, warteten Fotograf*innen und Kamerateams vergeblich auf | |
den Rechtsextremisten und Thüringer AfD-Chef. Zwar erschienen seine beiden | |
Anwälte pünktlich an der Anklagebank, packten ihre Sachen aus – nur Höcke | |
fehlte. | |
Richter Jan Stengel ordnete vor Prozessbeginn offenbar an, dass die | |
Pressefotograf*innen und Kamerateams den Saal verlassen müssten. Eine | |
Justizbeamtin in Sicherheitsweste teilte den ungläubigen Video- und | |
Fotojournalist*innen mit, dass diese unverzüglich den Saal raus | |
müssten, „weil Höcke das nicht möchte“, wie sie formulierte. Bedröppelt… | |
etwas ungläubig verließen diese den Saal. | |
Ein Fotograf teilte der taz später mit, dass Höcke dem Gericht verdeutlicht | |
habe, dass er nicht gefilmt und fotografiert werden wolle und sich nur | |
unter Zwang vorführen lassen würde. Der Richter habe daraufhin entschieden, | |
Journalist*innen mit Kameras auszuschließen, um den Prozess sicher | |
durchführen zu können. Höcke durfte anschließend auf der Anklagebank Platz | |
nehmen – ohne dabei wie jeder andere Angeklagte in öffentlichen Verfahren | |
mit großer Aufmerksamkeit gefilmt und fotografiert zu werden. | |
Die Gerichtssprecherin teilte später etwas zerknirscht bei der ersten Pause | |
mit, dass die Fotograf*innen nach der Pause nun doch Bilder machen | |
dürften, um die Pressefreiheit zu gewährleisten, das habe der Richter | |
schließlich entschieden, nachdem sie darum gebeten hatten. | |
## Selbe Parole, anderer Ort | |
Es ist bereits der zweite Strafprozess gegen Höcke innerhalb kurzer Zeit. | |
Verurteilt hatte ihn das Landgericht Halle bereits vor gut einem Monat für | |
die Verwendung der verbotenen SA-Parole „Alles für Deutschland“ [1][bei | |
einem Wahlkampfauftritt in Merseburg im Mai 2021]. Im zweiten Prozess geht | |
es nun um einen Auftritt Höckes in Gera. Auch dort soll der AfD-Politiker | |
die Parole bei einem Parteistammtisch benutzt haben. | |
Am Montagmorgen ging es Höcke nun offensichtlich auch um die Bildhoheit: | |
Sein Büroleiter Robert Teske twitterte in schwarz-weiß gehaltenen | |
inszenierten Fotos, und schrieb dazu, dass in Halle der zweite | |
„Schauprozess“ gegen Höcke beginne: „Während Deutschland zu einem | |
gescheiterten Staat verkommt, werden Politiker die alles für ihre Heimat | |
geben wollen, nun schon zum zweiten Mal vor Gericht gezerrt.“ Retweetet | |
wurde der Post interessanterweise von einem Aktivisten der Identitären | |
Bewegung, Simon Kaupert, der als Fotograf ebenfalls im Gericht war. | |
Der Opferrolle tat der zunächst geglückte Ausschluss der | |
Foto-Journalist*innen auf Bitte des Angeklagten allerdings keinen Abbruch: | |
Noch vor Verlesen der Anklage stellten seine Anwälte vier längliche | |
Befangenheitsanträge gegen das Gericht – die Prozessstrategie der maximalen | |
Konfrontation setzte sich fort. | |
Das Verfahren sei nicht ordnungsgemäß eröffnet worden, Halle nicht | |
zuständig, Höcke genieße als Abgeordneter des Thüringer Landtags Immunität, | |
zudem sei er in den Medien vorverurteilt worden. [2][Schon im ersten | |
Prozess hatte Höcke die Anklagebank für politische Inszenierung genutzt]. | |
Das wiederum ließ den Richter eher unbeeindruckt. Er ließ die Anklage nach | |
den Befangenheitsanträgen trotzdem verlesen. | |
## Höcke soll Publikum bewusst animiert haben | |
Der Staatsanwalt trug daraufhin vor, dass Björn Uwe Höcke, wohnhaft in | |
Bornhagen, angeklagt werde, in Gera die Kennzeichen ehemaliger | |
NS-Organisationen verwendet zu haben. Bei einem Stammtisch der AfD im Lokal | |
Waldhaus mit 350 Teilnehmern habe Höcke das gesonderte Verfahren zur | |
Verwendung der verbotenen Parole „Alles für Deutschland“ angesprochen und | |
dabei das Publikum per Handbewegung veranlasst, die SA-Parole „Alles für…�… | |
zu vollenden und „… für Deutschland“ zu rufen. Wobei der Angeklagte sich… | |
von der Strafbarkeit gewusst habe, weil zu diesem Zeitpunkt im Dezember | |
2023 bereits eine Anklage anhängig war. Höcke nahm die Verlesung der | |
Anklage ungerührt zu Kenntnis. Der Richter unterbrach die Sitzung wegen der | |
Befangenheitsanträge. | |
[3][Im ersten Strafprozess sah es Landgericht in Halle als erwiesen an], | |
dass der Chef der AfD Thüringen den Hintergrund der Parole kannte, und | |
verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen á 130 Euro für die | |
Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer | |
Organisationen. Höcke hat Revision eingelegt, das Urteil ist noch nicht | |
rechtskräftig. Obwohl er Geschichtslehrer sei, habe er den Hintergrund der | |
Parole nicht gekannt, betonte Höcke. | |
Die Parole „Alles für Deutschland“ war der Leitspruch der | |
nationalsozialistischen Sturmabteilung, sie gravierte ihn unter anderem in | |
Dolche. In Deutschland ist sie ebenso wie der Hitlergruß verboten. Bis | |
heute erfreut sich die SA-Parole vor allem in der Neonazi-Szene | |
Beliebtheit, was wiederum dafür spricht, dass Höcke die Parole auch bei | |
seiner erstmaligen Verwendung kannte. Seine Verbindungen in die | |
Neonazi-Szene sind durchaus bekannt: Er demonstrierte bereits 2010 zusammen | |
mit Neonazis in Dresden und ist unter anderem ein Bekannter von Thorsten | |
Heise, einem langjährigen Führungskader unter anderem der NPD. | |
Höcke steht in Kürze übrigens auch noch ein dritter Prozess ins Haus. In | |
Mühlhausen ist er wegen Volksverhetzung angeklagt, weil er im Oktober 2022 | |
auf Telegram nach einer Gewalttat pauschal gegen Muslime gehetzt hatte. | |
24 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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