| # taz.de -- EU-Agrarsubventionen: Über 2,6 Millionen für Bauernbosse | |
| > Die Bauernverbandschefs kassieren hohe EU-Subventionen – viel höhere als | |
| > Durchschnittslandwirte. Verhindert der Verband deshalb eine Umverteilung? | |
| Bild: Reiche Ernte: Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied bekam im Agrarhaus… | |
| Berlin taz | Die Europäische Union gibt jedes Jahr die stolze Summe von 55 | |
| Milliarden Euro für die Landwirtschaft aus. Die meisten Agrarsubventionen | |
| werden dabei pro Hektar Fläche gezahlt – weitgehend unabhängig davon, wie | |
| umweltfreundlich oder -schädlich die Bauern darauf arbeiten. Dabei ist die | |
| Landwirtschaft maßgeblich dafür verantwortlich, dass Pflanzen- und | |
| Tierarten aussterben. Die Branche verursacht laut Umweltbundesamt 13 | |
| Prozent der Treibhausgase hierzulande. Und die Höfe, die eh schon das | |
| meiste Land haben, bekommen die höchsten Subventionen. [1][Dagegen, dass | |
| sich all das ändert, kämpft gerade der Deutsche Bauernverband] (DBV). Warum | |
| bloß? | |
| Die etwa 20 Präsidiumsmitglieder des DBV oder ihre Unternehmen kassierten | |
| im Haushaltsjahr 2022/23 insgesamt mehr als 2,6 Millionen Euro | |
| EU-Subventionen. Das zeigt eine Recherche der taz in der Datenbank | |
| [2][agrarzahlungen.de] der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. | |
| ## Subventionierte Lobbyisten | |
| Spitzenbezieher war im Jahr bis Ende Oktober 2023 mit ungefähr 1 Million | |
| Euro die Universal-Agrar GmbH, bei der der Präsident des Thüringer | |
| Bauernverbands, Klaus Wagner, als Geschäftsführer und Gesellschafter | |
| fungiert. Auf Platz zwei liegt mit rund 470.000 Euro die AGW | |
| Agrarwirtschaftsgesellschaft Worin von Henrik Wendorff, dem Chef des | |
| Bauernverbands Brandenburg. DBV-Präsident Joachim Rukwied bekam knapp | |
| 100.000 Euro EU-Subventionen. Im Schnitt 145.000 Euro erhielt jedes der 18 | |
| Präsidiumsmitglieder, denen die taz Betriebe in der Datenbank zuordnen | |
| konnte. Das ist bedeutend mehr als die 22.000 Euro, die der | |
| durchschnittliche Empfänger in Deutschland bekam. | |
| Der Bauernverband sieht die Zahlungen als Ausgleich für seiner Meinung nach | |
| generell höhere Umwelt-, Tier- und Sozialstandards als außerhalb der | |
| Europäischen Union. Die Organisation lobbyierte erfolgreich dafür, dass die | |
| EU nach den Bauernprotesten zentrale Umweltregeln strich oder aufweichte. | |
| Schon lange spricht sich der Verband dagegen aus, die Subventionen ab einer | |
| bestimmten Höhe zu deckeln oder zu reduzieren. | |
| Die Zahlungen sind der zweitgrößte Posten im [3][EU-Haushalt]. Der | |
| überwiegende Teil fließt in die „Erste Säule“ der EU-Agrarpolitik, vor | |
| allem die pro Hektar berechneten Direktzahlungen. | |
| Bei Rukwied liefert die „Erste Säule“ fast 97 Prozent des Gesamtbetrags. | |
| Bei Wagners Betrieb in Thüringen sind es 66 Prozent. Auch bei Wendorffs | |
| Firma in Brandenburg ist der Anteil der Ersten Säule mit 52 Prozent hoch, | |
| aber wegen der umfangreichen Subventionen für den Ökolandbau des Betriebs | |
| niedriger als bei Rukwied und Wagner. | |
| „Der DBV ist in weiten Teilen im Grunde ein Ackerbauern-Industrieverband. | |
| Also ein Verband großer Ackerbaubetriebe, die die Industrie und die | |
| Exportmärkte bedienen“, sagte Naturschutzbund-Präsident Jörg-Andreas Krüg… | |
| auf Anfrage. „Die taz-Recherche unterstreicht das: Profitable | |
| Ackerbaubetriebe, die ihre Subventionen um jeden Preis verteidigen, sind | |
| auch in der Spitze des DBV vertreten. Die haben auch aus rein | |
| persönlich-wirtschaftlichem Interesse keine Lust, ihre Margen zu | |
| verkleinern“, so der Chef von Deutschlands größter Umweltorganisation. | |
| Das sei ein Grund, weshalb der Bauernverband so [4][gegen Kappung und | |
| Degression] sei, ergänzte Martin Schulz, Bundesvorsitzender der | |
| Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die sich vor allem für | |
| kleinere und ökologisch orientierte Höfe einsetzt. Dabei seien Unternehmen | |
| mit Tausenden von Hektar nicht auf Direktzahlungen angewiesen, weil sie | |
| ihre Flächen günstiger bewirtschaften könnten. | |
| AbL-Bundesgeschäftsführerin Xenia Brand kritisierte, der Bauernverband | |
| verhindere, dass die Flächenprämien zugunsten von Zahlungen für konkrete | |
| ökologische Leistungen der Bauern umgeschichtet werden. „Da wichtige | |
| Akteure in der Spitze des Deutschen Bauernverbandes stark von der | |
| bisherigen Flächenprämie profitieren, verwundert es nicht, dass sie so | |
| vehement die Qualifizierung dieser Gelder blockieren.“ Damit schade die | |
| Organisation aber den Bauern, die bereits viel für Klima oder | |
| Artenvielfalt leisteten. | |
| DBV-Sprecher Axel Finkenwirth, schrieb der taz auf Anfrage, er könne die | |
| Zahlen nicht nachvollziehen. Sie stammen aus amtlichen Quellen. Finkenwirth | |
| ergänzte, seine Organisation sei „ein zutiefst demokratisch organisierter | |
| Verband“. Bei Abstimmungen über Positionspapiere komme es also nicht auf | |
| die Betriebe einzelner Präsidiumsmitglieder an. | |
| 7 Jun 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Doppeltes-Spiel-des-Agrarverbandes/!6009938 | |
| [2] https://www.agrarzahlungen.de/ | |
| [3] /EU-Sondergipfel-in-Bruessel/!5985991 | |
| [4] /Pestizidverbote-und-mehr-Artenvielfalt/!5932864 | |
| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
| ## TAGS | |
| Landwirtschaft | |
| Bauernverband | |
| Europäische Union | |
| Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft | |
| Nabu | |
| Naturschutzbund | |
| Naturschutz | |
| GNS | |
| Landwirtschaft | |
| Landwirtschaft | |
| Schwerpunkt Europawahl | |
| Landwirtschaft | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Bauernverband über Agrarpaket der Ampel: Bauern wollen noch mehr Privilegien | |
| Verbandschef Rukwied reicht das Agrarpaket der Ampel nicht. Sie solle | |
| Landwirten noch mehr Steuern erlassen und auf mehr Tierschutz verzichten. | |
| Rechte Agrarorganisationen: Wutbauern unterliegen Kritikerin | |
| Die Freien Bauern seien rechtspopulistisch, Aussagen eines EU-Kandidaten | |
| der Freien Wähler rechtsextrem – das haben Richter einer Forscherin | |
| erlaubt. | |
| Agrarpolitik in der EU: Umwelt? Nicht mehr so wichtig! | |
| Bei der Europawahl entscheidet sich, ob die EU noch weniger Naturschutz von | |
| den Landwirten verlangen wird. Viele Bauern würden das begrüßen. | |
| Doppeltes Spiel des Agrarverbandes: Bauernschlaue Lobbyisten | |
| Der Bauernverband verspricht in der Zukunftskommission Naturschutz, handelt | |
| aber dagegen. Umweltverbände fürchten jetzt Ähnliches auf EU-Ebene. |