# taz.de -- Pestizidverbote und mehr Artenvielfalt: Bauern gegen EU-Naturschutz… | |
> Pestizidverbote in Schutzgebieten vernichteten Höfe, so Verbandschef | |
> Rukwied. Mehr Flächen für Artenvielfalt zu reservieren gefährde die | |
> Ernährung. | |
Bild: Deutscher Bauerntag 2023: Präsident Rukwied kritisiert den Verordnungsvo… | |
BERLIN taz | Der Deutsche Bauernverband lehnt die zentralen | |
Naturschutzvorhaben der EU-Kommission ab. Zwar habe die Behörde die | |
„sensiblen Gebiete“ verkleinert, in denen künftig [1][Pestizide] verboten | |
sein sollen, sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied zum Auftakt der | |
Mitgliederversammlung seiner Organisation am Mittwoch in Münster. „Aber ihr | |
Ansatz ist vom Grund her falsch, mit einem Verbot in gewissen Regionen den | |
Pflanzenschutzmittel-Einsatz zu reduzieren“, fuhr der Landwirt fort. Denn | |
ein Verbot wäre „existenzvernichtend“ für die betroffenen Höfe. Besser s… | |
es, etwa durch Digitalisierung Pestizide einzusparen. Die Landwirtschaft | |
gilt als ein Hauptverursacher des Artensterbens. | |
Auch an der von der EU-Kommission vorgeschlagenen „Verordnung über die | |
Wiederherstellung der Natur“ ließ Rukwied kein gutes Haar. Denn sie | |
bedeutet dem Bauernverbandschef zufolge: „Naturwiederherstellung auf 10 | |
Prozent der Fläche – im Sinne Brüssels Herausnahme der Fläche aus der | |
Produktion.“ | |
„Das können wir uns schon aus Ernährungssicherungsgründen nicht leisten“, | |
sagte Rukwied in [2][seiner Rede]. Solche Vorschriften seien auch der | |
„schlechtere Weg“, um die Artenvielfalt zu erhöhen. „Unser Ansatz ist | |
kooperativer Naturschutz“, so Rukwied. Er verwies auf das „Franz“-Projekt, | |
bei dem Demonstrationsbetriebe Lösungen zeigen. Landwirte würden zum | |
Beispiel gern Blühstreifen säen. Die Bauern könnten und wollten da mehr | |
unternehmen – aber unter einer Bedingung: „Das muss dann auch honoriert | |
werden, mit entsprechenden öffentlichen Mitteln.“ | |
Martin Hofstetter, Agraringenieur der Umweltorganisation Greenpeace, warf | |
Rukwied daraufhin eine „bewusste Fehlinterpretation“ des | |
[3][Verordnungsentwurfs zur Wiederherstellung der Natur] vor. In diesem | |
stehe nicht, dass die Agrarflächen stillgelegt werden müssten. Tatsächlich | |
findet sich in dem Dokument nur die Formulierung, dass die Kommission die | |
künftig nötigen Wiederherstellungspläne der Mitgliedsländer prüft auf „i… | |
Angemessenheit im Hinblick auf die Erfüllung … des Ziels, bis 2030 | |
mindestens 10 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche mit | |
Landschaftselementen mit großer biologischer Vielfalt zu gestalten.“ Wie | |
dieses Ziel erreicht werde – etwa durch Wiesen, die selten geschnitten und | |
gedüngt werden, oder Feldgehölze – bleibe offen, sagte Hofstetter der taz. | |
## Noch mehr Geld trotz hoher Agrarsubventionen? | |
Er kritisierte auch, dass Rukwied trotz milliardenschwerer | |
Agrarsubventionen nur zu mehr Umweltschutz bereit sei, wenn der Staat dafür | |
extra bezahle. „Auch andere Branchen leben damit, dass zum Beispiel im | |
Verkehrsbereich Abgasnormen verschärft werden. Wenn die Landwirtschaft nun | |
mal nachweislich zum Rückgang der Artenvielfalt beiträgt, dann muss man da | |
ordnungsrechtlich nachschärfen.“ Die von Rukwied gelobten Blühstreifen | |
seien gerade stark zurückgegangen. Und am Modellprojekt Franz nähmen nur | |
verschwindend wenige Betriebe teil. „Das ist alles nicht nachhaltig“, so | |
Hofstetter. | |
Die EU-Naturschutzvorhaben würden auch nicht die Ernährungssicherheit | |
gefährden. „Wir sind Getreideexporteur. Wir haben eine Überproduktion an | |
bestimmten Produkten, zum Beispiel Fleisch und Getreide“, sagte der | |
Umweltschützer. Um die Weltmärkte zu entlasten, sei es effizienter, weniger | |
Fleisch zu essen und zu produzieren. Denn bei der Erzeugung tierischer | |
Lebensmittel gingen pflanzliche Kalorien für die menschliche Ernährung | |
verloren. | |
Zur Reduktion der Tierzahlen sagte Rukwied jedoch nichts. Er forderte, das | |
geplante staatliche Tierhaltungslogo, das zunächst mit unverarbeitetem | |
Schweinefleisch im Einzelhandel starten soll, schnell zu erweitern. Wurst, | |
die Sauenhaltung und Kantinen etwa müssten aufgenommen werden, so Rukwied. | |
Auch eine Herkunftskennzeichnung müsse bald eingeführt werden. | |
Bundesagrarminister Cem Özdemir war Rukwied da schon weitgehend | |
entgegengekommen. „Noch in diesem Jahr geht es weiter mit Gastronomie, mit | |
den Ferkeln und dann Schritt für Schritt auf alle Nutztierarten und alle | |
Vertriebswege der Tierhaltung“, sagte der Grünen-Politiker im | |
Deutschlandfunk. | |
29 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Pestizide/!t5008935 | |
[2] https://www.youtube.com/live/Wv_Rnh2s5Uc?feature=share | |
[3] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX%3A52022PC0304 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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