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# taz.de -- Sci-Fi-Film „Mars Express“: Anime-Noir im Weltall
> In „Mars Express“ haben Menschen Hologramme als Köpfe. Der Film zwischen
> Noir und Sci-Fi hält mit den besten Anime mit. Nun erscheint er auf DVD.
Bild: Die Detektivin Aline trinkt auch mal gerne einen über den Durst
Das Fell der animierten Katze ist schmutzig geworden, wird abgezogen, kommt
gleich in die Wäsche. Darunter ist die Katze ein mechanisches Tier, ein
Felindroid in einer [1][Sci-Fi-Welt], in der Menschliches neben
Robotischem, humane neben künstlicher Intelligenz existiert. Doch was ist
von einem wie Carlos zu halten, dessen Kopf zwar hologrammmäßig mit etwas
luftigem Abstand über dem Restkörper schwebt (beziehungsweise manchmal, bei
Updates zum Beispiel, auch nicht)?
Einerseits tun Carlos Holo-Kopf und sein metallner Restkörper gar nicht
erst so, als stünde da ein Mensch aus Haut und Organen und Knochen vor uns.
Andererseits weiß Carlos selbst, dass er kein Mensch, ja, dass er tot ist.
Genauer gesagt: ein robotisches Backup des Carlos, der er mal war. Aber
eben, dies alles wissend, zugleich als ghost in the machine, als humaner
Datensatz im anderen Körper immer noch ist.
So steht dann auch der neue Carlos menschlich-allzumenschlich und leider
vergeblich mit Blumen vor dem Haus der Ex, um die schwer vermisste Tochter
zu sehen. Auch das Carlos-Backup ist zur Unterstützung der Kollegin Aline
bereit, sich buchstäblich Arme und Beine auszureißen (die lassen sich
freilich, zur Not in anderer Farbe, prima ersetzen). Aline und Carlos
nämlich gehen als Privatdetektiv-Partner durch Dick und Dünn.
## Motive aus „Blade Runner“ und „Ghost in the Shell“
Mit einem Ausflug der beiden zur Erde, zwecks Festnahme einer
Android-Hackerin, beginnt die Geschichte, und sie beginnt rasant. Rasant
geht sie außerdem weiter, und zwar auf dem Mars. Immer werden die
detailreiche Welt des frühen 23. Jahrhunderts und der zusehends
komplizierte Noir-Krimiplot gleichzeitig etabliert und erweitert, man
kommt, es ist ein intellektuelles Vergnügen, kaum hinterher.
Auch weil Jérémie Périn in seinem Debütfilm das Wissen um Klassiker wie
[2][„Blade Runner“] (und Philip K. Dicks Vorlage „Träumen Androiden von
elektrischen Schafen“) oder auch Mamoru Oshiis beziehungsweise Masamune
Shirows [3][„Ghost in the Shell“] voraussetzen kann, um deren Motive dann
mit Humor und Action und gespaltenen (Robo-)Schädeln zu variieren.
Der Himmel über dem Mars ist künstlich, kann bei Lichtausfall auch einmal
flackern. Hacker und Oberhacker wollen die Androiden befreien und/oder
umprogrammieren. Aline und Carlos ermitteln in einem Mordfall und
AA-Veteranin Aline trinkt sich, ganz im Stile eines männlichen
Hardboiled-Detektivs, zwischendurch fast bis zur Bewusstlosigkeit.
## Hält locker mit besten Animes mit
Jérémie Périn hat sich mit Serien, animierten Musik-Videos an sein
ambitioniertes Spielfilmprojekt herangearbeitet und ist offenbar gut mit
dem französischen Schauspieladel vernetzt: Den undurchsichtigen
Hauptschurken namens Chris Royjacker spricht im Original Mathieu Amalric,
das Diamantwesen Beryl spricht Marthe Keller.
Optisch hält der Film mit den besten Animes locker mit, die Figuren sind
dabei vor slickem Zukunftsarchitekturhintergrund händisch individuiert.
Auch der Film selbst verdankt sich – wie heute eigentlich alle
kommerziellen Animationsprojekte – der Kombination von Rechnerkraft und
Menschenfantasie, dem Neben- und Ineinander humaner und künstlicher
Intelligenz.
Die komischen Pointen, von denen es nebenbei einige gibt, ergeben sich vor
allem, wenn es bei der Perfektion mal wieder hakt: bei ständigen Updates
(die zugleich wichtig sind für den Plot), etwa mitten in einer OP. Auch
sehr schön: der Sex der Androiden, die dabei nicht ihre Körper verbinden,
sondern ihre Maschinenseelen in Resonanzen versetzen. Oder so ähnlich. Man
steckt ja nicht drin.
6 Jun 2024
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## AUTOREN
Ekkehard Knörer
## TAGS
Film
Anime
Film noir
Science-Fiction
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
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