| # taz.de -- Vor den Wahlen in Mexiko: „Keine der beiden ist Feministin“ | |
| > Am Sonntag tritt bei der Wahl in Mexiko die linke Claudia Sheinbaum gegen | |
| > die konservative Xóchitl Gálvez an. Auf die Gewinnerin warten große | |
| > Aufgaben. | |
| Bild: Claudia Sheinbaum will Frauenrechte stärken. Doch Aktivist*innen sind sk… | |
| „Frieden, Sicherheit, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit“ – Claudia | |
| Sheinbaum lässt keinen Zweifel daran, dass mit ihr als Präsidentin alles | |
| noch besser wird, als es ohnehin schon ist. „Bewahren wir das Vermächtnis | |
| unseres großen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador“, erklärte die | |
| mexikanische Politikerin, die das Erbe des allgemein AMLO genannten | |
| Staatschefs antreten will, am Dienstag vor Tausenden von Anhänger*innen | |
| im Bundesstaat Tabasco. | |
| Am kommenden [1][Sonntag wird sich entscheiden, ob die Kandidatin der | |
| Morena-Partei tatsächlich das Rennen gegen ihre Konkurrentin von der | |
| Mitte-rechts-Koalition, Xóchitl Gálvez, machen wird]. Alles spricht dafür: | |
| Letzten Umfragen zufolge liegt Sheinbaum mit 56 gegen 33 Prozent klar vor | |
| Gálvez. | |
| Abgeschlagen auf Platz drei folgt Jorge Máynez von der Bürgerbewegung. Die | |
| Wähler*innen entscheiden auch über acht Gouverneur*innen, den | |
| Regierungschef von Mexiko-Stadt, das Abgeordnetenhaus, den Senat sowie | |
| zahlreiche lokale Ämter. Insgesamt stehen über 20.000 Posten zur | |
| Disposition. | |
| ## Erbe von polarisierendem Vorgänger | |
| Dass Sheinbaum den jetzigen Präsidenten López Obrador in den Mittelpunkt | |
| ihrer Reden stellt, hat einen einfachen Grund: Nur ihm hat sie ihre | |
| Erfolgsaussichten zu verdanken. Noch kurz vor Ende seiner sechsjährigen | |
| Amtszeit steht eine deutliche Mehrheit hinter dem Staatschef. | |
| Er verdoppelte den Mindestlohn, führte eine Grundrente für ältere Menschen | |
| ein und schuf Sozialprogramme etwa zur Unterstützung alleinerziehender | |
| Mütter. Diese Maßnahmen sowie sein populistisch polarisierender Diskurs | |
| gegen seine Gegner*innen, die „konservative Elite“, sind der Grund dafür, | |
| dass der 70-Jährige weiterhin so gern gesehen ist. Der Präsident hetzt zwar | |
| ständig [2][gegen kritische Journalist*innen], | |
| Menschenrechtsverteidiger*innen oder Feministinnen, doch das tut | |
| seiner Beliebtheit keinen Abbruch. | |
| Doch von Frieden und Sicherheit, die Sheinbaum beschwört, kann keine Rede | |
| sein. Die Lage hat sich in López Obradors Amtszeit sogar noch verschärft: | |
| 180.000 Menschen wurden getötet, die Zahl der Verschwundenen hat um 40 | |
| Prozent auf über 100.000 zugenommen. | |
| ## Kein neues Konzept gegen Kriminalität | |
| In vielen Bundesstaaten [3][kontrolliert die Mafia das gesellschaftliche | |
| Leben]. Im Zusammenhang mit dem Wahlkampf wurden dem Thinktank Laboratorio | |
| Electoral zufolge 84 Menschen ermordet, 34 von ihnen waren Anwärterinnen | |
| auf eine Kandidatur. Dahinter stecken sowohl Kriminelle als auch | |
| konkurrierende Politiker*innen. | |
| Sheinbaum, die bislang Regierungschefin von Mexiko-Stadt war, verweist zwar | |
| auf ihre dortigen sichtbaren Erfolge im Einsatz gegen die Kriminalität. | |
| Doch über die Hauptstadt hinaus hat auch sie kein neues Konzept gegen das | |
| organisierte Verbrechen. Grund genug für ihre Konkurrentin Gálvez, die | |
| Unsicherheit im Wahlkampf in den Vordergrund zu stellen. Das entbehrt nicht | |
| einer gewissen Ironie. | |
| Die 61-Jährige tritt für ein Bündnis der Ex-Staatspartei PRI, der | |
| konservativen PAN und der zentristischen PRD an. Eine PAN-Regierung hat | |
| 2007 die massive Gewaltwelle ins Rollen gebracht, [4][in dem sie den „Krieg | |
| gegen die Mafia“ erklärt hat], die PRI hat danach diese Politik | |
| fortgesetzt. | |
| ## Sheinbaum will Frauenrechte stärken | |
| Gálvez kritisiert den „Autoritarismus“ der Morena-Partei. Immer wieder | |
| betont sie, dass sie als Indigene in gewaltsamen Verhältnissen aufgewachsen | |
| sei und fordert ein Ende der Straflosigkeit für Vergewaltiger. Auch | |
| Sheinbaum will Frauenrechte stärken. Doch Aktivist*innen sind | |
| skeptisch. | |
| Da Sheinbaum López Obradors Politik fortführen wolle, sei nicht viel zu | |
| erwarten, sagte Lucia Lagunes von der feministischen Nachrichtenagentur | |
| Cimac der taz: „Es ist zwar der feministischen Bewegung zu verdanken, dass | |
| erstmals eine Frau Mexiko regieren wird, aber keine der beiden ist | |
| Feministin.“ | |
| 1 Jun 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Wolf-Dieter Vogel | |
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