# taz.de -- Wahl in Mexiko: Wissenschaftlerin mit Öko-Fokus | |
> Claudia Sheinbaum schrieb über Klimawandel, CO2 und Windenergie. Nun | |
> dürfte sie als erste Frau Präsidentin von Mexiko werden. | |
Bild: Liegt in den Nachwahlbefragungen klar vorn: die 61-jährige Claudia Shein… | |
Mexiko-Stadt taz | Wer sich die akademische Karriere von Claudia Sheinbaum | |
anschaut, würde nie denken, dass [1][die mit hoher Wahrscheinlichkeit | |
künftige mexikanische Präsidentin] zur Wunschnachfolgerin des amtierenden | |
Staatschefs Andrés Manuel López Obrador wurde. Während das scheidende | |
Staatsoberhaupt mit aller Kraft die Nutzung fossiler Energieträger | |
vorantrieb, beschäftigt sich die Physikerin seit Jahrzehnten mit den | |
Problemen, die diese Energiegewinnung hervorbringt. | |
In zahlreichen Publikationen schrieb die heute 61-Jährige über den | |
Klimawandel, die Möglichkeiten zur Eindämmung der CO2-Emission in | |
Mexiko-Stadt oder die sozialen Konsequenzen der Nutzung von Windenergie. | |
Auch als Mitglied des Weltklimarats widmete sich die Umwelttechnikerin | |
diesen Themen. | |
In ihrem Amt als Hauptstadt-Bürgermeisterin, das sie von 2018 bis 2023 | |
bekleidete, setzte sie sich für eine nachhaltige Entwicklung in der | |
Metropole ein: Sie stärkte die Nutzung von Regenwasser, ließ zahlreiche | |
Solaranlagen installieren und baute das öffentliche Verkehrsnetz aus. | |
Ob die wohl erste Präsidentin Mexikos trotz der Vorgaben ihres Mentors | |
eigene Wege gehen kann, wird Sheinbaum jetzt beweisen müssen. Bislang war | |
ihre politische Karriere eng mit der López Obradors, kurz Amlo, verknüpft. | |
Als der Politiker im Jahr 2000 Bürgermeister von Mexiko-Stadt wurde, | |
ernannte er sie zur Umweltministerin. Als er 2006 vermutlich durch | |
Wahlbetrug um das höchste Staatsamt gebracht wurde, kämpfte sie mit ihm für | |
eine ausführliche Überprüfung der Wahl. | |
Beim erfolglosen Versuch López Obradors, 2012 die Präsidentschaftswahlen zu | |
gewinnen, saß sie bereits als Umweltministerin in seinem Schattenkabinett. | |
Auch an der Gründung der Morena-Partei, die ohne Amlo nicht stattgefunden | |
hätte, war sie beteiligt. | |
Enkelkind europäischer Einwanderer | |
Sheinbaum wehrt sich natürlich gegen das Bild, eine Marionette López | |
Obradors zu sein. Dieser Vorwurf sei sexistisch, sagt sie: „Das hat was von | |
Frauenfeindlichkeit und Machismus.“ Tatsächlich könnte man ihr einfach | |
zugestehen: Sie nutzt die Popularität Amlos, um ihre eigene politische | |
Agenda umzusetzen. | |
Schließlich blickt das Enkelkind bulgarischer und litauischer jüdischer | |
Einwanderer auf eine lange linke Familiengeschichte zurück. Ihr Großvater | |
war Kommunist, ihre Eltern beteiligten sich an der 68er-Bewegung. Zu Hause | |
habe man viel über Politik geredet, betont sie. Während ihrer Studienzeit | |
kämpfte sie an der Autonomen Nationaluniversität UNAM gegen Studiengebühren | |
und Privatisierung. Diese Bewegung trug einen Teil zur Entstehung der | |
oppositionellen Partei PRD bei, aus der später Morena hervorgehen sollte. | |
Stimmen in der Hauptstadt verloren | |
Als Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt hatte sie es nicht immer einfach: Beim | |
Einbruch einer Trasse der Metro-Linie 12 im Jahr 2021 starben 27 Menschen. | |
Nicht nur das kostete Zustimmung. Wegen der ständigen polarisierenden | |
Angriffe López Obradors gegen den Mittelstand, Akademiker und linke | |
Kritiker musste sie hinnehmen, dass Morena ausgerechnet in der Hauptstadt | |
Stimmen verlor. | |
Im Gegensatz zu Obrador erscheint Sheinbaum nachdenklich, ruhig und | |
versöhnlich. Doch eine Eigenschaft teilt sie mit ihrem Mentor: Wie er ist | |
sie sehr arbeitsam und diszipliniert. „Wenn ich etwas nicht leiden kann, | |
sind es faule Leute“, sagte sie einmal ihrem Biograf Arturo Cano. | |
3 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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