# taz.de -- Wahl in Mexiko: Claudia Sheinbaum macht das Rennen | |
> Erstmals wird in Mexiko wohl eine Frau Präsidentin. Nachwahlbefragungen | |
> sehen die ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt klar vorn. | |
Bild: Hat sich nicht selbst gewählt, sagt sie: Claudia Sheinbaum am Sonntag na… | |
Mexiko-Stadt afp | Die linksgerichtete Kandidatin Claudia Sheinbaum hat | |
Nachwahlbefragungen zufolge als erste Frau die Präsidentschaftswahl in | |
Mexiko gewonnen. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Enkoll | |
zufolge kam die 61-jährige Kandidatin der regierenden Morena-Partei am | |
Sonntag auf 57,8 Prozent der Stimmen, die konservative | |
Oppositionskandidatin Xóchitl Gálvez erreichte demnach lediglich 29,1 | |
Prozent. Auch der Sender Televisa und die Zeitung El Financiero erklärten | |
Sheinbaum nach Schließung der Wahllokale zur Wahlsiegerin, machten aber | |
keine Angaben zum jeweiligen Stimmenanteil. | |
Für den einzigen Mann unter den Bewerbern, Jorge Álvarez Máynez, stimmten | |
laut Enkoll 11,4 Prozent der Wähler. Die Umfragen wurden vom unabhängigen | |
Nationalen Wahlinstitut (INE) autorisiert. Sollten sich Nachwahlbefragungen | |
bestätigen, wird Sheinbaum am Abend auf dem zentralen Zocalo-Platz vor dem | |
Nationalpalast, dem Sitz der Präsidentschaft, eine Rede halten. Ihr Amt | |
würde sie am 1. Oktober antreten. | |
Sheinbaum war als Favoritin in das Rennen gestartet. In den drei | |
[1][Monaten des Wahlkampfs] lag die frühere Bürgermeisterin von | |
Mexiko-Stadt in allen Umfragen deutlich vor ihrer stärksten Rivalin, der | |
Mitte-Rechts-Kandidatin Gálvez, die für ein Bündnis aus drei | |
Oppositionsparteien antrat. | |
„Dies ist ein historischer Tag, ich bin sehr glücklich“, sagte Sheinbaum | |
auf dem Weg zu ihrer Stimmabgabe in Mexiko-Stadt. „Lang lebe die | |
Demokratie!“ rief sie, nachdem sie den Stimmzettel in die Urne geworfen | |
hatte. Nach der Stimmabgabe verriet die Spitzenkandidatin, dass sie nicht | |
für sich selbst gestimmt hatte, sondern für eine 93-jährige linke | |
Politikveteranin, Ifigenia Martínez, in Anerkennung ihres politischen | |
Engagements. | |
„An diesem 2. Juni werden wir in die Geschichte eingehen“, hatte Sheinbaum | |
bei ihrer Abschlusskundgebung zehntausenden Anhängern in der Hauptstadt | |
Mexiko-Stadt zugerufen. „Jetzt ist die Zeit der Frauen und der | |
Veränderung.“ | |
Fast hundert Millionen Wahlberechtigte | |
Die Einwohner der Hauptstadt kennen Sheinbaum, Enkelin europäischer Juden, | |
aus ihrer Zeit als Bürgermeisterin; bis zur Nominierung als | |
Präsidentschaftskandidatin regierte sie die Millionen-Metropole fünf Jahre | |
lang, von 2018 bis 2023. | |
Sheinbaum profitiert auch von der Popularität des scheidenden Staatschefs | |
Andrés Manuel López Obrador, der die Linke 2018 in Mexiko an die Macht | |
brachte und nicht mehr für eine zweite Amtszeit antreten darf. „Umarmungen | |
statt Kugeln“, lautete Obradors Strategie, welche die ausufernde | |
Kriminalität in Mexiko an der Wurzel bekämpfen soll. | |
Fast hundert Millionen Wahlberechtigte waren am Sonntag zum Urnengang | |
aufgerufen. Gewählt wurde in der zweitgrößten Volkswirtschaft | |
Lateinamerikas nicht nur eine neue Präsidentin. Auch die Mandate für | |
Abgeordnetenhaus und Senat wurden neu vergeben, in neun Bundesstaaten | |
wurden die Gouverneure gewählt und in zahlreichen Kommunen die | |
Lokalpolitiker. Landesweit ging es insgesamt um rund 20.000 Posten – so | |
viele wie bei keiner Wahl zuvor in Mexiko. | |
Gewalt im Wahlkampf | |
Der Wahlkampf wurde jedoch von massiver Gewalt überschattet. Zum Schutz der | |
Wähler waren tausende Soldaten im Einsatz. In der Nacht zum Sonntag | |
erschossen Unbekannte im westlichen Bundesstaat Michoacán den 35-jährigen | |
Kandidaten Israël Delgado. Mindestens 25 weitere Kandidaten waren in den | |
Monaten zuvor ermordet worden. | |
In der zweitgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas ist Gewalt nach wie vor | |
an der Tagesordnung. Etwa zehn Frauen werden täglich in Mexiko ermordet. | |
„[2][Eine Frau als Präsidentin bedeutet eine Veränderung] – hoffen wir, | |
dass sie mehr für dieses Land tun wird“, sagte die 55-jährige Wählerin | |
Clemencia Hernández. „Die Gewalt gegen Frauen liegt hier bei hundert | |
Prozent.“ | |
3 Jun 2024 | |
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