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# taz.de -- Westliche Waffen auf Russland: Erst Washington, dann Berlin
> Die USA und Deutschland stimmen einem Einsatz westlicher Waffen auf
> russischem Territorium zu – allerdings unter klaren Bedingungen.
Bild: Ein ukrainischer Soldat bedient eine Drohne nahe einer russischen Grenze …
Berlin taz | Die Lage in der umkämpften Millionenstadt Charkiw in der
Ostukraine verschärft sich nahezu täglich. Russisches Grenzgebiet ist nur
wenige Kilometer entfernt, ukrainische und russische Soldat:innen kämpfen
Haus um Haus. Mehr und mehr fällt es der ukrainischen Armee schwer,
Stellungen zu halten. Es mangelt an Munition, Luftabwehr und Personal.
Zunehmend gibt es Meldungen, dass die ukrainische Armee Stellungen auf
russischem Territorium angreift – und zwar genau die Positionen, von denen
aus ein Angriff koordiniert oder der Nachschub für die russische Armee
organisiert wird. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj tourt
derzeit durch die Nato-Staaten und wirbt darum, dass militärisches Gerät
der Verbündeten auch für diese Einsätze genutzt werden kann.
[1][In dieser Woche sprang ihm Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg] bei
und appellierte an die Mitglieder des Bündnisses, dem Begehr zuzustimmen.
Die baltischen Staaten sind ohnehin dafür. Allein aufgrund ihrer
geografischen Nähe zu Russland herrscht in Estland, Litauen und Lettland
die Furcht, dass es auch zu Angriffen auf ihre Staaten kommen kann. Auch
aus Skandinavien kam Zuspruch.
[2][Frankreichs Präsident Emmanuel Macron] sprach auf seinem Staatsbesuch
in Deutschland Anfang dieser Woche davon, dass die Ukraine russische
Stellungen „neutralisieren“ können müsse. Und trieb damit die Debatte
voran. Beim Treffen der Nato-Außenminister:innen in Prag gab es dann grünes
Licht aus den USA. Joe Bidens Regierung erteilte der Ukraine die Erlaubnis,
amerikanische Waffen in begrenztem Umfang gegen Ziele auf russischem Gebiet
einzusetzen.
## Einsatz nur völkerrechtskonform
Das ukrainische Militär solle in die Lage versetzt werden, gegen russische
Streitkräfte vorzugehen, „die sie angreifen oder sich vorbereiten, sie
anzugreifen“, hieß es aus Washington. Aber der Einsatz von
US-amerikanischen Waffen auf andere Ziele in Russland bleibe verboten.
[3][Berlin zog am Freitag nach.] Die Bundesregierung teilte mit, dass die
Ukraine die gelieferten Waffen in Übereinstimmung mit ihren internationalen
rechtlichen Verpflichtungen einsetzen dürfe. „Es geht um die Befreiung des
ukrainischen Staatsgebiets, und wir haben mit der Ukraine vereinbart, dass
die von uns gelieferten Waffen dazu völkerrechtskonform eingesetzt werden“,
hieß es. Konkret genannt wurden die Region Charkiw und die Stellungen im
nahen russischen Grenzgebiet, aus dem die Angriffe vorbereitet wurden.
Offenbar wurden klare Absprachen zum Einsatz getroffen, die aber geheim
bleiben sollen. Die enge Abstimmung mit den USA, Großbritannien sowie
Frankreich dürfte dabei ausschlaggebend gewesen sein. Das Pochen aufs
Völkerrecht dürfte auch tragen. Nicht gedeckt wären etwa Angriffe auf
Wohneinheiten in Russland oder andere zivile Einrichtungen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sprach von einer strategischen
Anpassung an die aktuelle Lage und kündigte auf einem Besuch in der
südukrainischen Stadt Odessa ein neues Waffenpaket in Höhe von einer halben
Milliarde Euro an.
Droht nun die Eskalation im Krieg zwischen Russland und der Ukraine?
Nato-Chef Stoltenberg sieht diese Gefahr nicht, ebenso Außenministerin
Annalena Baerbock (Grüne) oder Verteidigungspolitiker:innen von FDP
und CDU. Außenpolitiker Roderich Kiesewetter (CDU) wirft den USA und
Deutschland vor, mit den bisherigen Beschränkungen „die Effektivität der
Kampfführung künstlich beschränkt“ zu haben. Eine Eskalationsangst halte er
jetzt für „völlig unberechtigt“, sagte er der taz. „Russland eskaliert …
Langem in der Ukraine mit allen denkbaren grausamen Waffen gegen zivile
Infrastruktur und die Zivilbevölkerung – trotz westlichen Zögerns und
mangelhafter Unterstützung“, sagte Kiesewetter. Schwäche,
Selbstabschreckung, Zögern und Zaudern regten Putin an zu eskalieren.
Der Kurswechsel in den USA und Deutschland hat nicht nur Befürworter. Im
EU-Wahlkampf und bei den Landtagswahlen im Osten setzt die SPD auf
Besonnenheit im Krieg. Angesichts der Entscheidung wird viel Kommunikation
nötig werden. BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht warnte, dass Kanzler Olaf
Scholz Deutschland einem „dritten Weltkrieg beängstigend nahe bringe“.
31 May 2024
## LINKS
[1] /Einsatz-westlicher-Waffen-in-Russland/!6010660
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## AUTOREN
Tanja Tricarico
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