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# taz.de -- Einsatz westlicher Waffen in Russland: Ringen um die rote Linie
> Die USA und die EU ringen um einen gemeinsamen Kurs über den möglichen
> Einsatz von westlichen Waffen in Russland.
Bild: Vom Krieg gezeichnet: Ein verletzter Soldat an der Front in der Region Do…
BERLIN taz | Seit Wochen [1][läuft die Debatte] darüber, ob die westlichen
Verbündeten der Ukraine erlauben sollen, vom Westen gelieferte Waffen auch
gegen Ziele auf russischem Territorium einzusetzen. Im Vorfeld eines
informellen Nato-Außenministertreffens in Prag, das am Donnerstagabend
beginnen sollte, kommt nun wieder mehr Bewegung in die Diskussion. Vor
allem US-Präsident Joe Biden überlegt laut übereinstimmenden
US-Medienberichten unter dem Druck der Ukraine und europäischer Verbündeter
ernsthaft, seine bislang strikt durchgehaltene Linie eines Verbots
aufzugeben.
Bidens Außenminister Antony Blinken sagte am Mittwoch bei einem Besuch in
Moldau, die USA würden „flexibel“ agieren und die Art ihrer
[2][Unterstützung der Ukraine] stets den Anforderungen anpassen. Die USA
hätten die Ukraine „weder ermutigt noch in die Lage versetzt, Schläge
außerhalb der Ukraine durchzuführen, aber die Ukraine muss ihre eigenen
Entscheidungen darüber treffen, wie sie sich am besten verteidigt,“ sagte
Blinken. Die Ukraine fordert seit Monaten, die Waffen auch einsetzen zu
dürfen, um das russische Angriffspotenzial an seiner Basis bekämpfen zu
können.
Gleichwohl zeigte sich Washington besorgt über immer häufigere
Drohnenangriffe der Ukraine auf russische Vorwarnsysteme gegen ballistische
und nukleare Raketenangriffe. Bei zwei ukrainischen Angriffen sei in der
vergangenen Woche mindestens eine Einrichtung ernsthaft beschädigt worden.
Die [3][Washington Post ] zitiert eine anonyme Quelle aus der US-Regierung
so: „Diese Einrichtungen sind in die russische Kriegsführung gegen die
Ukraine nicht eingebunden, aber sie sind hochsensible Ziele, denn Russland
könnte den Eindruck gewinnen, dass dadurch seine strategischen nuklearen
Abschreckungskapazitäten gegen die USA beeinträchtigt werden.“ Aus
ukrainischen Sicherheitskreisen hingegen erfuhr die Zeitung, die Ukraine
führe diese Angriffe durch, weil die Vorwarnstationen auch die ukrainischen
Luftaktivitäten überwachten.
Das Tabu beiseite zu lassen oder zumindest aufzubrechen – diese Haltung
wird auch innerhalb der Nato und in der EU diskutiert. Nato-Generalsekretär
Jens Stoltenberg appellierte bereits zu Beginn der Woche an die
Mitgliedsländer, ihre Haltung zu überdenken. Die bisher bestehende „rote
Linie“ vieler Länder würde die Ukraine blockieren. EU-Außenbeauftragter
Josep Borrell sprach sich ebenso für den Einsatz westlicher Waffen auf
russischem Territorium aus. Mit markigen Aussagen sparte auch Frankreichs
Präsident Emmanuel Macron nicht.
Deutschland ist zweitgrößter Waffenlieferant
Im Vorfeld eines Treffens des deutsch-französischen Ministerrates sprach
Macron davon, dass die Verbündeten es der Ukraine erlauben müssten,
Militärstützpunkte in Russland „zu neutralisieren, von denen aus Raketen
abgeschossen werden“. Auch Militärausbilder in der Ukraine sind offenbar
auf französischer Seite nicht ausgeschlossen.
Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant – und auch in
dieser Angelegenheit gefragt. Bundeskanzler Olaf Scholz ließ zu seinen
Aussagen bei der Pressekonferenz mit Macron viel Raum für Interpretationen.
Der SPD-Politiker berief sich auf das Völkerrecht, das der Ukraine viele
Möglichkeiten einräume. Ein eindeutiges Ja klingt anders. Scholz' Zögern
und Zurückhaltung sind jedoch keine Überraschung, sondern symptomatisch bei
Kriegsfragen. Bestes Beispiel ist die Debatte um den Marschflugkörper
Taurus.
Die Ukraine drängte lange Zeit auf eine Lieferung der panzerbrechenden
Bombe, die etwa strategische Versorgungswege Russlands zerstören könnte.
Scholz äußerte sich erst gar nicht und lehnte dann ab. Wie [4][in der
Taurus-Debatte] machen CDU-Verteidigungspolitiker, Teile der FDP und Grünen
sowie SPD-Stimmen Druck auf den Kanzler, doch den Einsatz westlichen Geräts
zu erlauben. Scholz betont, er wolle verhindern, dass es „zu einem Krieg
zwischen Russland und der Nato kommt“.
Wenig überraschend kommt die zähe Diskussion unter den Verbündeten in der
Ukraine nicht gut an. Auf der ukrainischen Webseite focus.ua schreibt der
Blogger und Militärkorrespondent Bogdan Miroschnikow: „Der
Abstimmungsprozess über Waffenlieferungen nimmt so viel Zeit in Anspruch,
dass die Russen es schaffen würden, von Belgorod nach Moskau abzuhauen und
wieder zurück zu kommen.“ Und er übt scharfe Kritik an der Debattenkultur
der westlichen Partner. Denn dies würde dem Feind „sehr helfen“. Für
Miroschnikow sollte es im Jahr der russischen Invasion für die Ukraine
keine Einschränkungen mehr geben.
Derweil scheinen aber die zugesagten Waffenlieferungen für Kyjiw weiter
voranzugehen. Der tschechische Regierungschef Petr Fiala verkündete, dass
in den kommenden Tagen die ersten Lieferungen von Artilleriemunition
eintreffen sollen. Fiala steht an der Spitze eines internationalen
Bündnisses aus fünfzehn Ländern, das Hunderttausende Schuss an Munition auf
dem Weltmarkt einkaufen wollte. Dafür sind rund 1,7 Milliarden Euro
zusammengekommen. Auf der Einkaufsliste stehen 500.000 Geschosse vom
Nato-Kaliber 155 Millimeter. Auch Deutschland beteiligt sich an der
Initiative.
30 May 2024
## LINKS
[1] /Einsatz-westlicher-Waffen-in-Russland/!6010537
[2] /Debatte-ueber-westliche-Waffeneinsaetze/!6010415
[3] https://www.washingtonpost.com/national-security/2024/05/29/us-ukraine-nucl…
[4] /Taurus-Debatte-Klappe-die-naechste/!6004926
## AUTOREN
Tanja Tricarico
Barbara Oertel
Bernd Pickert
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