# taz.de -- Streit um Schutz für Geflüchtete: Nächste Runde in der Asyldebat… | |
> Markus Söder und Christian Dürr fordern, subsidiären Schutz für | |
> Geflüchtete abzuschaffen. Warum das kritisiert wird – und nix ändern | |
> würde. | |
Bild: Fordert den subsidiären Schutz zumindest für Personen aus Afghanistan u… | |
BERLIN taz | Nach Bayerns Ministerpräsident, Markus Söder (CSU), rüttelt | |
nun auch die FDP am subsidiären Schutz für [1][Geflüchtete]. Der | |
Fraktionsvorsitzende der Liberalen im Bundestag, Christian Dürr, forderte | |
eine Debatte darüber, ob das Konzept „in dieser Form noch zeitgemäß ist.“ | |
Linke und SPD kritisierten den Vorstoß scharf. | |
Dürr hatte der Funke Mediengruppe gesagt, es brauche mehr Ordnung in der | |
[2][Asylpolitik]. Zur Debatte um den subsidiären Schutz sagte er: „Das kann | |
Brüssel konkret ändern. Die Menschen erwarten zu Recht, dass wir uns mit | |
diesen Fragen beschäftigen.“ Grundlage des subsidiären Schutzes ist die | |
EU-Qualifikationsrichtlinie von 2004. Ein Vorstoß zur Änderung müsste von | |
der EU-Kommission ausgehen. | |
Söder hatte in der vergangenen Woche gefordert, den subsidiären Schutz | |
zumindest für Personen aus Afghanistan und Syrien abzuschaffen. Hintergrund | |
war der mutmaßlich islamistische Messerangriff eines [3][Afghanen in | |
Mannheim], bei dem ein Polizist getötet wurde. Söder bezeichnete den | |
subsidiären Schutz als „eine Art Blankoscheck“, und weiter: „Das heißt, | |
praktisch jeder, der von dort kommt, wird als quasi verfolgt eingestuft.“ | |
Das sei „ein Fehler.“ | |
Tatsächlich muss – anders als beim vollen Flüchtlingsschutz – keine | |
gezielte Verfolgung drohen, damit eine Person subsidiären Schutz erhält. Es | |
genügt, wenn ernsthafter Schaden droht. Dabei geht es vor allem um die | |
Gefahr, als Zivilist*in Opfer eines Kriegs zu werden, gefoltert zu | |
werden oder zum Tode verurteilt zu werden. Das trifft auf praktisch jede | |
geflüchtete Person aus Syrien und Afghanistan zu. Ein Blankoscheck ist der | |
subsidiäre Schutz dadurch aber nicht. Jeder Antrag wird einzeln geprüft. | |
## „Demontage zivilisatorischer Errungenschaften.“ | |
Von den rund 135.000 Personen, die letztes Jahr in Deutschland Schutz | |
erhielten, fielen rund 71.000 – also über die Hälfte – unter subsidiären | |
Schutz. Rund 43.000 bekamen Asyl oder Schutz nach der Genfer | |
Flüchtlingskonvention, etwa 21.000 ein Abschiebeverbot. | |
Die Vorstöße, den subsidiären Schutz abzuschaffen, stießen am Mittwoch auf | |
Kritik. Der asylpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Hakan Demir sagte der | |
taz: „Menschen, die vor Folter, unmenschlicher oder erniedrigender | |
Behandlung oder Bürgerkrieg fliehen, brauchen Schutz.“ Dafür gebe es in | |
Deutschland den subsidiären Schutz: „Ich wüsste nicht, wie wir das ändern | |
sollten, ohne unsere Werte zu leugnen.“ | |
Die fluchtpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, | |
sprach von einem „weiteren schamlosen Angriff auf elementare Rechte | |
geflüchteter Menschen“ und der „Demontage zivilisatorischer | |
Errungenschaften.“ Der FDP gehe es darum, „das gesellschaftliche Klima noch | |
weiter nach rechts zu verschieben“, so Bünger zur taz. | |
Wiebke Judith, Rechts-Expertin bei Pro Asyl, nannte die Debatte eine | |
„überflüssige und gefährliche Diskussion“, mit der Stimmung gegen | |
Geflüchtete gemacht werde. „Der subsidiäre Schutz wurde entwickelt, weil | |
bestimmte Personen zwar nicht die Kriterien für Flüchtlingsschutz erfüllen, | |
eine Abschiebung aber buchstäblich Lebensgefahr oder Folter bedeuten | |
würde,“ sagte Judith der taz. Sollte der subsidiäre Schutz abgeschafft | |
werden, würden ohnehin Abschiebeverbote greifen. Im Ergebnis würde sich | |
lediglich der rechtliche Status der Geflüchteten verschlechtern. „Das macht | |
Integration noch schwieriger, da hat niemand etwas von.“ | |
12 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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