Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Abschiebungen nach Afghanistan: Fahrlässige Symbolpolitik
> Geht es nach der Union, sollen Straftäter nach Afghanistan abgeschoben
> werden. Statt der Straftäter werden so Kriegsverbrecher resozialisiert.
Bild: Die neuen Freunde der Union: Ein Taliban kontrolliert den Straßenverkehr
Heute ist Weltflüchtlingstag und es kommen Meldungen wie diese: Im
vergangenen Jahr sind weltweit rund 3,4 Millionen Menschen neu vertrieben
worden, berichtet die Hilfsorganisation Oxfam. Der Hauptgrund: die sich
weiter verschärfende Klimakrise. Am schlimmsten betroffen seien Teile
Ostafrikas und Länder in Süd- und Ostasien gewesen. Zugleich habe sich die
Zahl der hungernden Menschen in einigen Ländern fast verdreifacht.
Solche Nachrichten müssen alarmieren, sie fordern Antworten, zumal sich die
Lage weiter verschärfen wird. Der heutige Tag wäre eine gute Gelegenheit,
sich Gedanken über substanzielle [1][Lösungen] eines immer drängenderen
globalen Problems zu machen. Doch hierzulande beschäftigt die Politik
anderes.
Deutschlands Innenminister und Ministerpräsidenten kommen dieser Tage
zusammen. Es geht um die Migrationspolitik, doch diskutiert wird, wie so
oft, die reflexartige Reaktion auf das desaströse Abschneiden der
Ampelparteien und den Teilerfolg der AfD bei den Europawahlen, also: mehr
Härte gegen Flüchtlinge, auf dass der Zuspruch für die Rechtsextremen
schwinde. Unter anderem soll es nun wieder Abschiebungen nach Afghanistan
geben.
Die hatte der damalige Innenminister Horst Seehofer (CSU) [2][im August
2021 ausgesetzt], nachdem die islamistischen Taliban die Herrschaft in dem
Land übernommen hatten – ein Regime, das zu verhindern der Westen einen
Krieg mit unzähligen Toten geführt hatte. Es sei „weder für die
Rückzuführenden noch für die Begleitkräfte und die Flugzeugbesatzung“
verantwortbar, Straftäter nach Afghanistan abzuschieben, hatte Seehofer
damals geschrieben.
## Union will Zugeständnisse an Islamisten
Nun soll das anders sein, und auch Abschiebungen nach Syrien werden jetzt
wieder gefordert. Dabei ist die Gruppe der dafür überhaupt infrage
kommenden Straftäter nur sehr klein, der moralische Schaden aber ist umso
größer.
Denn geht es [3][nach der Union], soll für die Abschiebungen mit den
Taliban kooperiert werden. Die Rücknahme wird man ihnen mit Zugeständnissen
schmackhaft machen müssen. Genauso hatte vor einigen Jahren schon der
sudanesische Diktator und Kriegsverbrecher Omar al Baschir einen Weg aus
der internationalen Ächtung herausgefunden.
Für ein bisschen Symbolpolitik wird so der Rest der Welt in seinem Eindruck
bestärkt, dass Europa gern von Menschenrechten spricht, solange es ihm in
den Kram passt. Das ist keine gute Voraussetzung, um dem erstarkenden
globalen Autoritarismus als überlegene Alternative entgegenzutreten. Und es
zeugt von einer fahrlässigen Ignoranz gegenüber den echten Problemen.
20 Jun 2024
## LINKS
[1] /Angebot-fuer-Gefluechtete-in-Berlin/!6011031
[2] /Abschiebung-von-Straftaetern/!6017064
[3] /Streit-um-Schutz-fuer-Gefluechtete/!6013529
## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
Ampel-Koalition
Migration
GNS
CDU/CSU
Ministerpräsidenten
Innenministerkonferenz
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Afghanistan
Gefährder
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
## ARTIKEL ZUM THEMA
Afghanistan-Konferenz in Doha: Taliban-Gespräche ohne Afghaninnen
Weil die afghanischen Taliban auf internationale Anerkennung hoffen, nahmen
sie erstmals an einem von der UNO organisierten Treffen in Doha teil.
Hilfe für gefährdete Afghan:innen: Temperierte Humanität
Im Bundesaufnahmeprogramm sind in eineinhalb Jahren nur etwa 530 gefährdete
Afghan:innen nach Deutschland eingereist. Knapp 50.000 könnten kommen.
Abschiebungen nach Syrien: Gefahr für die syrische Gesellschaft
Auf der Innenministerkonferenz werden Abschiebungen nach Syrien gefordert.
Straftäter kommen so straffrei davon und gefährden die Bevölkerung vor Ort.
Bund-Länder-Beratungen zu Migration: Prüfen, immer weiter prüfen
Kanzler Scholz will Asylverfahren im Ausland weiter ausloten. Die Länder
einigen sich, Bargeldabhebungen für Geflüchtete auf 50 Euro zu begrenzen.
Angebot für Geflüchtete in Berlin: Sprachkurs, Praktikum – Job?
In einem Spezialkurs in Spandau lernen junge Geflüchtete Deutsch – und
alles für den Berufseinstieg. Sorgen und Probleme bremsen aber einige aus.
Abschiebung von Straftätern: Wie einst Horst Seehofer
Straffällig gewordene Geflüchtete zurück nach Afghanistan? Der
Untersuchungsausschuss zum Debakel am Hindukusch beschert ein Déjà-vu.
Streit um Schutz für Geflüchtete: Nächste Runde in der Asyldebatte
Markus Söder und Christian Dürr fordern, subsidiären Schutz für Geflüchtete
abzuschaffen. Warum das kritisiert wird – und nix ändern würde.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.