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# taz.de -- Mobilitätsforscherin über Hyperloop: „Müssen in Transportkette…
> Wird der Hyperloop lange Flüge und Bahnreisen ersetzen? Ein Gespräch mit
> Birgit Milius über Forschung, Visionen und Scheitern.
Bild: Unser Transportmittel der Zukunft?
wochentaz: Frau Milius, in den Niederlanden wurde Ende März eine 420 Meter
lange [1][Hyperloop]-Teststrecke eröffnet. Ist das ein erster Schritt zu
einer neuen Form der Mobilität?
Birgit Milius: Der Hyperloop ist erst mal ein Forschungsprojekt, Forschung
sollte immer in einem gewissen Rahmen frei sein. Man muss neue Wege
ausprobieren und schauen, was funktioniert, was nicht und woran das liegt.
Diese kurze Teststrecke kann natürlich nur ein erster Schritt sein. Ob sich
das Vakuumkonzept des Hyperloops mal bewährt, weiß ich nicht, aber man
lernt ganz sicher etwas, beispielsweise zum Betrieb, den Einsatzbereichen
oder grundsätzlichen Transportanforderungen. Ich sage meinen Studierenden
und Mitarbeitern immer, dass Forschungsprojekte auch scheitern dürfen. Man
lernt ja trotzdem viel.
Falls das Hyperloop-Konzept nie umgesetzt wird, was können wir davon für
den [2][Bahnverkehr] lernen?
Nur weil etwas heute scheitert, kann es trotzdem in zwanzig Jahren noch
umgesetzt werden. Seit den 1970er Jahren kommt etwa immer wieder die Idee
von autonomen Kleinfahrzeugen auf Schienen hoch, vielleicht sind wir jetzt
soweit, es endlich umsetzen zu können. Die technische Entwicklung scheint
es möglich zu machen.
Es gab auch noch ein Konzept, wo in der Hyperloop-Röhre Autos bewegt werden
sollten. Ist die Idee vielversprechend, normale Autos so auf Teilstrecken
automatisiert fahren zu lassen?
Quasi wie bei einem Autoreisezug? Den gibt es ja bereits. Neu wäre in einer
Hyperloop-Röhre höchstens die Geschwindigkeit. Die Menschen beschäftigen
sich schon lange mit neuen Verkehrskonzepten. Es gibt schon aus den 1930er
Jahren Comics zu Verkehrssystemen der Zukunft. Airbus hat mal einen
Werbefilm zu einem Pod-System produziert, also vielfältig einsetzbaren
Kapseln. Man konnte sie an Hubschrauber hängen, in einen Zug einbinden oder
als Auto fahren. Ich finde diese Überlegungen total spannend, egal wie
umsetzbar sie im Moment scheinen.
Elon Musk hat mal gesagt, dass der Hyperloop eine fünfte Verkehrsart werden
kann, zusätzlich zu Luft, Straße, Wasser und Schiene. Sehen Sie das auch
so?
Letztendlich ist der Hyperloop auch eine Art von guided transport, also
eine Art der Schiene. Als fünfte Art würde ich das nicht bezeichnen. Die
Frage ist für mich, welche Nische im Verkehrsangebot der Hyperloop besser
abdecken kann, als wir es mit den heutigen Systemen tun.
Könnte der Hyperloop eine [3][Alternative zu Flügen] zwischen drei und
sechs Stunden sein?
Von der Geschwindigkeit ja. Inwieweit dies jedoch aus wirtschaftlichen oder
umwelttechnischen Gründen erstrebenswert ist, muss man anhand konkreter
Beispiele untersuchen. Auch die Bahn kann auf der Mittelstrecke punkten,
besonders wenn es gelingt, das Angebot auszuweiten. Da müssen wir aber an
der Infrastruktur arbeiten. Und die Vernetzung der Bahnsysteme in Europa
ist ausbaufähig, etwa beim Kauf von grenzüberschreitenden Tickets. Das muss
viel einfacher werden, damit Züge öfter eine praktikable Lösung sind.
Nachtzüge zeigen aber, dass die Probleme lösbar sind. Man steigt abends in
Hannover ein und morgens in Mailand aus. Die Züge sind zwar noch ziemlich
langsam, aber auch ziemlich großartig.
Wer schnell sein will, muss also weiterhin fliegen?
Ehrlich? Kurzfristig ja. Mittelfristig kann aber auch der Zug eine
attraktive Lösung sein, wenn wir die aktuellen Herausforderungen gelöst
bekommen. Für den Flugverkehr wird es zunehmend entscheidend sein, ob es
gelingt, umweltgerechter zu werden. Gelingt das nicht, ergibt sich hier
vielleicht ein Anwendungsbereich für den Hyperloop.
Wenn Sie unabhängig vom Hyperloop über zukunftsfähige Mobilität nachdenken,
was wären da Ihre Wünsche und Vorstellungen?
Wir müssen vermehrt in Transportketten denken, vom Start bis zum Ziel. Gute
Angebote werden hier immer eine Kombination verschiedener Verkehrsmittel
sein, vom Fahrrad und Pkw bis Bahn oder Flug. Im Bahnbereich sehe ich vor
allem das Thema Reaktivierungen von Bahnstrecken im Fokus, wenn wir eine
energieeffiziente Erschließung der Fläche außerhalb der Städte und
Ballungsräume gewährleisten wollen. Außerdem müssen wir den Verkehr und die
Siedlungsstruktur zusammen denken.
Wie könnte das aussehen?
Aktuell weisen wir Siedlungsgebiete aus und überlegen dann, wie wir sie an
den Nahverkehr anbinden. Für schienengebundenen Verkehr ist es dann oft zu
spät. In einem Forschungsprojekt haben wir das mal umgekehrt gedacht. Wir
haben geschaut, wo es bereits aktive oder stillgelegte Bahnstrecken gibt
und im zweiten Schritt, wo wir entlang dieser Strecke attraktive
Siedlungsgebiete ausweisen können. Es gibt viel Potenzial, wenn man
Verkehrs- und Siedlungspolitik aufeinander abstimmt.
Für kurze Strecken in der Stadt ist der Hyperloop wohl nichts, verraten Sie
mir trotzdem eine neue Idee für den Stadtverkehr?
Eine kleine Idee: In Ballungszentren plant man, Buslinien ohne festen
Fahrplan fahren zu lassen, weil dieser gerade zu Stoßzeiten sowieso kaum
eingehalten werden kann. Das Angebot wird so dicht, dass man einfach
losgehen und sich darauf verlassen kann, dass ein Fahrzeug kommt.
Grundsätzlich müssen wir Stadtverkehr neu denken, wenn die Stadt lebenswert
und klimagerecht sein soll: Wie wollen wir den öffentlichen Raum nutzen,
wie kann Fuß-, Rad- und Autoverkehr besser und sicherer vereinigt werden?
Und neben dem Personenverkehr: Wie bekommen wir Güter zuverlässig und
klimagerecht in die Stadt und in die Haushalte?
Wenn Sie in dreißig Jahren von Berlin bis nach Lissabon reisen müssen, mit
welchem Verkehrsmittel würden Sie die Strecke am liebsten zurücklegen?
Wenn ich in dreißig Jahren im Ruhestand bin und Zeit habe, würde ich mit
der Bahn fahren. Von Berlin nach Lissabon geht es durch viele verschiedene
Landschaften, das ist eine abwechslungsreiche Reise und vor allem: Man kann
beliebig oft zwischendurch aussteigen. Ich wünsche mir aber auch, dass es
emissionsarmen, klimafreundlichen Luftverkehr gibt, weil dieser auch in
dreißig Jahren in vielen Fällen noch schneller als die Bahn sein wird. Und
ich finde Reisen wichtig, um andere Menschen, Kulturen kennenlernen zu
können, Erfahrungen zu teilen, voneinander zu lernen.
Heute dauert die Reise nach Lissabon [4][mit dem Zug] zwei bis drei Tage.
Wie schnell, glauben Sie, könnte das im Jahr 2054 möglich sein?
Ich wünsche mir, dass es in unter 24 Stunden geht.
19 May 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Yannik Achternbosch
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