| # taz.de -- Otterschutz in Bayern: Er ist einfach nicht totzukriegen | |
| > Markus Söder will den Bestand des streng geschützten Fischotters | |
| > dezimieren. Doch vor Gericht hat das Tier bis jetzt noch die besseren | |
| > Karten. | |
| Bild: Posse um possierliche Tiere: Der Otter gehört zu Deutschland, auch wenn … | |
| München taz | Der, um den es eigentlich ging, erschien mal wieder nicht vor | |
| Gericht. Was schade ist. Denn die Anwesenheit eines possierlichen | |
| Fischotters hätte nicht nur die Fotografen gefreut, sondern den Termin vor | |
| dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof auch sonst ungemein aufgewertet. | |
| Einen Termin, bei dem sich nicht wenige hinterher fragten, wozu dieser nun | |
| gut gewesen sein soll. Ob da nicht der Freistaat allzu sorglos mit dem Geld | |
| seiner Bürgerinnen und Bürger umgegangen ist. | |
| Aber jetzt mal schön der Reihe nach, was bedeutet, dass wir noch mal ein | |
| Jahr zurückgehen müssen: Man schrieb also das Jahr 2023, und es begab sich | |
| zu dieser Zeit, dass die Bayern aufgerufen waren, einen neuen Landtag zu | |
| wählen, und die Politikerinnen und Politiker folglich begannen, um ihre | |
| Gunst und Stimmen zu buhlen. Einer derer, die ganz besonders | |
| leidenschaftlich wahlkämpften, war Markus Söder, CSU-Chef und | |
| Ministerpräsident des Freistaats. Als [1][schlimmsten Gegner hatte er die | |
| Grünen ausgemacht. Und den Bären]. Und den Wolf. Und – genau! – den | |
| Fischotter. | |
| Denn alle drei sind – um die Sache der Verständlichkeit halber ein klein | |
| wenig zu vereinfachen – ja letztlich auch nichts anderes als Grüne. | |
| Zumindest wenn man, wie manche es tun, unter Grün all das subsumiert, was | |
| bayerischen [2][Landwirten den Angstschweiß auf die Stirn treibt und daher | |
| aufs Ärgste bekämpft werden muss]. Und deshalb stand dann ganz schnell | |
| Söder auf dem Plan, der noch stärker als früher darauf bedacht war, die | |
| Bauernschaft zu umschmeicheln, als er merkte, dass diese eine gewisse | |
| Anfälligkeit für die Parolen eines gewissen [3][Hubert Aiwanger, | |
| Freie-Wähler-Chef und stellvertretender Ministerpräsident,] entwickeln. | |
| ## Mehr Fischer als Christsoziale | |
| Und so wurden eiligst [4][Regelungen auf den Weg gebracht, mit der die | |
| Staatsregierung den in CSU- und Freie-Wähler-Kreisen wenig geschätzten | |
| Mitgliedern der bayerischen Fauna den Garaus machen] wollte. Entnahme | |
| lautet der offizielle Terminus hierfür und bedeutet nichts anderes als: | |
| Abschuss. Auch wenn die hier möglicherweise insinuierten Kausalitäten | |
| freilich völlig spekulativ sind, blieben speziell in Sachen Otter am Ende | |
| zwei Verordnungen, die wenige Wochen vor dem Wahltag in Kraft traten. | |
| Nicht zu unterschätzen ist dabei, dass die Beutetiere des Fischotters wie | |
| etwa der Karpfen über eine beachtliche Lobby verfügen: Mit 141.000 | |
| Mitgliedern, so rechnete jüngst der Münchner Merkur vor, sei der | |
| Landesfischereiverband größer als die CSU. | |
| Diese Verordnungen erlaubten, dass in Niederbayern und der Oberpfalz mit | |
| Ausnahme des Landkreises Neumarkt eine gewisse Anzahl Fischotter zum Schutz | |
| der Teichwirtschaft hätten getötet werden dürfen. Wie viele genau, das | |
| sollte die Landesanstalt für Landwirtschaft festlegen. Nach nicht näher | |
| bestimmten Kriterien kam diese Behörde dann auf die Zahl 32. | |
| Doch dann [5][rettete der Verwaltungsgerichtshof im November mittels einer | |
| Eilentscheidung jenen 32 Tieren das Leben]. Die Begründung: Zum einen hätte | |
| die Regierung auch den Bund Naturschutz anhören müssen. Zum anderen sei die | |
| Entscheidung, wie viele Tiere getötet werden könnten, zu wichtig, als dass | |
| der Verordnungsgeber sie einfach auf eine Behörde abwälzen könne. Geklagt | |
| hatten Bund Naturschutz, Deutsche Umwelthilfe und die Aktion | |
| Fischotterschutz. | |
| ## Die Hoffnung ist leise | |
| Nach der Eilentscheidung wollte sich der Verwaltungsgerichtshof nun am | |
| Montagnachmittag im Hauptsacheverfahren mit der Causa Otter befassen. | |
| Wollte sich etwa anhören, was die Vertreter des Freistaats für Argumente | |
| aufzubieten hätten, um die Eilentscheidung des Gerichts zu entkräften. So | |
| konnte man auf der Richterbank auch eine gewisse Irritation nicht | |
| verhehlen, als ebenjener Freistaat nur von einem Oberlandesanwalt vertreten | |
| wurde, der zudem noch ankündigte, sich nicht inhaltlich einzulassen. | |
| Es sei bereits eine neue Verordnung mit verändertem Inhalt in der Mache, | |
| argumentierte der Oberlandesanwalt. Als nächster Schritt stehe die | |
| Verbändebeteiligung an. Man sei zu Gesprächen jederzeit bereit, | |
| signalisierten daraufhin die Klagevertreter. Während sich Peter Rottner, | |
| Landesgeschäftsführer des Bund Naturschutz, nur einer sehr leisen Hoffnung | |
| hingeben wollte, dass solche Gespräche im Sinne des Fischotters zielführend | |
| sein könnten, und eine erneute Klage durchaus für möglich hielt, gab sich | |
| Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, | |
| doch immerhin verhalten optimistisch: Die Chance für eine für alle Seiten | |
| befriedigende Lösung stünden jetzt deutlich besser als vor der Wahl. | |
| Die Frage allerdings, warum dieser Prozesstag nun nötig gewesen sei, blieb | |
| der Oberlandesanwalt schuldig. Sie verstehe nicht, sagte denn auch die | |
| vorsitzende Richterin, warum man die alte Verordnung nicht vorher hätte | |
| aufheben können, wenn die Regierung ohnehin dabei sei, sie zu ersetzen. | |
| 30 Apr 2024 | |
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| [4] https://www.stmelf.bayern.de/service/presse/pm/2023/verordnung-zur-leichter… | |
| [5] /Soeder-und-die-Wildtiere/!5977387 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominik Baur | |
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