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# taz.de -- Konflikte in Ostfriesland: Ein Tierarzt auf Anti-Nabu-Mission
> In Ostfriesland knöpft sich der Tierarzt und Aktivist Hansjörg Heeren mal
> wieder den Nabu vor. Dieses Mal geht es um ein Vogelschutzgebiet.
Bild: Den Nachwuchs im Blick: Kiebitz mit einem Jungen
Hannover taz | Man kann nicht sagen, dass Hansjörg Heeren, Tierarzt aus
Ihlow in Ostfriesland, ein großer Influencer ist. [1][Sein Youtube-Kanal]
hat gerade einmal 169 Abonnenten. Die Videos tragen Titel wie „Nabu
Naturmurks statt Naturschutz“, „Nabu und Landkreis Aurich zerstören unsere
Natur“ oder „Baumterror im Vogelschutzgebiet“. Interessant sind sie aber,
weil Heeren lokal für einigen Wirbel sorgt.
Er und der „Friesische Verband für Naturschutz“ (FVN), den er mitgegründet
hat und dem er vorsteht, haben zum Beispiel eine Anti-Wolfs-Demo in Aurich
organisiert, zu der immerhin 3.000 Menschen kamen.
Damit und mit den „Mahnfeuern“, die sie an verschiedenen Stellen entzündet
haben, hat er es jüngst auch [2][in eine NDR-Dokumentation] geschafft. Im
vergangenen Jahr brachten Hinweise von ihm und seinen Mitstreitern ein
großes [3][Weideprojekt des Nabus in Leer zu Fall].
Jetzt hat er im Landkreis Aurich ein neues Objekt gefunden, dass seinen
Zorn erregt: Das Vogelschutzgebiet V09 „Ostfriesische Meere“. Oder genauer
gesagt: Die Maßnahmen, die dort ergriffen werden.
## Mit Treckergespannen gegen Rodungen
Man muss sich das allerdings ein wenig zusammen reimen, denn in Heerens
Videos fehlen ein paar wesentliche Hintergrundinformationen. Dafür zeigen
sie sehr schön, wie diese Art von Polemik funktioniert. Los geht das mit
einem Video vom 12. Januar: „Baumterror im Vogelschutzgebiet: Nabu & LK
Aurich vs. FVN“ heißt es.
„Baumtod im Morgengrauen“ ist das erste Bild unterschrieben. Darin filmt
sich Heeren, wie er zusammen mit mehreren Mitstreitern und mindestens zwei
Treckergespannen als „Baumeingreiftruppe“ am frühen Morgen ausrückt und
mehrere Feldwege bei Bedekaspel blockiert.
Irgendwann nähert sich ein weiterer Trecker, ein Mann steigt aus, fragt auf
Platt, was sie denn da machen und ob sie ihn wohl mal durchlassen würden.
Heeren stellt sich zunächst dumm: Ein Picknick sei das, so eine Art
Frühlingsfest, rein zufällig seien sie hier. Was er denn da wollte? Er habe
vom Landkreis die Erlaubnis erhalten, da hinten Bäume zu fällen und das
Holz zu entnehmen, erklärt der Mann.
Mitten im Vogelschutzgebiet, ereifert sich Heeren. Unglaublich sei das, wie
der Landkreis nicht nur die Umwelt zerstört, sondern auch noch Privatleute
seine Arbeit tun lässt. Und das alles in Zusammenarbeit mit dem Nabu und im
Auftrag des Nabu. Letztlich sei daran der Masterplan Ems schuld, der müsse
sofort gekündigt werden.
## Eine große Verschwörung und der Masterplan Ems
Nun sind daran eine ganze Reihe Dinge unklar: Was hat der Nabu mit den
Baumfällungen zu tun? Seit wann nimmt der Landkreis Anweisungen vom Nabu
entgegen? Was hat der Masterplan Ems mit dem Ganzen zu tun?
Heeren spart nie an starken Worten – in einem späteren Video spricht er
auch von einem „Massengrab“ für Bäume –, wohl aber an logischen
Erklärungen. Tatsächlich ist das Ganze ja auch ein bisschen kompliziert:
Die Baumfällungen sind Teil des Managementsplans für das Vogelschutzgebiet.
Sie hatten schon im Herbst 2022 ziemliches Aufsehen und Proteste
hervorgerufen, wie [4][die Nordwest-Zeitung damals berichtete.]
Das erschließt sich ja auch nicht so auf Anhieb: Bäume fällen um des
Naturschutzes willen. Erklärtes Ziel ist es, die früher einmal verbreitete
Meeden-Landschaft wieder herzustellen, die vielen bedrohten
Wiesenvogelarten Heimat bot.
Meeden sind weitläufige, flache, teils sumpfige Graslandschaften – eher
eine Art historische Kulturlandschaft als urwüchsige Natur, früher dienten
sie dem Heuanbau, zu viel mehr taugte der feuchte Boden auch nicht. Die
Gehölze sind vielfach erst in jüngerer Zeit entstanden, zum Beispiel in
aufgegebenen Bewässerungsgräben. Wiesenvögel meiden die Nähe solcher
Gehölze, weil sich darin Fressfeinde verbergen. Also müssen sie weg,
argumentieren Gutachter und Landschaftsplaner.
## Kaum Hintergrundwissen
Nun könnte man sicher über den Sinn oder Unsinn solcher Maßnahmen streiten
oder auch darum, ob bei den Rodungsarbeiten alles korrekt gelaufen ist. Der
Landkreis Aurich konnte dazu auf Anhieb nicht so richtig Auskunft geben.
Für eine sachliche Diskussion müsste man sich aber schon mit diesen
Hintergründen befassen.
Die erfährt man nur in Heerens Videos nicht, weil es ihm ja um etwas
anderes geht: Die da oben, die mal wieder alle unter einer Decke stecken.
Der Landkreis und der Nabu und irgendwie auch die Meyer-Werft.
Das glaubt Heeren, ist nämlich der wahre Hintergrund: Die Meyer-Werft
[5][mit ihren Emsausbaggerplänen] hat sich die Zustimmung des Nabu erkauft,
in dem man ihm Ausgleichsflächen zu schustert und der Landkreis macht mit.
Tatsächlich finden sich in diesem Vogelschutzgebiet auch Flächen, die vom
Nabu betreut werden und Ausgleichsflächen, die im Rahmen des Masterplans
Ems vereinbart wurden. Das sind aber nicht die Flächen, auf denen jetzt
diese Fällungen stattgefunden haben, versichert der Nabu.
Aber auch auf Nabu-Flächen ist Heeren fündig geworden: In einem weiteren
Video stiefelt er über eine Nabu-Wiese auf der Heuballen vor sich
hinrotten. Ja, [6][räumt der Nabu zerknirscht] ein, da hat der Abtransport
nicht mehr geklappt, weil die Böden zu nass waren.
Das ist allerdings ein Problem, mit dem gerade viele Landwirte zu kämpfen
haben. Aber die sind ja nicht im Visier von Dr. Heeren. Und der ist in der
Kommunalpolitik offenbar gut vernetzt: Über die Freien Wähler oder auch die
CDU gelangen seine Anwürfe schnell in die zuständigen Kreistage – bevor der
Nabu reagieren kann.
25 Feb 2024
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/@dr.hansjoergheeren5200/videos
[2] https://www.ardmediathek.de/video/ndr-story/politikum-wolf-schiessen-oder-s…
[3] /Tote-Rinder-und-Fohlen/!5965753
[4] https://www.nwzonline.de/landkreis-aurich/der-landkreis-aurich-hat-die-rodu…
[5] /Umweltverbaende-kritisieren-Ems-Vertiefung/!5906298
[6] /A26-Ost-in-Hamburg/!5987389
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Nabu
Niedersachsen
Tierhaltung
Naturschutz
Wolfsberater
Nabu
Naturschutz
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