# taz.de -- Forschungsstelle für Tierrecht in Bremen: Im Paragrafendschungel | |
> Die Forschungsstelle für Tier- und Tierschutzrecht an der Uni Bremen | |
> untersucht, welche Rechte Tiere haben und wie diese durchgesetzt werden | |
> können. | |
Bild: Würde von manchen am liebsten schnell abgeschossen: der Wolf. Hier ist e… | |
BREMEN taz | Abschuss, Fang oder Vergiftung: „wildLIFEcrime“ ist das neuste | |
Projekt der Forschungsstelle für Tier- und Tierschutzrecht an der Uni | |
Bremen. Es geht um Deutschlands und Österreichs große Beutegreifer wie | |
Wolf, Luchs und Bär, aber auch um Fischotter und Greifvögel, erklärt | |
Professor Sönke Gerhold, der die Forschungsstelle leitet. „Diese Arten sind | |
besonders betroffen von illegaler Nachstellung, weil einige Menschen | |
meinen, dass sie ihre [1][Interessen beeinträchtigen].“ Aufgeklärt, so | |
Gerhold, werden die Fälle kaum. | |
Die Motive hinter der sogenannten Wildtierkriminalität seien vielfältig, so | |
Gerhold. Mal gehe es um Trophäenjagd, mal um ganz konkrete Konflikte wie | |
die Angst, dass die Population des jagbaren Wildes abnimmt oder die Sorge | |
um eigene Weidetiere. | |
Aber auch Stellvertreterkonflikte, erklärt Gerhold, können Grund für die | |
illegale Tötung sein: „Manche ärgern sich über ein neues Umweltschutzgebiet | |
– und dieser Ärger wird dann auf gewisse Arten projiziert.“ Auch wer auf | |
seinem Land einen Windpark anlegen oder bauen will, so eine weitere These | |
aus der Kriminologie, kann Gründe haben, geschützten Tieren gegenüber | |
feindlich eingestellt zu sein. „Mit Blick auf den höheren Schutzstatus | |
besteht daher im Einzelfall gerade ein Anreiz, seltene Arten zu | |
vertreiben.“ | |
Die Forschungsstelle ist nur ein Partner des Projektes; viele Akteure sind | |
involviert wie der [2][WWF], verschiedene Polizeipräsidien, das BKA | |
Österreich oder der Verein Luchs Bayern e.V. Die Rolle der Bremer | |
Forscher*innen: „den rechtlichen Status quo zu beschreiben und der Frage | |
nachzugehen, ob und wo es Lücken gibt“. Im Bereich [3][Tierschutz], erklärt | |
Gerhold, können Völker-, Europa-, Bundes- und Landesrecht wirken – | |
reichlich Platz für Widersprüche also. | |
Zudem nehmen sich Gerhold und Johannes Aschermann, wissenschaftlicher | |
Mitarbeiter, alle Akten vor, die ihnen im Rahmen von Akteneinsichten zur | |
Verfügung gestellt werden können. „Wir schauen, woran es liegt, dass | |
Verfahren nicht mit einer Verurteilung enden. Möglich, dass es | |
Falschbezichtigungen gibt. Aber auch möglich, dass Vorwürfe nicht so ernst | |
genommen werden, nicht ermittelt wurde oder rechtliche Hemmnisse bestehen.“ | |
In der Forschungsstelle, die es jetzt seit zwei Jahren gibt, beschäftigen | |
Gerhold und sein Team sich auch mit Kriminalität gegen Nutz- oder | |
Heimtiere. Die Hauptaufgabe ist immer: das Recht, was Tiere betrifft, | |
aufzuarbeiten und darüber zu publizieren. „Damit Dritte es nachlesen | |
können“, sagt Gerhold. „Es gibt wenig Literatur, gleichzeitig ist das Recht | |
sehr komplex.“ | |
So beschäftigen sich die Mitarbeitenden derzeit auch mit der | |
[4][Anbindehaltung von Nutztieren]. Ein Verbot werde derzeit diskutiert, so | |
Gerhold. „Wir stellen uns die Frage: Ist das nicht schon lange verboten? | |
Man darf Tieren schließlich keine erheblichen Leiden zufügen.“ Die | |
Auslegung von vorhandenem Recht ist somit Kerngeschäft des Teams. | |
Gerhold, der an der Uni Bremen eine Professur für Straf-, Strafprozess-, | |
Strafvollzugs- und Medienrecht innehat, wollte sich schon in seiner | |
Dissertation und Habilitation mit dem Thema befassen – doch ihm wurde davon | |
abgeraten. „Meine Doktormutter hat gesagt, dass es keinen einzigen | |
Lehrstuhl auf dem Gebiet gibt, ich mich damit verqualifiziere und | |
gegebenenfalls nie Professor werde.“ | |
Gerhold hat ihren Rat angenommen und im Medienstrafrecht promoviert – | |
obwohl sein Interesse schon damals dem Tierschutzstrafrecht galt: „Es gibt | |
hier unglaublich viele offene Forschungsfragen.“ Vor zwei Jahren war dann | |
endlich Kapazität da, die Forschungsstelle zu gründen. Auch in seiner Lehre | |
greift Gerhold das Thema auf. „Wer wirklich Tierschutzrecht studieren will, | |
hat in Bremen die Chance auf regelmäßige Veranstaltungen dazu.“ | |
29 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Proteste-gegen-Schleppnetzverbot/!5923871 | |
[2] /WWF/!t5008292 | |
[3] /Tierschutz/!t5008147 | |
[4] /Gruenen-Vorstoss-gegen-Anbindehaltung/!5786779 | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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