# taz.de -- Anbindehaltung für Molkerei Ehrmann: Albtraum statt Alpentraum | |
> Tierrechtler werfen der Molkerei vor, Milch von angeketteten Kühen zu | |
> beziehen. Die bestätigt das, stellt das Problem aber als nicht so groß | |
> dar. | |
Bild: Viele Rinder dürfen nicht wie diese Kälber auf der Weide stehen | |
Berlin taz | In Werbefilmen der [1][Molkerei Ehrmann] stehen Kühe auf | |
grünen Weiden, mitten in einem Allgäuer Alpenidyll. Sie können sich dort | |
frei bewegen und gucken gutmütig in die Kamera. Wer die Bilder sieht, | |
könnte denken: So wird also die Milch zum Beispiel für Ehrmanns | |
Fruchtjoghurt der Marke „Almighurt“ erzeugt. | |
Doch ein [2][Video der Tierrechtsorganisation Aninova] zeigt ganz andere | |
Zustände: Dort sind Kühe zu sehen, die in Ställen mit Ketten und Bändern am | |
Hals fixiert sind, in der sogenannten Anbindehaltung. Die Ketten sind so | |
kurz, dass sie sich zwar hinlegen, aber nicht umdrehen oder im Stall | |
herumlaufen können. | |
„Bis zum Tod angebunden, ein Leben an der Kette – ich glaube, es gibt kaum | |
etwas Schlimmeres, was einem Tier angetan werden kann“, sagt Jan Peifer, | |
Vorstandsvorsitzender von Aninova. Die Aufnahmen stammen dem gemeinnützigen | |
Verein zufolge aus zwei Bauernhöfen, die Ehrmann mit Milch beliefern. | |
Die Bauern hätten ihm selbst erzählt, dass die Tiere das ganze Jahr über in | |
der Anbindehaltung leben würden und dass die Milch an Ehrmann gehe, | |
berichtet Peifer der taz. Von einer saftigen Alm wie in den Werbevideos | |
könnten die Kühe nur träumen. „Ehrmann, keiner kotzt mich mehr an“, | |
verballhornte Aninova am Ende seines Films den Firmenslogan „Ehrmann, | |
keiner macht mich mehr an“. | |
## Teilverbot der Anbindung soll in 10 Jahren kommen | |
Besondere Aufmerksamkeit haben die Aninova-Posts zu dem Fall erregt, weil | |
die Ampelkoalition gerade diskutiert, die ganzjährige Anbindehaltung in 10 | |
Jahren zu verbieten. Kleinere Höfe mit höchstens 50 über sechs Monate alten | |
Rindern dürfen die Tiere einem [3][Gesetzentwurf der Bundesregierung] | |
zufolge nur noch fixieren, wenn sie während der Weidesaison auf die Weide | |
und außerhalb dieser Zeit zwei Mal pro Woche Zugang zu einem Freigelände | |
haben. | |
2020 wurden nach einer Auswertung des bundeseigenen | |
Thünen-Agrarforschungsinstituts 10 Prozent aller Rinder im Stall fixiert, | |
etwa durch einen Metallrahmen oder einer Kette am Hals – und zwar meist das | |
ganze Jahr über. „Dies führt bei den betroffenen Tieren zu erheblichen | |
Schmerzen, Leiden und/oder Schäden“, so das Agrarministerium. | |
Die rund 28.300 Höfe mit dieser Haltungsform waren im Schnitt deutlich | |
kleiner als Betriebe mit Laufställen. Viele hätten wohl große | |
Schwierigkeiten, einen Laufstall zu finanzieren oder auf Weidehaltung | |
umzustellen. Das Ehrmann-Video könnte nun den öffentlichen Druck auf die | |
Ampelkoalition erhöhen, das Teilverbot der Anbindehaltung im Bundestag zu | |
beschließen. | |
Hat Ehrmann die Verbraucher getäuscht mit seiner Weidehaltungswerbung? Das | |
bayerische Unternehmen zog in einer Stellungnahme für die taz nicht in | |
Zweifel, dass die Aufnahmen von Zulieferbetrieben der Molkerei stammen und | |
dass diese Höfe die Kühe das ganze Jahr über fixieren. Ehrmann stellt das | |
Problem aber als nicht so groß dar: „Lediglich circa 5 Prozent unserer | |
konventionell erzeugten Milchmenge beziehen wir aus Betrieben mit | |
ganzjähriger Anbindehaltung“, schrieb die Firma der taz. | |
Auch auf Nachfrage ließ das Unternehmen bis Redaktionsschluss offen, | |
wieviele Kühe immer fixiert sind und wieviel möglicherweise nur einen Teil | |
des Jahres. Peifer ist sich auch nicht sicher, ob die Zahlen von Ehrmann | |
überhaupt stimmen. „Wenn es nur 5 Prozent wären, wieso trennt man sich dann | |
nicht davon?“, fragt der Tierrechtler. | |
24 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ehrmann.de/ | |
[2] https://aninova.org/aufdeckung/so-leiden-kuehe-fuer-ehrmann/ | |
[3] /Tierschutzgesetz-der-Ampelregierung/!6012635 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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