# taz.de -- Landesregierung im Jagdfieber: Bärenspuren auf bayerischem Boden | |
> Offenbar ist in Deutschland ein Braunbär unterwegs. Das stößt auf | |
> Skepsis. Markus Söder will aber erstmal den Wölfen und Fischottern an den | |
> Kragen. | |
Bild: Für Aufregung hatte 2006 „Problembär“ Bruno gesorgt, nun ist er im … | |
MÜNCHEN taz | Ein Glück, dass sich der Frühling im südlichen Bayern mal | |
wieder so zögerlich anstellt. Sonst wäre ein Besucher des Freistaats am | |
vergangenen Wochenende womöglich unentdeckt geblieben: Denn es waren Spuren | |
im Schnee, die auf die erneute Anwesenheit eines Braunbären in Bayern | |
hinwiesen. In den Landkreisen Miesbach und Rosenheim, unweit der Grenze zu | |
Tirol, wurden die sogenannten Trittsiegel dem Landesamt für Umwelt (LfU) | |
zufolge entdeckt. | |
Dass ein Bär durch bayerische Lande streift, kommt zwar immer mal wieder | |
vor, hat aber unter dem Eindruck des jüngst von der Bärin JJ4 im Trentino | |
getöteten Joggers ein besonderes Empörungspotenzial. | |
Die Bild-Zeitung etwa ersetzt die bisherige Vokabel des „Killer-Bären“ | |
inzwischen immer öfter durch „Blutrausch-Bär“ und titelt: „Angst vor | |
Blutrausch-Bär in Bayern“. Auch einen gut informierten Bergschafzüchter aus | |
Mittenwald lässt das Blatt zu Wort kommen. Der Mann befürchtet, dass sich | |
einige der überzähligen Bären aus dem Trentino in Bayern ansiedeln könnten. | |
„Für diese Wildnis-Romantik ist in der heutigen Zivilisation kein Platz!“ | |
Und: „Wenn der Mensch unter dem Tier steht, dann läuft was aus dem Ruder.“ | |
Die Tonlage scheint gesetzt, auch wenn [1][JJ4 am Montagabend eingefangen | |
und in ein Wildtiergehege gebracht] werden konnte. Dabei geht etwa das LfU | |
nicht davon aus, dass Bären in Bayern ansässig werden könnten. Angriffe auf | |
Menschen seien sehr selten – und trotzdem ist die Skepsis gegenüber den | |
ungebetenen Grenzgängern groß. | |
## Bärenbesuche in Deutschland meist unspektakulär | |
Zuletzt wurde die Anwesenheit eines Braunbären in Bayern im Sommer 2022 | |
nachgewiesen. Dieser war damals in den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen | |
und Bad Tölz-Wolfratshausen unterwegs. Die nächste Bärenpopulation mit rund | |
hundert Tieren befindet sich im Trentino, etwa 120 km von Bayern entfernt. | |
Junge Männchen jedoch, so das Landesamt, legten auf der Suche nach einer | |
Partnerin zum Teil große Strecken zurück, was auch die Abstecher nach | |
Deutschland erklärt. | |
In der Regel laufen diese Besuche äußerst unspektakulär ab. Für wirkliche | |
Aufregung hatte zuletzt 2006 der berühmte „Problembär“ Bruno gesorgt, der | |
in Bayern Dutzende Schafe und Ziegen gerissen haben und auch in Ställe | |
eingedrungen sein soll. Nach einer wochenlangen Jagd wurde er im Gebiet des | |
Spitzingsees im Landkreis Miesbach erschossen. Bruno war der Bruder der | |
Bärin JJ4. | |
Für politische Profilierung jedenfalls taugen Raubtiere jederzeit. Nachdem | |
die [2][Freien Wähler unter Hubert Aiwanger], Junior-Partner der CSU in der | |
bayerischen Staatsregierung, sich seit langem dafür stark machen, Bären und | |
Wölfe zum Abschuss freizugeben, nimmt sich nun auch Markus Söder des Themas | |
an. | |
## Regierung in Bayern will Jagd erleichtern | |
„Für uns ist der Wolf im Alpenraum, aber auch in der Rhön, von zunehmender | |
Herausforderung“, sagte Söder, „nicht nur für den Bereich der Nutztiere, | |
sondern auch ganz besonders für die Menschen. Die Sorgen sind enorm groß.“ | |
Für seine Partei stehe der Mensch im Alpenraum an allererster Stelle, | |
erklärte der CSU-Chef weiter. | |
Am Dienstag folgte ein entsprechender Kabinettsbeschluss, der den Abschuss | |
von Wölfen erleichtern soll. Er enthielt auch die erleichterte Entnahme von | |
Fischottern – und stieß umgehend auf Protest von Naturschützern: „Wolf und | |
Fischotter sind als gefährdete Arten sowohl durch die europäische als auch | |
durch die deutschen Richtlinien geschützt – darüber kann sich auch ein Herr | |
Söder oder Herr Aiwanger nicht einfach so hinwegsetzen“, schimpfte Richard | |
Mergner, der Landesvorsitzende des BUND. „Der Ministerpräsident und sein | |
Wirtschaftsminister ignorieren hier einfach rechtliche Grundlagen, das ist | |
keine seriöse politische Sacharbeit.“ | |
In den vergangenen Jahren wurden in Bayern immer wieder Nutztiere von | |
Wölfen gerissen. Der Annahme, dass der [3][Wolf eine große Gefahr für den | |
Menschen] darstellen könnte, widerspricht etwa das im staatlichen Auftrag | |
tätige LfU: Seit der erneuten Anwesenheit von Wölfen in Deutschland habe es | |
keinen Angriff auf Menschen durch Wölfe gegeben. In ganz Europa seien in | |
den letzten 50 Jahren neun Menschen tödlichen Angriffen eines Wolfes zum | |
Opfer gefallen, fünf davon durch tollwütige Tiere. „Zum Vergleich: In | |
Deutschland starben 2007 bis 2009 durch Insektenstiche 45 Menschen, seit | |
1989 gab es 40 Todesfälle durch Hunde“, so die Zahlen des LfU. | |
19 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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