# taz.de -- Proteste in Georgien: Festnahmen und Gewalt | |
> Ein „Agenten-Gesetz“ nach russischem Vorbild treibt tausende | |
> Georgier*innen auf die Straße. Die Polizei greift brutal durch. | |
Bild: Im Polizeigriff: Festnahme eines prowestlichen Demonstranten in Tiflis am… | |
BERLIN taz | Sie lassen nicht locker: Seit Montag versammeln sich Tausende | |
Demonstrant*innen mit Landes- und EU-Flaggen vor dem Parlamentsgebäude | |
im Zentrum der georgischen Hauptstadt Tbilissi. Auf Plakaten ist zu lesen: | |
„Nein zu Russland, ja zu Europa!“ und „Ihr seid die Regierung, aber wir | |
haben die Macht!“. | |
Der Grund für [1][die Proteste], die auch am Mittwoch weiter gingen, ist | |
das so genannte „Agenten-Gesetz“ [2][nach russischem Vorbild], über das | |
derzeit in der Volksvertretung debattiert wird. Am Mittwoch stimmten 83 | |
Abgeordnete in erster Lesung dafür, Gegenstimmen gab es keine. Vier | |
Vertreter*innen der Opposition waren des Saales verwiesen worden, | |
andere freiwillig gegangen. Dem Gesetz zufolge müssen sich | |
Nichtregierungsorganisationen und Medien, die zu mehr als 20 Prozent aus | |
dem Ausland finanziert werden, künftig als „Vertreter ausländischer | |
Interessen“ registrieren lassen. | |
Der Fraktionschef der Regierungspartei „Georgischer Traum“ (KO) Mamuka | |
Mdinaradze hatte den Vorstoß Anfang April mit der Notwendigkeit begründet, | |
mehr Transparenz im zivilen Sektor schaffen zu wollen. Organisationen, die | |
Mittel aus dem Ausland erhielten, seien eine Quelle für Radikalisierung und | |
Polarisierung in Georgien, so Mdinaradze. Kritiker*innen des Gesetzes | |
sehen darin jedoch ein Einfallstor, um die Zivilgesellschaft zu knebeln und | |
letztendlich kalt zu stellen, wie es in Russland schon lange geschieht. | |
Bereits im März vergangenen Jahres hatte die KO ein „Gesetz über die | |
Transparenz von ausländischem Einfluss“ ins Parlament eingebracht. | |
[3][Infolge von Massenprotesten], die teilweise in gewaltsame Zusammenstöße | |
ausarteten, musste sie das Vorhaben jedoch fallen lassen. | |
## Zweiter Versuch | |
Dieser „Sieg“ der Opposition war mit ein Grund dafür, dass die | |
Südkaukasusrepublik [4][im vergangenen Dezember den von vielen | |
Georger*innen mit Ungeduld erwarteten Status eines | |
EU-Beitrittskandidaten] erhielt. Doch das ficht die KO nicht an. Jetzt und | |
damit sechs Monate vor den Parlamentswahlen nimmt sie erneut Anlauf, um das | |
„Agenten-Gesetz“ durchzuboxen. | |
Bereits am Montag waren Polizeikräfte mit Pfefferspray, Tränengas und | |
Wasserwerfern gegen die Protestierenden vorgegangen, 14 Personen wurden | |
festgenommen, weitere elf am Dienstag.Georgischen Medien zufolge seien | |
mehrere Journalist*innen verletzt worden. | |
Einem Bericht des Nachrichtenportals oc-media zufolge sei der | |
Generalsekretär der Oppositionspartei, Lelo Irakli Kupradze, massiv | |
geschlagen worden. Parlamentspräsident Schalva Papuaschwili warf den | |
Demonstrant*innen Gewalttätigkeit vor. Gewalt sei für sie zu einem | |
Instrument geworden, um ihr politisches Ziel zu erreichen. | |
Auch namhafte Sportler meldeten sich in der Angelegenheit zu Wort. Jaba | |
Kankawa, Kapitän der Georgischen Fußballnationalmannschaft (das Team ist | |
für die diesjährige Europameisterschaft qualifiziert; Anm. d. Redaktion) | |
postete die Worte „Russland, f*ck dich!“ mit der georgischen und der | |
EU-Flagge im Hintergrund. | |
## Zukunft in Europa | |
Mixed-Martial-Arts-Sportler Ilia Topuria schrieb auf Social Media: „Es ist | |
schmerzhaft zu sehen, wie die Spezialeinheiten die Demonstranten schlagen. | |
Es ist wichtig, dass die Stimme des georgischen Volkes gehört und | |
respektiert wird. Schade, dass das georgische Volk immer noch dafür kämpfen | |
muss.“ | |
Dazu sind viele Menschen in Georgien offensichtlich nach wie vor bereit. | |
Denn vor allem Vertreter*innen der jüngeren Generation sehen ihre | |
Zukunft in Europa. Doch diese europäische Zukunft gerät jetzt zunehmend in | |
Gefahr. Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, sagte, das | |
„Agenten-Gesetz“ stehe im Widerspruch zu Georgiens EU-Ambitionen. Der | |
Beitrittsprozess werde beeinträchtigt und Tbilissi entferne sich von der | |
EU. | |
17 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Erneute-Proteste-in-Georgien/!6001831 | |
[2] /Zustand-der-russischen-Zivilgesellschaft/!5992577 | |
[3] /Massive-Proteste-in-Georgien/!5917471 | |
[4] /EU-Gipfel-in-Bruessel/!5976273 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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