# taz.de -- Georgien bekämpft NGOs und „Propaganda“: Ausländische Agenten… | |
> Die Regierungspartei Georgischer Traum will erneut ein Gesetz gegen | |
> Nichtregierungsorganisationen durchdrücken. Die Opposition droht mit | |
> Protesten. | |
Bild: Die Opposition will weiter gegen das „Agenten“-Gesetz kämpfen | |
BERLIN taz | Georgiens Regierungspartei Georgischer Traum (KO) wetzt die | |
Messer und das knapp sieben Monate vor den Parlamentswahlen: Am Mittwoch | |
kündigte der Fraktionschef der KO, Mamuka Mdinaradze, an, erneut einen | |
Gesetzesentwurf über „ausländische Agenten“ einbringen zu wollen. Dieser | |
werde derselbe wie im vergangenen Jahr sein. Aus dem Ausland finanzierte | |
Organisationen würden nunmehr jedoch als Vertreter der Interessen eines | |
ausländischen Staates bezeichnet. In der vorherigen Version war noch von | |
Agenten ausländischen Einflusses die Rede gewesen. | |
Seinen Auftritt hatte Mdinaradze [1][mit einer Breitseite gegen die | |
georgische Zivilgesellschaft eröffnet]. Der sogenannte zivile Sektor sei | |
der intransparenteste Bereich in Georgien, Geldgeber der Zivilgesellschaft | |
finanzierten Extremismus. Einige Organisationen, die neben radikalen | |
oppositionellen Parteien Mittel aus dem Ausland erhielten, seien ein Risiko | |
für eine Radikalisierung und blieben eine Quelle der Polarisierung in | |
Georgien. Das Gesetz sehe für die Organisationen einen jährlichen | |
Finanzbericht vor. Zuwiderhandlungen würden mit Finanzsanktionen bestraft. | |
Laut Mdinaradze sollen alle drei Lesungen des Gesetzes bis Ende Juni über | |
die Bühne gehen. | |
Offensichtlich weist das Kurzzeitgedächtnis von Mdinaradze und seinen | |
Parteigenoss*innen einige Lücken auf. Im März vergangenen Jahres hatte | |
die KO erstmals ein „Gesetz über die Transparenz von ausländischem | |
Einfluss“ eingebracht. Gemeinsamkeiten mit einer russischen Vorschrift von | |
2012 sind nicht zu übersehen. Diese wurde seitdem mehrmals verschärft und | |
hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die russische Zivilgesellschaft so | |
gut wie tot ist. | |
Ängste in der georgischen Zivilgesellschaft und den Oppositionsparteien vor | |
einer ähnlichen Entwicklung trieben in Tbilissi und anderen Städten | |
Tausende gegen das Gesetz auf die Straße – trotz des Einsatzes von | |
Tränengas, Pfefferspray und Wasserwerfern auf Seiten der Polizei. | |
## Vorhaben fallen gelassen | |
Wenige Tage später ließ die Regierung das Vorhaben fallen. Dieser Erfolg | |
der Regierungskritiker*innen dürfte wohl auch bei der Entscheidung | |
der EU, der Südkaukasusrepublik im Dezember 2023 den Status eines | |
Beitrittskandidaten zuzuerkennen, eine Rolle gespielt haben. | |
Doch offensichtlich hat die Regierung gegenüber Brüssel in den Kampfmodus | |
umgeschaltet. [2][Im März kündigte die KO ein Anti-LGBTQ+-Gesetz nebst | |
entsprechenden Verfassungsänderungen an]. Demnach soll jegliche | |
Queer-„Propaganda“ künftig genauso unter Strafe stehen, wie öffentliche | |
Kundgebungen oder Veröffentlichungen, die für gleichgeschlechtliche Familie | |
oder intime Beziehungen werben. Geschlechtsangleichungen sollen nicht mehr | |
möglich sein. In dieser Woche legte die KO nach: Sie wolle Änderungen des | |
Wahlrechts unterstützen, wonach für Wahllisten von Parteien keine | |
Geschlechterquoten mehr gelten sollen. | |
Was das „Agenten“-Gesetz angeht, rüstet sich die Opposition für neue | |
Auseinandersetzungen. „Wir dürfen dieses Gesetz nicht akzeptieren. Ich rufe | |
alle, die wollen, dass dieses Land Teil Europas wird, auf, sich zu rüsten | |
und auf große Unruhen und Konflikte vorzubereiten“, zitiert das | |
Nachrichtenportal Jam.news den Politiker Aleko Elisaschwili von der | |
oppositionellen Bürgerpartei. „Dieses russische Gesetz sollte nicht in | |
Georgien verabschiedet werden.“ | |
4 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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