# taz.de -- NGOs in Georgien: „Agentengesetz“ vor Gericht | |
> Georgiens Staatschefin Surabischwili und Teile der Opposition wollen vor | |
> dem Verfassungsgericht klagen. Erst einmal geht es darum, Zeit zu | |
> gewinnen. | |
Bild: Will eine Klage einreichen: Georgiens Staatschefin Salome Surabischwili | |
Berlin taz | In Georgien gehen die Auseinandersetzungen um das sogenannte | |
Agentengesetz in die nächste Runde. Dieses Mal werden sie mit juristischen | |
Mitteln ausgefochten. Staatspräsidentin Salome Surabischwili und Teile der | |
parlamentarischen Opposition kündigten an, das Gesetz vor dem | |
Verfassungsgericht anzufechten. Entsprechende Klagen sollen Ende Juli | |
eingereicht werden. Zur Begründung hieß es, die Vorschrift widerspreche | |
Artikel 78 des georgischen Grundgesetzes. | |
Besagter Artikel über die Integration der Südkaukasusrepublik in die | |
Europäische Union und die euroatlantischen Strukturen war 2017 ergänzt | |
worden. Die Verfassungsorgane müssten alle in ihrer Macht stehenden | |
Maßnahmen ergreifen, um die vollständige Integration Georgiens in die EU | |
und die Nato sicherzustellen, heißt es in dem Zusatz. Georgien hatte im | |
vergangenen Dezember den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten. | |
„Es ist sehr gut, dass die Präsidentin diesen Prozess einleitet. Jedoch ist | |
es wichtig, dass kein Teil dieses Gesetzes unangefochten bleibt, denn es | |
lässt für niemanden in diesem Land Raum für Freiheit“, sagte die | |
Abgeordnete Tamar Kordzaia von der Oppositionsplattform „Einheit“. Ein | |
weiterer wichtiger Aspekt sei, die Anwendung eines temporären Mechanismus | |
zu fordern, der die Aussetzung der Wirkung des Gesetzes bis zu einer | |
endgültigen Entscheidung vorsehe. Daher sei es erforderlich, dass der | |
Verfassungsgerichtshof zügig zusammentrete und über die Aussetzung des | |
Gesetzes berate, so Kordzaia weiter. | |
Sie will eine eigene Klage einreichen. Auch mehrere | |
Nichtregierungsorganisationen wollen das höchste Gericht Georgiens sowie | |
den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg mit | |
dieser Causa befassen. | |
## Veto überstimmt | |
Das „Gesetz über die Transparenz ausländischen Einflusses“, das stark an | |
eine ähnliche Vorschrift in Russland erinnert, hatte die Regierungspartei | |
Georgischer Traum (KO) initiiert. Nichtregierungsorganisationen und Medien, | |
die zu mehr als 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, müssen sich | |
als „Vertreter ausländischer Interessen“ registrieren lassen. | |
Trotz [1][wochenlanger Massenproteste] sowie entsprechender Warnungen | |
seitens der westlichen Partner Georgiens passierte das Gesetz am 28. Mai | |
2024 in letzter Lesung das Parlament. Ein [2][Veto von Staatschefin | |
Surabischwili] wurde überstimmt. Als Reaktion setzte die EU Zahlungen in | |
Höhe von 30 Millionen Euro für Militärhilfen aus dem Fonds Europäische | |
Friedensfazilität (EPF) aus. Brüsseler Finanzhilfen, die bislang zu großen | |
Teilen direkt an die Haushaltskasse der Regierung gingen, sollen gekürzt | |
werden. | |
Laut eines Berichts der EU-Kommission, den das Webportal jam.news zitiert, | |
haben georgische Regierungsinstitutionen zwischen 2019 und 2024 von Brüssel | |
Zuwendungen in Höhe von 517 Millionen Euro erhalten – elf Mal mehr, als die | |
Mittel, die an den zivilgesellschaftlichen Sektor gingen. Diese beliefen | |
sich im gleichen Zeitraum lediglich auf 46,1 Millionen Euro. | |
Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des US-Repräsentantenhauses | |
verabschiedete den „Megobari Act“. Dieser sieht Sanktionen gegen georgische | |
Regierungsbeamte vor, die an der Verabschiedung des „Agentengesetzes“ | |
beteiligt waren. Gleichzeitig stellt das Gesetz jedoch verstärkte | |
Unterstützung für Georgien in Aussicht, sollte das Land seinen | |
demokratischen, westlich orientierten Kurs stärken. | |
16 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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