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# taz.de -- Tarif-Einigung zwischen Bahn und GDL: Es lohnt sich, zu kämpfen
> Weniger Arbeit für mehr Geld – der neue Tarifvertrag ist ein wahrer
> Erfolg für die GDL. Davon sollten sich andere Gewerkschaften ein
> Scheibchen abschneiden.
Bild: Claus Weselsky, Vorsitzender der GDL, spricht bei einer Pressekonferenz �…
Nein, eine Liebesbeziehung wird das nicht mehr. Claus Weselsky und Martin
Seiler traten am Dienstag getrennt vor die Presse, um ungestört von dem
anderen ihre jeweilige Sicht auf [1][den endlich erreichten Kompromiss] zu
vermitteln. Aber das ist auch völlig egal. Der Bahn- und der
Gewerkschaftsvorstand müssen sich nicht mögen. Es reicht, wenn sie es
schaffen, sich auf gute Ergebnisse zu verständigen. Und das ist nun nach
einer von beiden Seiten heftig geführten und von bösen Tönen begleiteten
Tarifauseinandersetzung, die stolze fünf Monate und sechs Streikrunden
gedauert hat, doch noch gelungen.
Für die Lokführer:innen und die Zugbegleiter:innen hat sich ihr
Arbeitskampf gelohnt. Der Einstieg in die 35-Stunden-Woche ist gelungen, ab
2029 wird sie für die Schichtarbeiter:innen zur Regelarbeitszeit – und
zwar ohne Lohnverlust. Das ist ohne jeden Zweifel ein riesiger Erfolg.
Zumal es lange so aussah, als sei die Deutsche Bahn zu keinerlei
Arbeitszeitverkürzung zu bewegen, weil sie sich mit der größeren Eisenbahn-
und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ja auch bloß auf eine Gehaltserhöhung
verständigt hatte. Nun ist es der GDL gelungen, dieses Dogma zu
durchbrechen. Dass sie auch noch eine zusätzliche Lohnsteigerung um
insgesamt 420 Euro brutto pro Monat rausgeholt hat, sollte der EVG zu
denken geben, die sich mit nur 410 Euro zufriedengegeben hatte – ohne
Arbeitszeitverkürzung. Es bringt etwas, sich nicht unterkriegen zu lassen
und zu kämpfen, lautet die Botschaft des GDL-Abschlusses.
Dass nun die Deutsche Bahn so tut, als hätte sie der GDL unheimlich viel
abgerungen, weil der Tarifabschluss auch Abweichungen von der
Regelarbeitszeit nach oben bis zu einer 40-Stunden-Woche zulässt, dann soll
das der Gesichtswahrung dienen, ist jedoch lächerlich. Wenn Bahnmanager
Seiler indessen davon schwärmt, dies gebe den Beschäftigten „den
individuellen Freiraum, sich für das zu entscheiden, das am besten zu ihnen
und ihrer Lebensphase passt“, dann stimmt das zwar – aber zur Wahrheit
gehört, dass die GDL keineswegs eine „stumpfe Arbeitszeitverkürzung“
gefordert hatte, „die allen zwangsweise übergestülpt wird“, wie Seiler
insinuiert.
Tatsächlich hat die GDL genau das Modell, das sie jetzt mit der Deutschen
Bahn vereinbart hat, bereits zuvor mit 29 kleineren Verkehrsunternehmen
abgeschlossen. Diese Flexibilität musste ihr also nicht mehr abgerungen
werden. Entscheidend war für die GDL vielmehr das Ziel der 35 Stunden pro
Woche als Regelarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich – wovon auch diejenigen
etwas haben, die länger arbeiten wollen, weil sich der Arbeitgeber das
etwas kosten lassen muss.
Die Kund:innen der Deutschen Bahn können aufatmen: In den kommenden knapp
zwei Jahren werden die Züge nur noch wegen Sonne, Wind, Regen, Schnee und
der [2][zahlreichen Großbaustellen] verspätet kommen oder ausfallen, nicht
mehr wegen eines Streiks der GDL. Der Bahnvorstand sollte sich allerdings
schon ein paar Gedanken machen, was er mit seiner allzu lang an den Tag
gelegten Hartleibigkeit in dieser [3][Tarifauseinandersetzung] den
Reisenden zugemutet hat. Auf ihrem Rücken eine renitente Gewerkschaft
kleinkriegen zu wollen, war keine gute Idee. Zum Glück ist sie erfolglos
geblieben.
26 Mar 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Pascal Beucker
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