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# taz.de -- Debatte um Streikrecht: Liberale Bankrotterklärung
> Die FDP fordert die Einschränkung des Streikrechts. Damit wird mal wieder
> klar, wessen Freiheit sie verteidigt.
Bild: Wegen ihm wollen Konservative und Liberale das Streikrecht einschränken
[1][Claus Weselsky hat in den vergangenen Wochen mal wieder die Gemüter
erhitzt]. Während seine Lokführergewerkschaft GDL in den vergangenen Wochen
sechsmal die Deutsche Bahn bestreikte, wurde er zur Zielscheibe des Hasses.
Das dürfte sich zwar diese Woche wieder etwas ändern, die Gemüter sich
etwas beruhigen, weil Konzern und GDL sich an den Verhandlungstisch setzen
– und womöglich eine Einigung erzielen. Arbeitgeberlobbyist*innen
und konservative bis liberale Politiker*innen hält das jedoch nicht
davon ab, die GDL als Vorwand für Forderungen nach einer Einschränkung des
Streikrechts zu nutzen.
Vor allem FDP-Politiker*innen stimmten jüngst in diesen Chor mit ein.
FDP-Generalsekretär [2][Bijan Djir-Sarai spricht von einer „maßlosen
Streikgier“], die etwa mittels verpflichtender Schlichtungen, klarer
Streikfristen und der Möglichkeit, Verhandlungsführer auszutauschen,
künftig unterbunden werden müsse. Zuvor sprach FDP-Verkehrsminister Volker
Wissing davon, dass die Prüfung einer „Anpassung“ des Streikrechts
notwendig sei.
Dass DGB-Chefin Yasmin Fahimi solche Forderungen entschieden zurückweist,
ist richtig und wichtig. Eine Verschärfung des Streikrechts bedeutet die
Einschränkung der Freiheit aller Beschäftigten, in einer kollektiven
Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber notfalls auch die Arbeit
niederzulegen. Zudem ist das deutsche Streikrecht ohnehin schon relativ
streng. Politische Streiks sind zum Beispiel verboten.
## Wo sind die Freiheitswerte?
Für die FDP ist der Ruf nach einer Einschränkung des Streikrechts in
Anbetracht ihrer Grundwerte eine Bankrotterklärung. Schließlich geriert sie
sich gern als Verteidigerin der liberalen Freiheitswerte. „Die Freiheit des
Einzelnen ist Grund und Grenze liberaler Politik“, beginnt sie ihr
aktuelles Grundsatzprogramm. Doch nun wollen wichtige FDP-Vertreter ein
grundlegendes Recht von 42 Millionen Personen in diesem Land weiter
einschränken – das passt nicht zusammen.
Auch wenn die GDL-Streiks in den vergangenen Wochen lästig waren und viele
Menschen in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkten, waren sie ein legitimer
Teil des Arbeitskampfs. Streiks müssen wehtun, damit sie ein verlässliches
Mittel der Beschäftigten zur Durchsetzung ihrer Interessen sind. Wer sich
trotzdem über die Bahn-Streiks beschwert, sollte sich fragen, warum die FDP
nicht an die Konzernchefs der Deutschen Bahn appelliert hat, auf die
Forderungen der GDL einzugehen. Dass FDP-Politiker*innen stattdessen eine
Einschränkung des Streikrechts fordern, zeigt, auf wessen Seite sie stehen
und wessen Freiheit sie verteidigen. Die der Beschäftigten ist es nicht.
17 Mar 2024
## LINKS
[1] /Der-gnadenlose-GDL-Chef/!5995982
[2] /FDP-will-Streikrecht-beschneiden/!5998609
## AUTOREN
Simon Poelchau
## TAGS
GDL
Streikrecht
FDP
GNS
Schwerpunkt Bahnstreik
Schienenverkehr
Deutsche Bahn
Kolumne Materie
Schwerpunkt Bahnstreik
Kolumne Der rote Faden
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