Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wahlkampfstart in Europa: Von der Leyen nimmt's nicht so genau
> In Brüssel ist der Europawahlkampf eröffnet. Kommissionschefin von der
> Leyen setzt auf eine zweite Amtszeit. Doch es gibt bereits mächtig Ärger.
Bild: In Brüssel hat der Wahlkampf begonnen, auch für Ursula von der Leyen
Brüssel taz | In Brüssel hat der Europawahlkampf mit einem Paukenschlag
begonnen. Zwei Personalentscheidungen, die die deutsche
[1][EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU)] mit Blick auf die
Wahl im Juni getroffen hat, sorgen für Streit. Entscheidung Nummer eins:
Ein Parteifreund von der Leyens, der CDU-Politiker Markus Pieper, wurde zum
Beauftragten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ernannt. Dagegen
begehren gleich vier EU-Kommissare auf.
Entscheidung Nummer zwei: Von der Leyens Kabinettschef Björn Seibert soll
ihren Wahlkampf leiten und dafür [2][in die Parteizentrale der EVP]
wechseln. Das ist jedoch nur schwer mit den Neutralitätsregeln der EU zu
vereinbaren. Darin heißt es, dass Kommissare, die am Europawahlkampf
teilnehmen, „keine personellen oder materiellen Ressourcen der Kommission
für Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf in Anspruch nehmen“
dürfen.
Deshalb werde Seibert für die Zeit des Wahlkampfs von seiner Tätigkeit in
der EU-Kommission beurlaubt, kündigte Behördensprecher Eric Mamer an. Bis
zur Wahl werde er das Kommissionsgebäude nicht mehr betreten, man halte
sich an die internen „guidelines“. Von außen sieht die Sache allerdings
anders aus. Denn Seibert, über dessen Tisch alle wichtigen Dossiers seiner
Chefin gehen – vom Green Deal bis zu den Russland-Sanktionen – dürfte sein
Wissen und seine Kontakte nicht vergessen, wenn er für die EVP arbeitet.
Zudem will Seibert sofort nach der Wahl in sein altes Amt zurückkehren. Die
Entscheidung, ob von der Leyen eine zweite Amtszeit erhält, fällt jedoch
erst danach. Die Trennung von Amt und Wahlkampf wird unscharf, der Stempel
der EVP – und der dort tonangebenden CDU – hinterlässt Spuren. Die Grünen
sehen das mit Sorge. „Die Regeln sind eindeutig: In den Wahlkampf von Frau
von der Leyen dürfen keine EU-Ressourcen fließen. Also auch kein Personal“,
sagte der auf Ethik-Fragen spezialisierte grüne Europaabgeordnete Daniel
Freund. „Es ist absolut richtig, dass ihr Team jetzt in den unbezahlten
Wahlkampf-Urlaub geht.“
## Selbst im eigenen Hause herrschen Zweifel
Doch genau daran gibt es Zweifel. Selbst wenn Seibert nun eine Brandmauer
einzieht, von der Leyen will auch im Wahlkampf ihren Job als
Kommissionschefin weiterführen. Dass sie dabei sehr selbstbewusst –
Kritiker sprechen von Selbstherrlichkeit – vorgeht, zeigt der zweite
Streitfall. In Anspielung an [3][das „Pfizergate“], die bis heute nicht
aufgeklärte Affäre um milliardenschwere Impfstoff-Bestellungen beim
US-Konzern Pfizer, wurde er „Piepergate“ getauft.
Es geht um die Frage, ob von der Leyen den früheren EU-Abgeordneten Pieper
zu Recht zum KMU-Beauftragten ernannt hat. Zwei Gegenkandidatinnen wären
genauso qualifiziert gewesen, heißt es in Brüssel, zudem habe es Druck aus
der CDU in Nordrhein-Westfalen gegeben. Von der Leyen bestreitet das.
Doch selbst im eigenen Hause glauben ihr nicht mehr alle. Die vier
EU-Kommissare Thierry Breton, Nicolas Schmit, Paolo Gentiloni sowie der
EU-Außenbeauftragte Josep Borrell haben sich von der Nominierung
distanziert. Das Kollegium müsse „gemeinsam über eine Antwort auf die
Vorwürfe und über Auswirkungen auf die nächsten Schritte im
Einstellungsverfahren beraten“, fordern sie.
Auch die Grünen machen Druck: Sie wollen das Verfahren neu aufrollen. Am
Dienstagabend könnte es im Europaparlament zum Showdown kommen. Dann wollen
die Grünen den Streit im Plenum ansprechen. Der Wahlkampf ist also
eröffnet. [4][Und von der Leyen] ist bereits zu Beginn in die Defensive
geraten.
8 Apr 2024
## LINKS
[1] /Ursula-Von-der-Leyen-bei-der-Europawahl/!5996956
[2] /Europa-Programm-der-Union/!5994739
[3] /Corona-Impfstoff-in-der-EU/!5980861
[4] /CDU-waehlt-EU-Spitzenkandidatin/!5990416
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Schwerpunkt Europawahl
Ursula von der Leyen
Europäische Kommission
EVP
Schwerpunkt Europawahl
Schwerpunkt #metoo
Schwerpunkt Europawahl
Schwerpunkt Europawahl
EVP
Ursula von der Leyen
Ursula von der Leyen
Schwerpunkt Europawahl
Schwerpunkt Europawahl
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kompetent versenkt: Vom Scheitern des Green Deal
Das ambitionierte Klima-Projekt der EU-Kommissionschefin Ursula von der
Leyen wurde von der Realität eingeholt. Um nachzujustieren, fehlt das Geld.
Grünen-Spitzenkandidatin Terry Reintke: „Nicht um jeden Preis“
Nach der Wahl am 9. Juni wollen die Grünen in eine Koalition mit Ursula von
der Leyen. Welche Kompromisse macht Spitzenkandidatin Terry Reintke dafür?
Fragwürdiger Impfstoff-Deal: Pfizergate vor Gericht
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen soll per SMS einen Impfstoff-Deal
eingefädelt haben. Am Freitag verhandelt ein belgisches Gericht über den
Fall.
Die EU vor der Europawahl 2024: Moralisch-demokratisches Korrektiv
Die EU steht unter anderem wegen ihrer Flüchtlingspolitik in der Kritik. Zu
Recht. Und doch ginge es ohne die EU vielfach brutaler und ungehemmter zu.
Kritik am Auswahlverfahren für EU-Posten: Schlappe für von der Leyen
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen wollte CDU-Politiker Pieper als
neuen Mittelstandsbeauftragten installieren. Doch es gab Widerstand in
Brüssel.
Klage wegen Ungarn-Hilfen: Ringen um Geld und Rechtsstaat
Das EU-Parlament verklagt die Kommission wegen der Freigabe von Geldern für
Ungarn. Für Chefin von der Leyen und die EVP kommt die Klage zur Unzeit.
Kritik an Ungarn-Geldern: Von der Leyen muss mit Klage rechnen
Hat sich EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen von Ungarn erpressen
lassen, um der Ukraine zu helfen? Das EU-Parlament will Klarheit und klagt.
Europa-Programm der Union: Mit klar konservativer Handschrift
CDU und CSU beschließen ihr Programm für die Europawahl. Sie fordern
Aufrüstung, Asylrechtsverschärfungen und wirtschaftsfreundliche
Klimapolitik.
Ursula Von der Leyen bei der Europawahl: EVP setzt auf „Queen of Europe“
Europas Konservative und Christdemokraten ziehen mit Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen an der Spitze in die Europawahl Anfang Juni.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.