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# taz.de -- Debatte um Bürgergeld: Grummeln im Sozialflügel der CDU
> Die CSU will die Abschaffung des Bürgergelds zum zentralen Punkt von
> Koalitionsverhandlungen machen. Aus der Schwesterpartei kommt Kritik.
Bild: Gitta Connemann von der Mittelstandunion macht ein Selfie mit Carsten Lin…
Berlin taz | Die CSU will die [1][Abschaffung des Bürgergelds] zu einem
zentralen Punkt in Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl im
kommenden Jahr machen. „Die Bürgergeld-Rückabwicklung ist zwingend
notwendig und wird ein wichtiger Teil des Bundestagswahlkampfs“, sagte
Alexander Dobrindt, Landesgruppenchef der CSU. Und weiter: Er sei sicher,
dass eine neue Regierung, an der die Union beteiligt sein werde, „zu der
Erkenntnis kommt, dass diese Rückabwicklung umgesetzt werden muss“. Das ist
wohl als Bedingung an künftige Koalitionspartner zu verstehen.
Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU, hatte sich am Montag bei der
Präsentation des Konzepts noch vorsichtiger ausgedrückt. Dass Konzept sei
„CDU pur“, sagte er und verzichtete auf rote Linien. Dafür hat er auch
guten Grund.
SPD und Grüne, von denen die Union, will sie zurück an die Macht, wohl
zumindest einen als Koalitionspartner brauchen wird, hatten die Pläne der
CDU umgehend scharf kritisiert. „Der Union fällt nie etwas anderes ein als
[2][Angriffe auf den Sozialstaat]“, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil.
Grünen-Chefin Ricarda Lang formulierte es ähnlich: „Dass die Union auf
soziale Kälte setzt, ist nicht neu, aber bleibt falsch.“ Zuspruch gab es
von der FDP – mit der allein für die Union wohl keine Regierungsbildung
möglich sein wird. Mittlerweile ging zumindest der sozialpolitische
Sprecher der FDP im Bundestag, Pascal Kober, [3][auf Distanz zu den Plänen
der Union].
Die CDU will das Bürgergeld in seiner heutigen Form abschaffen und durch
eine „neue Grundsicherung“ ersetzen, die Teil einer „Agenda 2030“ werden
solle. Sogenannte Totalverweigerer, die die Annahme einer zumutbaren Arbeit
ablehnen, sollen keine Zahlungen mehr bekommen. „Wer arbeiten kann, muss
auch arbeiten“, betonte Linnemann. Alle verfügbaren Kräfte würden auf dem
Arbeitsmarkt dringend benötigt. Der Begriff des Bürgergelds suggeriere,
dass die Bürger darauf einen Anspruch hätten, das aber sei falsch. Der
Staat müsse für die sorgen, die es wirklich nötig hätten.
## Zweifel zwischen den Zeilen
Karl-Josef Laumann, Sozialminister in NRW und Vorsitzender des
Sozialflügels der CDU, der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft
(CDA), hatte am Montag die Pläne mitgetragen. „Der Sozialstaat bestand
immer auf einem guten Verhältnis von Solidarität und Eigenverantwortung“,
sagte Laumann, der bei der Pressekonferenz neben Linnemann stand, auch die
Chefin der Mittelstandsunion war dabei. „Das Bürgergeld ist zu sehr
ausgeschlagen in Solidarität und zu wenig in Eigenverantwortung“, sagte
Laumann.
Wer ihn genau beobachtete, konnte aber vermuten, dass er wohl nicht ganz
glücklich ist mit dem Papier. So viele Totalverweigerer gebe es ja gar
nicht, schob Laumann zum Beispiel ein. Er gilt bei dem Bundesparteitag im
Mai als einer der Kandidaten für einen der Posten als
Vize-Bundesvorsitzender.
Deutlicher wurden am Dienstag zwei von Laumanns CDA-Stellvertretern.
„Kritik an den Totalverweigerern ist berechtigt, darf aber nicht im Zentrum
stehen“, sagte der Europaabgeordnete Dennis Radtke der taz. „Dass 20
Prozent der Bürgergeld-Empfänger Aufstocker sind, findet sich leider nicht
in dem Papier. Dazu müssen wir uns aber positionieren.“ Die Union müsse
Anwalt dieser Menschen sein, die besonders unter der Inflation litten. „Die
hart arbeitende Bäckereifachverkäuferin in Wattenscheid hat keinen Euro
mehr, weil es Kürzungen bei den Totalverweigerern gibt“, so Radtke weiter.
„Um diese Gruppe muss sich die CDU aber kümmern.“
Christian Bäumler, ebenfalls CDA-Vize, ging noch weiter. Eine vollständige
und dauerhafte Streichung der Grundsicherung sei mit dem christlichen
Menschenbild nicht vereinbar, sagte Bäumler im SWR. „Wir dürfen in einem
Land wie Deutschland niemanden verhungern oder obdachlos werden lassen.“
20 Mar 2024
## LINKS
[1] /Sozialstaat-in-Deutschland/!5998779
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[3] /Buergergeld-Forderungen-der-CDU/!5999417
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
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Sozialpolitik
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