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# taz.de -- Solidarisches Bündnis gegen Rechts: „Wir lassen uns nicht verhei…
> Wie lässt sich die AfD in Brandenburg noch aufhalten? Im Interview
> erzählen Peps Gutsche und Tomke Bohnsdorf über Antifaschismus in der
> Provinz.
Bild: Die Provinz steht auf: Anti-AfD-Proteste auf einer Kundgebung in Lehnin i…
taz: Tomke Bohnsdorf, mit eurem neu gegründeten „Solidarischen Bündnis
gegen rechts“ sammelt ihr Geld für Brandenburger Antifas und unterstützt
bei Aktionen im Berliner Umland. Wie kamt ihr auf die Idee?
Tomke Bohnsdorf: Es stehen in [1][Brandenburg Landtagswahlen im September
an,] es gibt diesen riesigen gesellschaftlichen Rechtsruck. Es gibt in
Berlin eine Fülle an Strukturen und Ressourcen, die aber gerade keine
koordinierte Antwort darauf haben. Es geht darum, Kräfte zu bündeln und
sich besser zu vernetzen mit den Brandenburger Strukturen, damit man die
Genoss:innen nicht alleine im Regen stehen lässt. Die AfD ist kein
Brandenburger Problem, sondern ein deutsches. Ein Wahlerfolg würde der
Normalisierung der AfD massiv Vorschub leisten. Dem müssen wir uns alle
entgegenstellen.
Wie sieht diese Unterstützung konkret aus?
Bohnsdorf: Es geht darum, eine gute Vernetzung zu haben mit den Leuten vor
Ort, weil die wissen am besten, welche Strategien greifen. Die haben schon
viel ausprobiert, verworfen, gemerkt, was funktioniert und was nicht. Wir
wollen Ressourcen und Infrastrukturen bereitstellen oder vielleicht auch
mal eine Aufgabe übernehmen, für die die Genoss:innen vor Ort gerade
keine Zeit haben. Und es ist in Berlin einfach viel leichter, an Ressourcen
wie Geld zu kommen. Ob ich in einer Kleinstadt eine Soliparty organisiere
oder hier, was am Ende dabei herumkommt, ist ein großer Unterschied.
Es geht also weniger darum, mit einer Gruppe anderer Berliner:innen im
Schwarzen Block durch brandenburgische Kleinstädte zu ziehen, Pyros
abzufackeln und „Siamo Tutti Antifascisti“ zu rufen?
Bohnsdorf: Wir wollen die Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholen,
nach dem Schema, irgendwelche Klugscheißer aus Berlin kommen nach
Brandenburg und machen eine Demo, die nicht abgesprochen ist. Am Ende
dürfen die lokalen Strukturen das ausbaden, weil die sich unbeliebt gemacht
haben bei der sogenannten bürgerlichen Mitte. Es geht darum, sich zu
vernetzen, Wissen und Analysen auszutauschen und daraus eine gute Strategie
zu machen. Und vor allen Dingen innerhalb Berlins Leute zu mobilisieren,
die erst jetzt den Ernst der Lage begriffen haben.
Wie unterscheidet sich antifaschistische Arbeit in der Großstadt und in der
Provinz? Peps Gutsche, Sie sind in Strausberg, einer Kleinstadt am
nordöstlichen Rand Berlins, aktiv und arbeiten dort unter anderem bei der
Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt.
Peps Gutsche: Die Unmittelbarkeit ist ein großer Unterschied. Alle kennen
sich, und ich begegne in meinem Alltagsleben ständig Leuten, gegen die sich
meine politische Arbeit richtet. Beispielsweise [2][einer der Mörder von
Hans-Georg Jakobson, einem der Todesopfer rechter Gewalt in den 90er
Jahren, derer wir hier in Strausberg jedes Jahr gedenken], wohnt hier noch.
Ich begegne dem oft. Das ist einfach eine sehr bizarre Situation. Das
bedeutet aber auch, dass man selber viel unmittelbarer mit Leuten
zusammenarbeitet. In der Großstadt suche ich mir vielleicht aus, mit wem
ich Sachen mache. Hier gibt es weniger, dafür aber sehr engagierte Leute.
Es gab ja Anfang des Jahres, ausgelöst durch die Correctiv-Enthüllungen,
eine riesige Protestwelle gegen die AfD. In Berlin demonstrierten
hunderttausende Menschen. Wie viel ist da in Brandenburg angekommen?
Gutsche: Tatsächlich viel. Zumindest bei uns im Landkreis Märkisch
Oderland. Im Januar haben wir eine große Kundgebung in Strausberg gemacht,
bei der fast 2.000 Personen aus dem gesamten Landkreis anwesend waren. Und
auch im Nachhinein haben sich auch an den jeweiligen Orten immer wieder
kleinere Kundgebungen, Demonstrationen oder auch Lichterketten abgespielt.
Das Schöne war, dass diejenigen, die schon seit vielen Jahren im Landkreis
aktiv sind, durch diese Veranstaltungen gestärkt worden sind und
gleichzeitig viele neue Personen hinzugekommen sind.
Unter dem Label „Kein Acker der AfD“ organisiert ihr seit einigen Jahren
Gegenproteste zu AfD-Veranstaltungen. Welche Strategien und Taktiken nutzt
ihr, um der AfD Paroli zu bieten?
Gutsche: Rechte Räume sind ein wichtiger Knotenpunkt für Mobilisierung und
Agitation. Wir wollen sagen: [3][Auch im ländlichen Raum wird sich der AfD
entgegengestellt]. Wir haben Grundsätze festgelegt, in welchen Fällen wir
Gegenproteste organisieren: Wenn Parteiprominenz von der AfD kommt oder
wenn es vor Ort Menschen gibt, die aktiv sagen: Wir wollen, dass es hier
auch mal Gegenproteste gibt. Das ist eine Strategie, die stark auf eine
Langfristigkeit ausgerichtet ist. Wir wollen uns ja auch von der AfD nicht
verheizen lassen. Die Anzahl an Bürgerdialogen, Austauschrunden und
Stammtischen, die die AfD bei uns im Landkreis organisiert, ist massiv
gestiegen. Wenn wir gegen jede einzelne Veranstaltung Gegenproteste
organisieren, dann machen wir das nicht lange.
Warum sind Gegenproteste so wichtig?
Gutsche: Wir wollen der Normalisierung dieser rechten Partei
entgegenwirken. Da ist ein sicht- und hörbarer Protest eine sehr einfache
Form dafür. Langfristig gesehen sind Straßenproteste nicht die einzige
Strategie, sondern die Kämpfe gegen die AfD müssen an vielen Stellen und
unterschiedlichen Formen laufen. Was die Erfahrungen der letzten Wochen
zeigen, ist, dass Straßenproteste eine Möglichkeit sind, neue
Mitstreiter:innen zu gewinnen.
Es wird ja nicht nur im September der Landtag gewählt, sondern im Mai
stehen auch die Kommunalwahlen an. Wie blickt ihr denn persönlich auf die
bevorstehenden Wahlen?
Bohnsdorf: Egal wie sich das am Ende ausgestaltet, das Ergebnis wird das
politische Klima verändern. Wenn die AfD eine starke Position im Landtag
hat, wird das nicht nur klassische linke Projekte unter Druck setzen,
sondern auch Frauenhäuser, Beratungsstrukturen und so weiter. Wir müssen
sicherstellen, dass die Leute, die dann unter schlechteren Bedingungen eine
gute linke Politik machen, auch nach den Wahlen Support kriegen und nicht
ausbrennen. Es klingt jetzt total abgedroschen, aber es ist wirklich kein
Sprint, es ist ein Marathon. Die Leute hören nicht auf zu existieren nach
den Wahlen und die AfD leider auch nicht.
14 Mar 2024
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## AUTOREN
Jonas Wahmkow
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