# taz.de -- Protest gegen AfD-nahe Veranstaltung: Auch Hönow stellt sich quer | |
> Eine bunte Menge demonstriert am Freitag am Berliner Stadtrand gegen | |
> einen „Alternativen Kulturkongress“. Der wird dann prompt abgesagt. | |
Bild: Bekannt als Veranstaltungsort für Rechtsextreme: Restaurant „Mittelpun… | |
BERLIN taz | Am Freitagabend haben gut 100 Menschen vor dem als | |
rechtsextremem Treffpunkt bekannten Restaurant „Mittelpunkt der Erde“ in | |
der Mahlsdorfer Straße im brandenburgischen Hönow demonstriert – direkt an | |
der Stadtgrenze zum Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf. Hier hätte ein | |
„Alternativer Kulturkongress“ stattfinden sollen, der „Gespräche zur Lage | |
der Nation“ veranstaltet, in denen neurechte Geschichtsrevision verbreitet | |
wird. | |
Als Referent*innen waren dort unter anderem Christina Baum, [1][Armin | |
Paul Hampel] und Angelika Barbe geladen. Baum ist AfD-Bundestagsabgeordnete | |
und [2][gilt als Rechtsaußen], genauso wie Ex-MdB Hampel. Die frühere | |
DDR-Bürgerrechtlerin Angelika Barbe [3][war zumindest bis 2023 noch | |
Mitglied der Berliner CDU] und macht sich heute als Pandemieleugnerin einen | |
Namen. | |
Am Freitagabend wurde in dem Restaurant allerdings weder die Pandemie noch | |
der Holocaust geleugnet, denn: „Die Veranstaltung wurde wegen uns | |
abgesagt“, ruft eine junge Frau ins Mikrofon. Die Demonstrierenden | |
applaudieren. „Alle zusammen gegen den Faschismus“, rufen sie begeistert. | |
Auf selbst gemalten Plakaten und Transparenten steht „Brandstifter stoppen“ | |
und „Hass macht hässlich“. Dass 100 Menschen gekommen sind, ist für sie e… | |
Erfolg: „Wir standen hier schon mit 40 Leuten“, sagt eine der | |
Organisator*innen anschließend zur taz. | |
Es ist bei Weitem nicht die erste Kundgebung vor dem „AfD-Dauertreffpunkt“ | |
und wird auch nicht die letzte sein, denn da die Partei in Berlin kaum noch | |
Veranstaltungsorte findet, hat sich das griechisch-bulgarische Restaurant | |
am Stadtrand zu einem der wichtigsten Treffpunkte und Veranstaltungsorte | |
der Berliner und Brandenburger AfD und anderer Gruppen und Akteur*innen | |
der extremen Rechten entwickelt. Hier waren schon Jürgen Elsässer, Götz | |
Kubitschek und „Bernd“ Höcke zu Gast. Zuletzt soll die Junge Alternative | |
hier am 29.12. ein Rechtsrock-Konzert veranstaltet haben. | |
## „Kleine Sachen vor Ort sind wichtiger“ | |
„Unser Ziel ist, dass keine Veranstaltung mehr stattfindet!“, ruft die | |
Moderatorin. Eine der Rednerinnen, es sind alles Frauen, informiert | |
ausführlich über die Umtriebe des „Alternativen Kulturkongresses“ und den | |
Inhalt der rechten Gespräche. Andere Beiträge thematisieren die AfD, die | |
Gefahr eines aufsteigenden Faschismus und die Bedeutung, sich zu | |
organisieren und aktiv zu werden. | |
Viele der Demonstrant*innen haben schon öfter hier protestiert, aber | |
etwa die Hälfte steht zum ersten Mal vor dem rechten Restaurant. Drei von | |
ihnen, zwei Frauen und ein Mann aus Mahlsdorf zwischen 23 und 51, wollen | |
ihre Namen lieber für sich behalten, finden es aber „unverzichtbar“, heute | |
hier zu sein. | |
Sie waren vor zwei Wochen auf einem Protest, haben sich dann über Instagram | |
vernetzt und so von dieser Kundgebung erfahren. „Kleine Sachen vor Ort sind | |
wichtiger“, sagt der junge Mann mit Blick auf die Großkundgebung am | |
Samstag. Die AfD sei eine Gefahr für die kleinen Orte, eine Vernetzung sei | |
daher wichtig. „Wir wollen dranbleiben“, verspricht er. | |
## Musikalische Darbietungen nahe der Schmerzgrenze | |
Die Kundgebung wird nun zu einer Art bürgerlichem Speakers’ Corner. Eine | |
Frau aus Hönow schlägt regelmäßige antirassistische Spaziergänge vor. Es | |
sprechen Frauen von der SPD und der Linkspartei. Andrea Timm von der SPD | |
Hoppegarten hat extra ihre Gitarre mitgebracht und intoniert nun einen Song | |
von Drafi Deutscher. | |
Eine andere Frau trägt ein Gedicht von Konstantin Wecker vor („misch dich | |
ein – sag nein“). Auch eine junge Frau aus Hönow positioniert sich am | |
Mikrofon gegen die AfD: „Ich stehe dazu, dass ich mich auf dem Boden des | |
Grundgesetzes befinde“, ruft Sarah Weinreich, die ebenfalls SPD-Mitglied | |
ist. „Nie wieder ist auch hier in Hönow!“ | |
Tatsächlich ist die Berliner Innenstadt weit weg an diesem Abend. Das | |
Brandenburger Bündnis „Kein Acker der AfD“ hat die Kundgebung organisiert. | |
Das Spektrum ist bürgerlich, von ziemlich jung bis ziemlich alt, die Leute | |
kommen aus Strausberg, Bad Freienwalde, Neuenhagen, Seelow und Berlin. | |
Die Stimmung ist gut, man hat etwas erreicht und bekommt das Gefühl, dass | |
[4][hier tatsächlich ein breiteres Protestbündnis im Entstehen ist]. Aber | |
als die Teilnehmenden ihre Smartphones aufleuchten lassen und Andrea Timm | |
zum Abschluss noch den Protestsong-Gassenhauer „We Shall Overcome“ | |
anstimmt, gerät der Protest dann doch nahe an die Schmerzgrenze. | |
## „Wir werden immer wieder dagegen protestieren“ | |
Während im Restaurant eine Geburtstagsfeier vorbereitet wird, löst sich die | |
entspannte Kundgebung auf, aber sie soll nicht die letzte gewesen sein: | |
„Wir werden immer wieder dagegen protestieren, bis sich der ‚Mittelpunkt | |
der Erde‘ von seinen rechten Stammgästen verabschiedet“, so eine der | |
Organisator*innen. | |
Der Protest sei „voll cool und erstaunlich“, sagt sie anschließend zur taz, | |
„aber langfristig braucht es mehr, als nur gegen die AfD zu sein und nur zu | |
protestieren. Die Frage ist, wie man die Mobilisierungen dauerhaft | |
hinkriegen kann.“ Letztlich gehe es darum, für eine andere Gesellschaft | |
einzutreten. | |
Aber erst mal sind weitere Kundgebungen geplant, wie am 8. Februar in | |
Seelow und am 11. Februar in Neuenhagen. Und dann steht auch bald schon die | |
Europawahl an. | |
4 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Darius Ossami | |
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