| # taz.de -- Wirtschaftsberatung der Bundesregierung: 40 Jahre neoliberale Schla… | |
| > Eine neue Studie analysiert die wirtschaftspolitische Ausrichtung von | |
| > Berater*innengremien der Politik. Das Ergebnis ist eindeutig. | |
| Bild: Da waren es ausschließlich Männer: Die Wirtschaftsweisen präsentieren … | |
| Berlin taz | [1][Christoph M. Schmidt] war von 2013 bis 2020 Vorsitzender | |
| der sogenannten Wirtschaftsweisen. Auf dem Höhepunkt der Eurokrise 2015 | |
| fand er harte Worte über Griechenland. In dem Krisenland solle „der harte | |
| und sicher noch viele Jahre dauernde Anpassungsprozess“ fortgesetzt werden. | |
| Also die Fortführung der Sparpolitik. | |
| Ein knappes Jahrzehnt später herrscht im Sachverständigenrat zur | |
| Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, wie das einst von | |
| Schmidt geleitete Gremium offiziell heißt, in Bezug auf die hiesige | |
| Schuldendebatte ein anderer Geist. Das Beratergremium der Bundesregierung | |
| empfahl jüngst eine [2][Reform der Schuldenbremse]. | |
| Langfristig gesehen haben Ökonom*innen vom Schlage Schmidts unter den | |
| Berater*innen der Bundesregierung jedoch eine Mehrheit. Zu diesem | |
| Ergebnis kommt ein neue Studie der IG-Metall-nahen Otto-Brenner-Stiftung. | |
| Die Zusammensetzung der Beratungsgremien der Bundesregierungen seit 1982 | |
| analysierte das Team um den Sozialwissenschaftler Dieter Plehwe, der am | |
| Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin forscht. Neben den | |
| [3][Wirtschaftsweisen] gehören zu den Berater*innen auch Beiräte von | |
| Wirtschafts- und Finanzministerium. | |
| „Im Zeitverlauf hat stets eine absolute Mehrheit der Gremienmitglieder | |
| austeritätspolitische Maßnahmen befürwortet, nur rund jedes zehnte Mitglied | |
| war und ist solchen Maßnahmen gegenüber kritisch eingestellt“, fasst Plehwe | |
| die Ergebnisse der Studie zusammen. Diese „intellektuelle Engführung“ sei | |
| durch die bisherigen Modi der Besetzung begründet. | |
| ## Einfluss von akademischen Beziehungen | |
| So zeigen „die Ergebnisse, dass akademische Beziehungen in Form von | |
| Promotionbetreuungen Einfluss auf die Berufung von Gremienmitgliedern | |
| haben“, führt Mitautor Moritz Neujeffski aus. Knapp jedes vierte Mitglied | |
| des Beirats des Wirtschaftsministeriums war zeitgleich mit dem oder der | |
| eigenen akademischen Lehrer*in im Gremium aktiv. | |
| Dass die Diskussion um die Schuldenbremse offener geführt wird als frühere | |
| Debatten, liegt laut Plehwe daran, dass „die Dillemmata der rigiden | |
| Sparpolitik zunehmend akut“ würden. Mit der Schuldenbremse habe sich der | |
| deutsche Staat „ohne Not fiskalpolitisch so stark beschränkt, dass er die | |
| notwendigen Ausgaben für den Erhalt und Umbau der Infrastruktur und für die | |
| Finanzierung elementarer Aufgaben“ der Transformation nicht leisten könne, | |
| so der Wissenschaftler. | |
| Eine Abkehr vom Neoliberalismus ist die aktuelle Debatte um die | |
| Schuldenbremse für ihn allerdings noch nicht. Denn die [4][Schuldenbremse] | |
| ist im Grundgesetz verankert und laut Plehwe sind „in absehbarer Zeit auch | |
| keine Mehrheiten für eine andere Steuerpolitik zu erwarten“. | |
| 12 Mar 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Simon Poelchau | |
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