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# taz.de -- Vor finaler Abstimmung: Kann die Welt KI bändigen?
> Diese Woche werden zwei entscheidende Weichen in Sachen KI gestellt. Doch
> NGOs und Wissenschaftler:innen sehen problematische Parallelen.
Bild: Protestaktion gegen KI-Gesichtserkennung anlässlich eines Pilotprojekts …
Berlin taz | In diesen Tagen setzen sich in Straßburg die
Vertreter:innen des Europarats und ausgewählte Nichtmitglieder aus
Staaten wie USA, Japan und Kanada zusammen, um eines der größten Abkommen
zu künstlicher Intelligenz zu verhandeln: die [1][KI-Konvention des
Europarats]. Im Zentrum die Frage: Wie soll und kann die Technologie
verbindlich und trotzdem global möglichst breit reguliert werden?
Die Verhandlungen im Europarat standen bislang im Schatten der EU. [2][Denn
auch diese hat ein Regelwerk für KI erarbeitet]. Diese Woche Mittwoch
stimmt das Parlament abschließend darüber ab. Das Votum gilt als Formsache
– nachdem es in den vergangenen Monaten selbst nach der offiziellen
Einigung von EU-Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten im Dezember noch
eine ganze Reihe an Konflikten gab.
Im Zentrum standen dabei die Vorgaben für die Wirtschaft – hier hatte unter
anderem die [3][FDP auf den letzten Metern Bedenken] angemeldet – und die
Auswirkungen auf Bürgerrechte. Letztlich haben sich die
[4][EU-Mitgliedstaaten mit ihrem Interesse an Überwachungsaktivitäten]
durchgesetzt, zum Beispiel, was die biometrische Gesichtserkennung angeht.
Die neuen EU-Regeln teilen KI-Systeme in Risikoklassen ein und sehen je
nach Einstufung strengere oder mildere Vorgaben vor. Gelten sollen sie ab
Frühjahr 2026 – für die Übergangszeit hofft die EU-Kommission auf
freiwillige Zusagen der Unternehmen.
Während der AI Act mit den 27 EU-Mitgliedstaaten schon als bislang größtes
verbindliches Regelwerk für KI gilt, könnte der Europarat es mit seiner
Konvention noch toppen: Kommt es zu einer Einigung, würde sie nicht nur die
46 Staaten des Europarates betreffen, sondern auch weitere an den
Verhandlungen beteiligte Länder, etwa Mexiko, Japan und die USA. Damit
könnte die Konvention die KI-Regulierung werden, die die größte Zahl an
Menschen betrifft.
Im Unterschied zum AI Act der EU soll die Konvention zwar Regeln vorgeben,
aber weniger ins Detail gehen: Vielmehr soll sie einen Rahmen setzen, den
die Staaten jeweils an ihr eigenes rechtliches System anpassen. Zum
Beispiel könnten Einspruchsmöglichkeiten für Betroffene von
KI-Entscheidungen festgeschrieben werden – wie diese dann umgesetzt werden
und welche Strafen drohen, bliebe den Nationalstaaten überlassen.
## Spielraum und Schlupflöcher
Doch zu der abschließenden Verhandlungsrunde warnen Vertreter:innen der
Zivilgesellschaft: Die Pläne, wie sie sich derzeit abzeichnen, würden den
Staaten viel Spielraum lassen, die Technologieunternehmen milde bis gar
nicht zu regulieren. „Das würde ein gefährliches Signal senden: Das erste
internationale Regelwerk zu KI könnte so den Konzernen einen
Freifahrtschein erteilen, KI ihren eigenen Interessen gemäß zu entwickeln
und einzusetzen“, kritisiert Angela Müller von der Bürgerrechtsorganisation
AlgorithmWatch.
Und auch eines der Schlupflöcher aus dem AI Act droht die Konvention zu
reproduzieren: Breite Ausnahmen für die nationale Sicherheit. So stehen im
Entwurf für die KI-Konvention im Abschnitt zum Thema nationale Sicherheit
verschiedene Formulierungsoptionen. Eine davon: „Eine Vertragspartei ist
nicht verpflichtet, dieses Übereinkommen auf die Ausgestaltung, die
Entwicklung, die Verwendung oder die Außerbetriebnahme von Systemen der
künstlichen Intelligenz zum Schutz wesentlicher nationaler
Sicherheitsinteressen […] anzuwenden …“.
Auch Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Einsatz von Geheimdiensten im
Ausland und Spionageabwehr müssten möglich sein, wenn diese „im Einklang
mit geltendem Völkerrecht“ durchgeführt würden. Das könnte Türen öffnen…
den Einsatz von KI, etwa zur Gesichtserkennung im öffentlichen Raum oder im
Zusammenhang mit Grenzschutzinteressen.
Bürgerrechtsorganisationen und zahlreiche Wissenschaftler:innen warnen
daher in einem offenen Brief an die verhandelnden Staaten vor einer
Verwässerung der Rechte von Bürger:innen und Nutzer:innen. „Eine
ausgehöhlte Konvention wird nur wenig ernsthaften Schutz für Personen vor
mächtigen KI-Systemen bieten, die anfällig sind für Voreingenommenheit,
menschliche Manipulation und die Destabilisierung der demokratischen
Institutionen“, heißt es in dem Brief, den unter anderem die
Oxford-Professorin Sandra Wachter und der ehemalige
Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar unterzeichnet haben.
Die Regeln müssten gleichermaßen für den öffentlichen und privaten Sektor
gelten und dürften keine Schlupflöcher für Zwecke der nationalen Sicherheit
oder Verteidigung zulassen.
11 Mar 2024
## LINKS
[1] /Europarat-verhandelt-Abkommen/!5941771
[2] /FAQ-zum-neuen-AI-Act-der-EU/!5991054
[3] /EU-Gesetz-zur-Kuenstlichen-Intelligenz/!5988014
[4] /Kuenstliche-Intelligenz/!5982854
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
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