# taz.de -- EU-Gesetz zur Künstlichen Intelligenz: Zittern bei KI-Regulierung | |
> Die Bundesregierung zögert beim Ja zum EU-Gesetz zur Künstlichen | |
> Intelligenz. Das könnte das weltweite Vorreiterprojekt zum Scheitern | |
> bringen. | |
Bild: Regulierung der Künstlichen Intelligenz in der EU wackelt, die Grenzen f… | |
BERLIN taz | Kurz bevor die [1][europäische Regulierung zu Künstlicher | |
Intelligenz (KI)] final verabschiedet werden soll, scheint sie wieder auf | |
der Kippe zu stehen. Wie aus Koalitionskreisen bekannt wurde, soll das | |
FDP-geführte Digital- und Verkehrsministerium bremsen und statt für eine | |
Zustimmung für eine Enthaltung in Brüssel plädieren. | |
Die Verhandler:innen von EU-Kommission, Parlament und Rat hatten sich | |
im Dezember auf Regeln für KI, den AI Act, geeinigt. Die Aufmerksamkeit für | |
die EU-Regulierung ist weltweit groß, soll sie doch zur ersten | |
verbindlichen Regelung in diesem Umfang werden. | |
Doch bereits kurz nach der letzten Trilog-Verhandlungsrunde [2][wurde der | |
mühsam erkämpfte Kompromiss wieder aufgeschnürt]: In dem verschriftlichten | |
Entwurf der spanischen Ratspräsidentschaft sind die Grenzen für die | |
[3][biometrische Massenüberwachung] von Menschen deutlich aufgeweicht. | |
Auch in der Fassung des Gesetzestexts, die in dieser Woche geleakt wurde, | |
sind die Überwachungsbefugnisse größer, als die Verhandlungsparteien das im | |
Dezember besprochen hatten. Das Dokument besteht aus knapp 900 Seiten. Wie | |
üblich in diesem Verhandlungsstadium sind die Seiten in vier Spalten | |
aufgeteilt, die jeweils die Position der einzelnen Verhandlungsparteien – | |
Kommission, Rat, Parlament und als vierte Spalte den Kompromissentwurf – | |
wiedergeben. | |
Die Diskussionen scheinen umfangreich gewesen zu sein, auch im | |
Kompromissentwurf sind Streichungen und Ergänzungen in größerem Umfang zu | |
finden. Und das sogar am Anfang, wo es noch nicht einmal um konkrete | |
Regeln, sondern um das Ziel des AI Act geht. | |
## Überwachungsbefugnisse ausgedehnt | |
Zu den Punkten, die nun dem Vernehmen nach vor allem in der FDP für Unmut | |
sorgen, sollen die Überwachungsbefugnisse sowie Regeln für Unternehmen | |
gehören. Dabei könnte es um die Vorschriften für besonders leistungsfähige | |
KI-Modelle, die Foundation Models (Basismodelle), gehen. Dazu gehört | |
beispielsweise GPT, auf dem die Anwendung ChatGPT basiert. | |
Die Basismodelle bilden die Grundlage für zahlreiche weitere Anwendungen. | |
Verkehrs- und Digitalminister Volker Wissing (FDP) hat sich in der | |
Vergangenheit gegen eine verbindliche Regulierung dieser Basismodelle | |
ausgesprochen und mit wirtschaftlichen Vorteilen argumentiert. | |
Expert:innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft plädieren dagegen | |
für klare Regeln. Diese würden nicht nur Bürger:innen schützen, sondern | |
auch Unternehmen rechtliche Sicherheit bieten. | |
Tobias Bacherle, Grünen-Obmann im Digitalausschuss des Bundestags, warnte | |
vor einem Scheitern der Regulierung: „Scheitert der AI Act, scheitert der | |
verantwortungsvolle Einsatz von KI in der EU – und scheitert die EU im | |
internationalen Wettlauf und ihrer Glaubwürdigkeit im Kampf um | |
wertebasierte KI-Standards.“ Hinzu komme: Sollten nach der bevorstehenden | |
Europawahl die rechten Parteien stärker vertreten sein, könnten „die | |
bisherigen progressiven Verhandlungsergebnisse so nicht gehalten werden“. | |
Ein Sprecher des Digital- und Verkehrsministeriums teilte mit, dass man | |
aktuell noch keine endgültige Einschätzung zur Regulierung habe, der | |
Vertragstext werde noch geprüft. Kriterien für die Bewertung seien aber | |
„die Offenheit für Innovationen, ein geringer bürokratischer Aufwand für | |
kleine und mittlere Unternehmen bei einer möglichen Umsetzung und die | |
internationale Anschlussfähigkeit der Regeln“. | |
## Baldige Abstimmung erwartet | |
Die finale Abstimmung in der EU wird für die kommende Woche erwartet. Wenn | |
nur Deutschland sich enthält, würde das Gesetz noch nicht kippen. Doch für | |
eine Verabschiedung ist eine Zustimmungsquote nötig. Mindestens 55 Prozent | |
der Mitgliedstaaten, das sind aktuell 15 Staaten mit einer Bevölkerung von | |
mindestens 65 Prozent, müssen mit Ja votieren. | |
Sollten sich also bevölkerungsreiche Staaten enthalten oder mit Nein | |
stimmen, wäre eine Mehrheit in Gefahr. Und Kritik gab es durchaus: So | |
hatten sich in der Vergangenheit auch Frankreich und Italien gegen eine | |
verbindliche Regulierung der Basismodelle ausgesprochen. | |
25 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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