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# taz.de -- EU-Einigung auf KI-Gesetz: Mit Überwachung ins KI-Zeitalter
> Der AI Act steht. Was das mit Schlafmangel, biometrischer Überwachung und
> der Zuckerlobby zu tun hat – und warum es am Ende doch aufs Geld ankommt.
Bild: Wie auch Internet, bei Computern oder Videokameras geht es bei KI auch um…
Man kennt es von Koalitionsverhandlungen: Die Länge einer Verhandlungsrunde
wächst proportional zur Zahl der Verhandlungstage. Und am Ende steht eine
Marathonsitzung, bei der sich durchsetzt, wer am meisten Kaffee verträgt,
die besten Snacks hat, keine Kinderbetreuung organisieren muss oder vorher
auf Vorrat schlafen konnte.
Auch in den EU-Gremien, die Ende der Woche [1][den Trilog zur
KI-Gesetzgebung, den „AI Act“] fertig ausgehandelt haben, muss die
Kaffeetoleranz hoch gewesen sein: Rund 37 Stunden waren es Beteiligten
zufolge. Anzahl der Schlafpausen zwischendrin: 1. Zwar sind noch nicht
sämtliche Details ausgearbeitet – das passiert erst in den kommenden
Wochen, wenn der Feinschliff gemacht wird. [2][Dennoch ist Zeit für eine
erste Bilanz], was die Verhandlungen und Diskussion rundherum an
Erkenntnissen gebracht haben.
Neue Technologie, neue Überwachungsbegehrlichkeiten: Da sprechen alle über
den gesellschaftlichen Wandel und die wirtschaftlichen Potenziale – und am
Ende geht es doch wieder um Überwachung. Etwas desillusionierend, dass das
bei KI nicht anders ist als beim Internet, bei Computern oder Videokameras.
Wohin die nun kompromissmäßig vereinbarten Schlupflöcher in Sachen
KI-basierter biometrischer Überwachung führen werden, das werden wir erst
in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sehen.
Der Brexit hat auch Vorteile: Großbritannien ist einer der vehementen
Verfechter des Einfach-mal-laufen-lassen in Bezug auf KI. „Wir glauben an
Innovation“, sagte Premier Sunak kürzlich mit Bezug auf die verhältnismäß…
junge Technologie. Und der Glaube an Innovation schließt anscheinend den
Glauben daran aus, dass zum Beispiel Diskriminierung, Desinformation,
überbordender Energieverbrauch und unklare Haftungsfragen Probleme sind,
gegen die sich etwas tun lässt. Aber: Großbritannien ist ja nicht mehr
dabei und so war es in den Verhandlungen ein Wirtschaftslobbyist weniger.
Der darf dafür für Fotos mit Branchengrößen wie [3][OpenAI-Gründer Sam
Altman] und IT-Milliardär Elon Musk posieren.
## Selbstverpflichtungen bringen fast nie etwas
Großbritannien hat immerhin, im Gegensatz zu Deutschland, vor Jahren eine
Abgabe [4][für extrem zuckerhaltige Getränke] eingeführt. Prompt passierte
was? Der Zuckergehalt in den Getränken sank. Deutschland hat es nur zu
einer Selbstverpflichtung gebracht. Und es passierte was? Nichts. Weil
Selbstverpflichtungen fast nie etwas bringen. Dass Deutschland also
gemeinsam mit Frankreich und Italien für die besonders leistungsfähigen
KI-Basismodelle nur eine Selbstverpflichtung wollte, war ein echter
Zuckerlobby-Move. Einer, der sich zum Glück nicht durchsetzen konnte.
Big Tech hat ein Gefühl für Timing: Einen Tag, bevor die Einigung
ursprünglich kommen sollte, stellte Google ein neues KI-Basismodell vor:
Gemini. Mit seinen Versionen Ultra, Pro und Nano klingt es zwar ein
bisschen nach Menstruationsprodukt, aber auch da sollte man sich ja nicht
von zweifelhaften Produktbezeichnungen irritieren lassen. Das Timing lässt
sich jedenfalls, beabsichtigt oder nicht, als dezenter Wink lesen, um
mitzuteilen: Reguliert ihr mal – wir machen unser Ding
Am Ende hängt es am Geld: Strenge Regulierung oder lockere – für die
Gesellschaft, die Rechte und den Schutz von Nutzer:innen ist das
entscheidend. Für die Wirtschaft aber weniger. Regulierung gibt zwar
Planungssicherheit oder eben nicht, sie klärt Haftungsfragen oder eben
nicht und schafft damit bessere oder schlechtere Rahmenbedingungen. Doch
auf was es am Ende ankommt: Geld.
Konzerne wie Meta, Microsoft oder Alphabet können Milliarden in die
konzerneigene Forschung und Entwicklung stecken. Der Professor für Recht
und Ethik der digitalen Gesellschaft an der Universität Viadrina, Philipp
Hacker, beziffert die Kosten für die Entwicklung eines hochklassigen
KI-Basismodells auf rund 60 Millionen Euro. Die Kosten für die Umsetzung
der Vorschriften bewegten sich dagegen im Bereich von 1 Prozent davon.
Wer europäische Alternativen schaffen will und denkt, mit weniger
Regulierung werde das schon passieren, sollte sich diese Zahl mal
aufschreiben und an die Bürowand pinnen. Vielleicht ja als Kunstwerk von
einem der KI-Bildgeneratoren.
10 Dec 2023
## LINKS
[1] /Regulierung-von-kuenstlicher-Intelligenz/!5976981
[2] /EU-Gesetzgebung-zu-KI/!5978731
[3] /Chaos-bei-OpenAI/!5972516
[4] /Deutschland-siegt-im-Laster-Vergleich/!5591871
## AUTOREN
Svenja Bergt
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