| # taz.de -- Künstliche Intelligenz an Hochschulen: Adieu, Bachelorarbeit | |
| > Eine österreichische FH schafft wegen KI die Bachelorarbeit in bisheriger | |
| > Form ab. Gut so, denn es gibt bessere Vorbereitungen auf das Berufsleben. | |
| Bild: Ob ich eine gute Arbeit über einen toten Menschen schreiben kann, sagt w… | |
| Eine Wiener Fachhochschule geht mit der Zeit: Bachelorarbeiten [1][in der | |
| jetzigen Form] sollen künftig zumindest in einem Studienbereich passé sein. | |
| Abgeschafft werden sie jedoch nicht ganz. Das verhindert das derzeitige | |
| Hochschulgesetz Österreichs. Schade, denn die Frage, wofür es noch | |
| Bachelorarbeiten braucht, ist berechtigt. | |
| Vorweg ein Hinweis in eigener Sache: Ich selbst studiere „Journalismus und | |
| Medienmanagement“ an besagter Fachhochschule der Wirtschaftskammer Wien. In | |
| meinem Studiengang wird sich anders als bei „Management und | |
| Entrepreneurship“ nichts ändern. Das stört mich nicht, ich schreibe gerne | |
| und die Bachelorarbeit wird mir hoffentlich auch gelingen. Trotzdem zweifle | |
| ich daran, welchen Mehrwert es für meine berufliche Zukunft haben wird, | |
| wenn ich mich ein Semester lang vorwiegend darauf konzentriere, eine Arbeit | |
| über den galizischen [2][Schriftsteller und Autor Joseph Roth] zu | |
| schreiben. Ob ich eine gute Bachelorarbeit über einen Menschen, der seit 85 | |
| Jahren tot ist, schreiben kann, sagt recht wenig darüber aus, ob ich auch | |
| ein guter Journalist werde. | |
| Natürlich will ich damit nicht die gesamte wissenschaftliche Praxis infrage | |
| stellen. Es gibt viele Bereiche, in denen es von größter Wichtigkeit ist, | |
| ebendiese Praxis auch im Zuge einer Bachelorarbeit zu erlernen. Vor allem | |
| in Studiengängen, in denen akademische Karrieren häufig angestrebt werden. | |
| Jedoch ist es unbestritten, dass ein großer Teil der studierenden Massen | |
| eben keine akademische Laufbahn im Sinn hat, sondern sich von ihrem Studium | |
| viel eher eine Qualifikation für eine berufliche Zukunft erhofft. Und wer | |
| vergleichende Literaturwissenschaft oder alte Geschichte studiert, wird | |
| über kurz oder lang auch einen Master und Ph.D. machen müssen, um für | |
| Professuren oder Lehrstühle infrage zu kommen. | |
| ## Nicht nur Eigenleistung | |
| Und [3][dann ist da noch die künstliche Intelligenz]. ChatGPT und Gemini | |
| heißen die beiden Verantwortlichen für die neuen Entwicklungen, was | |
| Bachelorarbeiten angeht. Bereits im Dezember vergangenen Jahres kündigte | |
| die Wirtschaftsuniversität Prag an, Bachelorarbeiten aufgrund des immer | |
| weiter verbreiteten Einsatzes von KI abzuschaffen. Nun zieht die FH Wien | |
| der WKW nach. Studierende des Bereichs „Management and Entrepeneurship“ | |
| werden künftig nicht mehr anhand der Bachelorarbeit bewertet, sondern an | |
| einer Gruppenpräsentation, in der Forschungsschritte erklärt und diskutiert | |
| werden sollen. „Wir wollen den Fokus viel stärker in Richtung | |
| Hochschuldiskussion, Hochschulargumentation und auch kritische | |
| Auseinandersetzung verschieben“, [4][sagt Studienbereichsleiter Manfred | |
| Schieber] in einem Beitrag des österreichischen Nachrichtenprogramms „Zeit | |
| im Bild“. Der Grund: Viele Arbeiten werden mithilfe von KI erstellt. Das zu | |
| beweisen, ist allerdings schwierig. | |
| Das Problem, dass wissenschaftliche Arbeiten in manchen Fällen nicht nur | |
| auf Eigenleistungen beruhen, gibt es jedoch schon länger. Abschreiben, | |
| Plagiate und Ghostwriter sind nichts Neues. Auf eine Stufe mit künstlicher | |
| Intelligenz kann man diese Praktiken aber nicht stellen. Um mit KI gut | |
| umgehen zu können, braucht man einige Skills. Diese im Laufe des Studiums | |
| zu lehren, wäre vielleicht auch keine schlechte Idee, werden uns ChatGPT | |
| und Co. doch wohl noch länger begleiten. | |
| Man könnte sich also zumindest ernsthaft überlegen, in welchen | |
| Studienbereichen das Verfassen einer Bachelorarbeit überhaupt Sinn ergibt. | |
| Die Zeit, die zum Beispiel eine zukünftige Englischlehrerin damit | |
| verbringt, die Zitierpraktik der zuständigen Universität haargenau | |
| auswendig zu lernen, könnte auch gut dafür genutzt werden, andere und | |
| vielleicht wichtigere Dinge zu lernen. | |
| Bevor Bachelorarbeiten zu einer reinen Formalität ohne Mehrwert für | |
| Studierende und Universität verkommen, könnte man sie also auch gleich | |
| ersetzen. Es ist Zeit, darüber zu sprechen, wie ein Hochschulbetrieb, der | |
| Studierende wirklich auf ihre berufliche Zukunft vorbereitet, aussehen | |
| kann. Ob Bachelorarbeiten zwingend Teil eines solchen Hochschulbetriebes | |
| sein müssen, bezweifle ich. | |
| 3 Mar 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://science.orf.at/stories/3223859/ | |
| [2] /Buch-ueber-die-Ukraine-der-20er-Jahre/!5014846 | |
| [3] /Kuenstliche-Intelligenz-an-Hochschulen/!5989598 | |
| [4] https://www.derstandard.at/story/3000000209588/wegen-ki-schummelei-oesterre… | |
| ## AUTOREN | |
| Livio Koppe | |
| ## TAGS | |
| Universität | |
| Bildung | |
| Bachelor | |
| Österreich | |
| Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
| Zukunft | |
| Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
| wochentaz | |
| Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Experten über Wetterprognosen und KI: Hätte eine KI das Ahrtal gerettet? | |
| Künstliche Intelligenz analysiert Daten in Sekunden und kann das Wetter | |
| präziser voraussagen. Wie Wissenschaftler die Zukunft von Vorhersagen | |
| beurteilen. | |
| Künstliche Intelligenz an Hochschulen: Zauberwort und Risiko | |
| Die Hochschulen beschäftigen sich zunehmend mit künstlicher Intelligenz. | |
| Das führte zu Euphorie – und der Sorge, durch KI das Lernen zu verlernen. | |
| Künstliche Intelligenz in der Robotik: Feuchter Händedruck von ChatGPT? | |
| Roboter in unserem Alltag werden leistungsstärker und intelligenter. Was es | |
| bedeutet, wenn wir künstlicher Intelligenz einen Körper geben. | |
| EU-Einigung auf KI-Gesetz: Mit Überwachung ins KI-Zeitalter | |
| Der AI Act steht. Was das mit Schlafmangel, biometrischer Überwachung und | |
| der Zuckerlobby zu tun hat – und warum es am Ende doch aufs Geld ankommt. |