# taz.de -- EU-Gesetzgebung zu KI: Kritik nach Marathonsitzung | |
> Am Freitag sollte die EU-Einigung zu Künstlicher Intelligenz stehen. Doch | |
> das Prozedere und die letzten Streitpunkte sorgen für Proteste. | |
Bild: Auch in der Medizin wird KI schon eingesetzt, hier im Unfallkrankenhaus B… | |
BERLIN taz | In den Schlussverhandlungen zu einem europäischen Regelwerk | |
für Künstliche Intelligenz (KI) kommt aus Zivilgesellschaft und | |
Wissenschaft Kritik an der Marathonsitzung – und den in letzter Minute | |
aufgekommenen Streitpunkten. Auf ihrer Trilog-Sitzung zum AI Act, die | |
eigentlich den Abschluss der Verhandlungen bilden sollte, haben die | |
Beteiligten von Mittwochnachmittag bis weit in den Donnerstag hinein | |
verhandelt. Nach einem Sitzungsmarathon vertagten sich die Beteiligten auf | |
Freitag. | |
„Nach über 20 Stunden Verhandlungen setzten sich übermüdete Gesetzgeber | |
unter Schlafentzug heute gegenseitig unter Druck, um eine inakzeptable | |
Einigung zu erzielen – zu einigen der grundlegendsten Auswirkungen, die KI | |
auf Mensch und Gesellschaft haben kann“, [1][kritisierte die | |
Menschenrechtsorganisation Algorithmwatch am Donnerstagabend]. | |
Einer der Streitpunkte ist Berichten zufolge der Einsatz von KI-Systemen im | |
Kontext von biometrischer Überwachung, also beispielsweise [2][KI-basierte | |
Gesichtserkennung]. Das EU-Parlament hatte in seiner Position ein Verbot | |
derartiger Anwendungen festgehalten. [3][Der Punkt der biometrischen | |
Überwachung war schon zuvor Streitpunkt im Gesetzgebungsprozess]. Besonders | |
aus den Mitgliedsstaaten gab es Begehrlichkeiten, ein möglichst hohes Maß | |
an Überwachung zu erlauben, etwa für militärische Zwecke und zum Schutz der | |
„nationalen Sicherheit“. | |
„Es wäre inakzeptabel, hinter dem Rücken der Bevölkerung einem Deal | |
zuzustimmen, der die Voraussetzungen für einen weit verbreiteten Einsatz | |
von KI-Systemen in höchst sensiblen Bereichen schafft“, sagt Angela Müller, | |
KI-Expertin bei Algorithmwatch. Auch die KI-Forscherin Sandra Wachter, | |
Professorin an der Universität Oxford, kritisierte das Prozedere. Sie | |
plädierte dafür, die Verhandlungen auf Januar zu vertagen. Eine gute Lösung | |
im Sinne der Menschen- und Grundrechte sei wichtiger, als sofort zu einer | |
Einigung zu kommen. | |
## Einigung bei Basismodellen nahe | |
Eine Einigung soll dem Vernehmen nach bei einem im Vorfeld umstrittenen | |
Punkt nahe sein: den besonders leistungsfähigen KI-Modellen, den Foundation | |
Models (Basismodellen). Zu denen gehört beispielsweise GPT, auf dem die | |
Anwendung [4][ChatGPT] basiert. Die Basismodelle bilden die Grundlage für | |
zahlreiche weitere Anwendungen. | |
Kurz vor den Schlussverhandlungen hatten sich drei EU-Staaten, darunter | |
Deutschland, gegen eine Regulierung dieser Modelle ausgesprochen. | |
Stattdessen sollte es nur eine Selbstregulierung geben – ein Vorschlag, den | |
Expertin Wachter als „fast schon empörend“ bezeichnete: „Eine | |
Selbstregulierung heißt nichts anderes, als dass ich mich an die Regeln | |
halte oder eben nicht.“ | |
Diese Position Deutschlands und seiner Mitstreiter scheint sich nun nicht | |
durchgesetzt zu haben. Doch eine umfassende Regulierung der Basismodelle | |
könnte auch vom Tisch sein. Laut der Nachrichtenagentur Reuters, die | |
Verhandlungsunterlagen einsehen konnte, soll nun vielmehr eine Liste mit | |
KI-Modellen erarbeitet werden, die „systemische Risiken“ bergen. | |
Die Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Kommission und Mitgliedsstaaten | |
sollten am Freitagmorgen fortgesetzt werden. Die Beteiligten haben ein | |
grundsätzliches Interesse an einer baldigen Lösung, da im kommenden Jahr | |
Europawahlen anstehen. Zwar können auf EU-Ebene Gesetzgebungsprozesse auch | |
in die nächste Legislaturperiode mitgenommen werden. Doch aufgrund sich | |
ändernder Mehrheiten wäre dann zu erwarten, dass das Paket dann noch einmal | |
komplett neu aufgeschnürt würde. | |
8 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://algorithmwatch.org/de/drama-um-ki-verordnung/ | |
[2] /Neuer-Schweizer-Tatort/!5959230 | |
[3] /Debatte-im-EU-Parlament/!5940600 | |
[4] /Chaos-bei-OpenAI/!5972516 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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