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# taz.de -- Angst vor künstlicher Intelligenz: Schluss mit der KI-Panik
> Horrormeldungen über KI sind zum journalistischen Genre geworden. Aber
> das ist unangebracht. Denn: Fake News verbreiten wir auch ohne sie.
Bild: Bitte nicht schreien, es ist doch nur künstliche Intelligenz
Haben Sie noch Angst vor der Atombombe? Oder bunkern Sie den Dosenfisch und
die Wasseraufbereitungstabletten längst gar nicht mehr wegen eines
möglichen Störfalls mit Strahlenbelastung, sondern für den Fall, dass
[1][die KI die Kontrolle übernimmt]?
Angesichts der täglichen Ration KI-Hysterie scheint es jedenfalls so, dass
der größte anzunehmende Unfall gar nicht mehr im Atompilz, sondern in der
künstlichen Intelligenz gesehen wird. Während der 104-fache Milliardär
Warren Buffett im Frühjahr die KI noch mit der Atombombe gleichsetzte,
scheint angesichts der Schlagzeilenfülle, in der „KI“ vorkommt, dass die
Eintrittswahrscheinlichkeit der feindlichen KI-Übernahme weit höher liegt
als die Austrittswahrscheinlichkeit von Kühlmitteln in einem Atomreaktor:
„Experte: 2031 übernimmt die Künstliche Intelligenz die Kontrolle“
(t-online), „KI-Singularität: Überholt künstliche Intelligenz die Menschen
schon in drei Jahren?“ (t3n) „Kann KI mit Tieren reden?“ (BR) „KI soll
Schauspieler nicht ersetzen dürfen“ (pcgameshardware).
Eigentlich verwunderlich, dass nicht jeden Morgen das Handy vor sich
hinbrummt und grausliche Warntöne von sich gibt wie neulich beim
Katastrophenalarmtesttag, weil wieder irgendwer irgendwas mit KI
ausprobiert hat, was schiefgelaufen ist. Medien, Kulturbetriebe und andere
beeilen sich klarzustellen, dass sie KI-frei sind beziehungsweise deren
Einsatz garantiert(!) nur unter Aufsicht stattfinde, wenn es wirklich
nachweislich um Arbeitserleichterung gehe.
Insbesondere bei den Medien steht die KI im Verdacht, zu verwirrenden
Zwecken eingesetzt zu werden, sodass Fakten von Fake News nicht mehr
unterscheidbar würden. Sicher, mit der KI wird reichlich Schabernack
getrieben: Neulich traf es einen Moderator des ZDF, jetzt bekannte Kollegen
aus der ARD. [2][Der öffentlich-rechtliche Sender sah sich am Dienstag
gezwungen, eine Nachricht in eigener Sache zu verbreiten,] um vor
gefälschten, angeblich KI-generierten ARD-Inhalten zu warnen. Es seien
Audiodateien im Umlauf und auf Demonstrationen abgespielt worden, in denen
sich ARD-Nachrichtensprecher für „einseitige Berichterstattung“, „bewuss…
Manipulation“ und die „Denunzierung unserer Mitmenschen“ im Namen des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks entschuldigten.
## Fehlt nur noch: „KI ist schlimmer als Nazis“
Sicher kann man sich jetzt darüber aufregen, dass die taz die Verbreitung
von Fake News „Schabernack“ nennt. Aber wir müssen auch nicht so tun, als
lebten wir zu Zeiten, als die Dampflok noch nicht auf die Schiene gesetzt
war. So wie mit jeder technischen Neuerung lässt sich auch mit künstlicher
Intelligenz Lustiges und Hilfreiches, Schlimmes und Schreckliches tun.
Und ja, klar glauben die Leute alles, aber eben auch nur das, was sie
glauben wollen. Und deswegen wurde der Journalismus erfunden. Um Zweifel am
Glauben zu säen. Das Überprüfen von Aussagen ist eine der Kernaufgaben des
Journalismus und jedes vernünftigen Menschen sowieso. Ob das Aussagen von
Kanzlern, Kranfahrerinnen oder KIs sind, ist dabei erst mal unerheblich.
Hier aber entsteht so langsam das Bild, alles Böse, was die Menschheit je
verbrochen hat, würde von der feindlichen Übernahme durch die KI in den
Schatten gestellt. Fehlt nur noch, dass jemand auf die Idee kommt zu sagen:
Die KI ist schlimmer als die Nazis, weil die haben das Böse wenigstens noch
handgemacht.
Apropos: In den letzten Tagen teilten und feierten deutsche
Spitzenpolitiker, Wirtschaftsexpertinnen und Journalisten [3][ein
Interview, in dem ein britischer Journalist unter anderem sagte, dass die
Hamas schlimmer sei als die Nazis.] Letzteren wären ihre Gräueltaten
wenigstens irgendwie noch peinlich gewesen. Die Nazis hätten wenigstens
noch versucht, ihre Taten zu vertuschen, während die Hamas ihre
barbarischen Taten heroisch feiere.
Ich bin der festen Überzeugung, hätte man vor dem öffentlichen [4][Abfeiern
des Interviews] eine vernünftig programmierte KI gefragt, was sie von den
Aussagen des Reporters hält, hätte sie davor gewarnt, Falschaussagen zu
verbreiten. Denn sie hätte sicher erkannt, dass das Geschwätz des Reporters
von der Wahrheit, dem historischen Forschungsstand und dem angemessenen
Vergleich unendlich weit entfernt liegt.
Sparen wir uns also die Panik vor der künstlichen Intelligenz. Fake News
verbreiten können wir nämlich auch ganz ohne sie.
15 Nov 2023
## LINKS
[1] /Auswirkungen-Kuenstlicher-Intelligenz/!5934661
[2] https://www.tagesschau.de/faktenfinder/tagesschau-audio-fakes-100.html
[3] https://www.msn.com/en-au/news/other/douglas-murray-labels-hamas-as-worse-t…
[4] /Vergleiche-von-SS-und-Hamas/!5969372
## AUTOREN
Doris Akrap
## TAGS
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