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# taz.de -- Trumps Aussagen zur Nato: Trump II wäre deutlich radikaler
> Trumps Ankündigung, zahlungssäumige Nato-Mitglieder Russland zum Fraß
> vorzuwerfen, klingt bizarr. Warum man sie trotzdem ernst nehmen muss.
Bild: Dreht Europa den Rücken zu: der republikanische Präsidentschaftskandida…
Es ist nicht viel, was sich auf der [1][Kampagnenseite] des
US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump zum Nato-Bündnis finden lässt.
„Wir müssen den unter meiner Regierung begonnenen Prozess zu Ende führen,
grundsätzlich Sinn und Mission der Nato zu reevaluieren“, heißt es da,
eingebettet in Tiraden über die „Globalisten“ (ein antisemitisches
Codewort), die die Welt in den Krieg ziehen wollen und Amerika hassen.
Die seien nämlich der wahre Feind, nicht Russland, und deshalb müssten „das
Außenministerium, die Verteidigungsbürokratie, die Geheimdienste und der
ganze Rest komplett überholt und neu begründet werden, um die Vertreter des
Deep State zu feuern und Amerika an die erste Stelle zu setzen“.
Der im März 2023 auf die Seite gesetzte Beitrag – der auch einen sofortigen
Waffenstillstand im „Stellvertreterkrieg“ in der Ukraine fordert – ist ti…
in den heute gängigen und vor allem von der russischen Propagandamaschine
verbreiteten rechten Verschwörungserzählungen verwurzelt.
Da nimmt sich Trumps Bemerkung bei einer Wahlkampfveranstaltung in South
Carolina am Samstag schon fast harmlos aus. Bei einem Treffen, erzählte
Trump, sei er einst vom Präsidenten eines Nato-Staats, der nicht genug Geld
für die Verteidigung ausgebe, gefragt worden, ob die USA ihn im Falle eines
russischen Angriffs schützen würden. „Nein, ich würde euch nicht
beschützen“, habe Trump geantwortet, er würde Russland vielmehr „sogar da…
ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen“.
## Reine Rhetorik
Zwar halten fast alle Beobachter diese Anekdote für frei erfunden,
diese Begegnung habe nie stattgefunden. Aber was Trump da andeutet, löste
denn doch nicht nur weltweit, sondern auch in den USA Kopfschütteln aus –
wenn auch nur bei wenigen Republikanern.
„Die Nato ist seit 75 Jahren eine Erfolgsgeschichte“, sagt indes Trumps
letzte verbliebene Konkurrentin um die republikanische
Präsidentschaftskandidatur, die frühere UN-Botschafterin Nikki Haley, im
Interview mit der [2][CBS-Sonntagssendung „Face the Nation“] und warnt:
„Stell dich nicht an die Seite eines Schurken, der seine Gegner umbringt,
an die Seite von jemandem, der ein Land überfallen hat und dabei eine halbe
Million Menschen getötet oder verwundet hat.“
Die republikanischen Senatoren Marco Rubio und Lindsay Graham hingegen
spielen die Äußerung herunter: Trump wolle lediglich die Position
bekräftigen, dass die europäischen Nato-Partner mehr zahlen müssten. Es sei
halt Trumps rhetorischer Stil, das etwas drastischer zu sagen.
Dem widerspricht John Bolton. Der altgediente außenpolitische
republikanische Hardliner, der Trump kurze Zeit als Nationaler
Sicherheitsberater diente, bevor sich beide endgültig überwarfen, warnt
davor, Trump nicht ernst zu nehmen. „Wenn er sagt, er will raus aus der
Nato, dann ist das eine sehr reale Bedrohung“, sagte Bolton dem Sender
MSNBC.
## Von wegen hohles Wahlkampfgetöse
Tatsächlich hatte Trump schon während seines ersten Wahlkampfs 2016 mit
einem möglichen Nato-Austritt geliebäugelt. Allerdings provozierte er dann
lediglich bei mehreren Nato-Gipfeln mit skandalösen Szenen, als er allen
anderen wutschnaubend vorwarf, [3][sie schuldeten den USA viel Geld,] und
mitunter frühzeitig abreiste.
Genau das allerdings legen ihm seine Unterstützer heute als Stärke aus:
Auch Trumps Vorgänger Barack Obama habe schon eine Erhöhung der
Militärausgaben Europas gefordert, sei aber nie ernst genommen worden. Erst
Trump habe erreicht, dass sich mehr Staaten dem 2006 vereinbarten Ziel der
Nato wenigstens annäherten, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für
Verteidigung aufzuwenden.
Während Trump in seiner ersten Präsidentschaft selbst einige jener
Wahlkampfversprechen umzusetzen versuchte, die von vielen als hohles
Wahlkampfgetöse abgetan worden waren – etwa der Einreisestopp für Muslime,
der Austritt aus dem Klimaabkommen und der Bau der Mauer zu Mexiko –, ließ
er die Nato im Wesentlichen unangetastet.
Seinen Sicherheitskabinetten gehörten zunächst entweder Militärs wie James
Mattis oder Figuren aus dem alten republikanischen außen- und
verteidigungspolitischen Establishment an – die sich inzwischen fast alle
von Trump abgewandt haben.
## Mächtiger und radikaler
Nach seinem auch für ihn selbst überraschenden Wahlsieg 2016 musste Trump
erst noch darum kämpfen, in der republikanischen Partei wirklich die
Oberhand zu gewinnen. Der Prozess ist längst abgeschlossen: Seine Gegner
sind entweder geschasst, zurückgetreten oder als Minderheit abgekanzelt.
Sichert sich Trump so dominant die Kandidatur, wie es derzeit aussieht,
würde er im Falle eines Wahlsiegs mit viel mehr Macht in die zweite
Amtszeit starten als seinerzeit in die erste. Und viel radikaler.
Denn seit 2016 haben sich Donald Trumps Positionen innen- wie auch
außenpolitisch verschärft. Seine Versuche, durch Druck auf die
Wahlbehörden, seinen damaligen Vizepräsidenten und den Kongress bis hin
zum gewaltsamen Aufstand seine Wahlniederlage 2020 in einen Sieg umdeuten
zu lassen, haben Trumps Verhältnis zur Demokratie deutlich gemacht.
Und 2018 galt es noch als Lapsus, als Trump bei einer Pressekonferenz im
Anschluss an ein Gipfeltreffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin in
Helsinki die US-Geheimdienste dafür kritisierte, Putin zu Unrecht der
Einmischung in die US-Wahlen bezichtigt zu haben. Heute steht so etwas in
seinem Wahlprogramm.
12 Feb 2024
## LINKS
[1] https://www.donaldjtrump.com/agenda47/agenda47-preventing-world-war-iii
[2] https://www.youtube.com/watch?v=FXjAQhi7-f0
[3] /US-Praesident-droht-Nato-Partnern/!5514733
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Sicherheitspolitik
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