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# taz.de -- Verbot der Jungen Alternative: Verbieten und Gelder streichen
> Grüne wollen die extrem rechte Junge Alternative verbieten lassen. Ampel
> und Union diskutieren zudem über Einschränkung der
> AfD-Parteienfinanzierung.
Bild: Wie umgehen mit der Jugendorganisation der AfD, der Jungen Alternative?
Berlin taz | Wie radikal die Junge Alternative ist, haben vorletzte
Samstagnacht wieder einige ihrer Mitglieder beim Feiern nach einem
Parteitag im mittelfränkischen Greding in Bayern zur Schau gestellt. Eine
Gruppe von bis zu 30 Personen grölte tanzend in einer Diskothek den
stumpfen Neonazi-Slogan: „Deutschland den Deutschen! Ausländer raus!“ –
also exakt jene Parole, die Neonazis 1993 bei den Pogromen von
Rostock-Lichtenhagen riefen, während sie Brandsätze auf ein Wohnheim für
vietnamesische Vertragsarbeiter warfen.
Mitten drin in der Gredinger Disko waren [1][laut Recherchen des
Bayerischen Rundfunks] Mitglieder der AfD, der Partei-Jugendorganisation
Junge Alternative (JA) sowie zwei jüngere Landtagsabgeordnete: Benjamin
Nolte war dabei wie auch der Bundesschatzmeister der JA, Franz Schmid, der
die AfD als „Partei der autochthonen Deutschen“ bezeichnet – beide feiert…
Bildern zufolge ausgelassen.
Ein Video der Szene in der Gredinger Disko sorgte für einige Empörung,
ebenso [2][ermitteln Kriminalpolizei und Staatsschutz Mittelfranken] zum
Vorfall wegen Volksverhetzung. Aber innerhalb der AfD scheinen 2024 selbst
offene Neonazi-Forderungen keine Grenzüberschreitung mehr zu sein, die
ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen: So redete der parlamentarische
Geschäftsführer der AfD im Bundestag, Bernd Baumann, beim Bericht aus
Berlin die alte NPD-Parole klein – „Deutschland den Deutschen“ beziehe si…
ja nur auf alle mit deutschem Pass und „Ausländer raus“ meine nur jene, die
ausreisepflichtig seien, behauptete Baumann – außerdem sei sicherlich viel
Bier im Spiel gewesen.
Vor dem Hintergrund solcher Szenen, aber auch der jüngsten Proteste
hunderttausender Menschen bundesweit für Demokratie und gegen die extrem
rechte AfD werden Verbotsforderungen von Tag zu Tag lauter.
## Grünen-Chef Nouripour: JA verbieten
Die Grünen haben nun zunächst ein Verbot der AfD-Jugendorganisation Junge
Alternative (JA) gefordert. Der extrem rechte Parteinachwuchs ist als
Verein organisiert. Ein Verbot könnte die Bundesinnenministerin aussprechen
– das könnte entsprechend deutlich schneller gehen als ein mehrjähriges
Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, das hohe Hürden
vorsieht.
Der Grünen-Chef Omid Nouripour hat ein mögliches Vereinsverbot für die JA
ins Gespräch gebracht: „Im Kampf gegen Rechtsextreme darf der Rechtsstaat
die Vorfeldorganisationen der AfD nicht aus dem Blick verlieren“, so
Nouripour. Diese spielten eine entscheidende Rolle bei der Vernetzung und
dem Erstarken von Hass und Hetze. Vereine wie die JA arbeiteten offen gegen
die Demokratie und müssten verboten werden, forderte er: „Das wäre ein
wirksamer Schlag des Rechtsstaats gegen extremistische Strukturen.“
Die Junge Alternative gilt als Radikalisierungsmotor der AfD: Wie bei
anderen Parteien sind auch in der AfD-Jugendorganisation die Formulierungen
nochmal deutlich schärfer als in der Mutterpartei, die ja ohnehin schon
völkisch-nationalistisch dominiert ist. Die JA-Aktivist*innen ziehen sich
häufig den Scheitel mit der Rasierklinge, sprechen verfassungsfeindliche
und rassistische Forderungen ganz offen aus. Die Szene aus der Gredinger
Disko ist eine von vielen. Ebenso sorgen sie für geschlossene Reihen und
greifen auch innerhalb der Partei immer wieder jene an, die sich gemäßigter
äußern oder Radikalforderungen kritisieren.
Ganz offen solidarisierte sich etwa der Bundestagsabgeordnete und [3][Chef
der JA, Hannes Gnauck], mit Martin Sellner und der rechtsextremen
Identitären Bewegung nach dem durch eine [4][Correctiv-Recherche bekannt
gewordenen „Masterplan“] mit verfassungswidrigen Plänen zur Drangsalierung
und Vertreibung von Deutschen auch mit Migrationshintergrund. JA-Chef
Gnauck forderte: „Die Zeit von Distanzeritis muss endlich vorbei sein.“
Gnauck verfolgt damit dieselbe Strategie wie Sellner, der versucht, den
Skandal um das geheime Netzwerk-Treffen von AfD-Politikern zu nutzen, um
den Bereich des Sagbaren zu erweitern. Rechtsextremist Björn Höcke hatte
sich [5][ähnlich wie Gnauck] geäußert.
## Diskussion auch über Streichung staatlicher Mittel
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wollte sich bisher nicht
öffentlich zur Forderung äußern, sagte aber allgemein, dass man Vereine
verbieten könne, wenn alle Voraussetzungen dafür vorlägen. Zuvor hatte auch
der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) in der Süddeutschen ein
JA-Verbot gefordert. Möglich wäre ein Verbot aufgrund des
[6][Grundgesetzartikels 9, Absatz 2]. Darin heißt es: „Vereinigungen, deren
Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich
gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der
Völkerverständigung richten, sind verboten.“
[7][Zuletzt hatten sich in der taz 49 Bundestagsabgeordnete] für die
Prüfung eines AfD-Parteiverbots ausgesprochen. Auch die Bundesregierung
wäre berechtigt, ein Verbot zu beantragen. Ebenso die Länder über den
Bundesrat: Auch hier [8][mehren sich Stimmen für ein Verbot]: Der
schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach sich
für die Prüfung aus, ebenso Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD). Es
gibt auch Stimmen für Teilanträge mit etwa Verboten der als [9][gesichert
rechtsextrem eingestuften Landesverbände Sachsen, Thüringen und
Sachsen-Anhalt].
Mittlerweile werden in der Ampel-Regierung aber auch [10][vermeintlich
niedrigschwelligere Maßnahmen] diskutiert – etwa die Streichung von
Parteienförderung. Johannes Fechner, Parlamentsgeschäftsführer der SPD,
nannte den Ausschluss von der Parteienfinanzierung „ein wichtiges Element
des wehrhaften Staates, verfassungsfeindlichen Parteien staatliche Mittel
deutlich zu kürzen“. Allerdings gibt es auch hier hohe Hürden, wie die
Grüne Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic betont.
In der CDU sieht man das ebenfalls eher kritisch: Der Entzug staatlicher
Mittel setze eine Einstufung als verfassungsfeindlich voraus, wie Thorsten
Frei von der CDU geltend machte. Darüber streitet die AfD derzeit noch mit
dem Verfassungsschutz vor Gericht. CSU-Chef Söder hingegen hält Kürzungen
von staatlicher Förderung wiederum für umsetzbar und nannte das ausstehende
Urteil zur Finanzierung der NPD eine mögliche „Blaupause“: Für Dienstag
wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts erwartet, das über den 2019
gestellten Antrag entscheidet, die NPD von staatlicher Finanzierung
auszuschließen.
22 Jan 2024
## LINKS
[1] https://www.br.de/nachrichten/bayern/rechte-parolen-nach-afd-parteitag-staa…
[2] https://www.sueddeutsche.de/bayern/afd-disco-greding-parteitag-eklat-rechts…
[3] https://twitter.com/IbDoku/status/1749357663823991145
[4] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigrati…
[5] /Junge-Alternative-waehlt-Gnauck-zum-Chef/!5885685
[6] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_9.html
[7] /49-Abgeordnete-fuer-Pruefung/!5986396
[8] /Debatte-um-ein-Parteiverbot/!5983334
[9] https://www.sueddeutsche.de/politik/afd-bundesverfassungsgericht-parteiverb…
[10] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afd-finanzmittel-streichung-…
## AUTOREN
Gareth Joswig
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