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# taz.de -- Vorschlag für neuen Generalbundesanwalt: Ein beharrlicher Ermittler
> Dank Jens Rommel musste sich so mancher SS-Wachmann nach Jahrzehnten doch
> vor Gericht verantworten. Nun soll Rommel Generalbundesanwalt werden.
Bild: Jens Rommel ist als neuer Generalbundesanwalt vorgeschlagen
berlin taz | Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat den
Bundesrichter Jens Rommel als neuen Generalbundesanwalt vorgeschlagen.
Rommel solle die Nachfolge von [1][Peter Frank antreten, der Ende Dezember
zum Richter des Bundesverfassungsgerichts ernannt wurde], wie das
Bundesjustizministerium am Freitag mitteilte. Der 51-jährige Rommel ist
seit 2020 Richter am Bundesgerichtshof, seine Ernennung zum
Generalbundesanwalt bedarf der Zustimmung des Bundesrats.
„Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof ist eines der wichtigsten
Ämter, die es in unserem Rechtsstaat gibt“, erklärte Buschmann, der den
Vorschlag nun dem Kabinett vorlegen wird. Es sei wichtig, das Amt des
Generalbundesanwalts zügig wiederzubesetzen. „Jens Rommel ist die richtige
Person für diese wichtige Aufgabe.“
Jens Rommel ist seit 2020 Richter am Bundesgerichtshof. Zuvor leitete er
seit 2015 die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer
Verbrechen in Ludwigsburg. Die Institution befasst sich bis heute mit den
Vorermittlungen gegen mutmaßliche NS-Straftäter.
Rommel, der nicht mit dem Wehrmachtsgeneral Erwin Rommel verwandt ist,
zeichnete sich in Ludwigsburg als beharrlicher Ermittler aus. Er ging mit
großen Engagement zu Werke, um bis dahin unentdeckte SS-Wachmänner vor
Gericht zu bringen.
## „Jeder Wachmann war mitverantwortlich“
Dabei hatte er das Glück, dass der Bundesgerichtshof im Jahr 2016 ein
Urteil bestätigte, nach dem allein schon die aktive Anwesenheit in einem
Lager, in dem planmäßig Morde verübt wurden, für ein Verurteilung wegen
Beihilfe zum Mord ausreichend sein konnte. „Jeder Wachmann war
mitverantwortlich“ [2][fasste Rommel damals in der taz das BGH-Urteil
zusammen.]
Der Gerichtshof [3][bestätigte damit die Entscheidung des Landgerichts
Lüneburg], dass den Auschwitz-Kassenwart Oskar Gröning 2015 zu einer
vierjährigen Haftstrafe verurteilt hatte. Die neue Rechtsprechung
ermöglichte Ermittlungen gegen mutmaßliche Täter, [4][die Jahrzehnte lang
verschont geblieben waren] – weil sich kein Zeuge und kein Beweis für
individuellen Mordtaten finden ließ.
Rommel nutzte dies konsequent: Schon bald ermittelte seine Behörde bereits
gegen acht NS-Greise, weitere Personen hatte man da schon im Visier.
Freilich konnten nur die wenigsten Täter auch verurteilt werden – zu
gebrechlich waren viele der Beschuldigten, als dass man sie als
verhandlungsfähig einstufte.
## „Leidenschaft für unseren Rechtsstaat“
2016 wurde der [5][ehemalige Auschwitz-Wachmann Reinhold Hanning in Detmold
zu fünf Jahren Haft verurteilt]. Das [6][Urteil gegen Bruno D., Wachmann im
KZ-Stutthof], erging 2020 schon nach der Berufung Rommels zum Richter am
Bundesgerichtshof.
„Egal ob bei der Verfolgung von Nazi-Verbrechen oder bei der
strafrechtlichen Bekämpfung des Terrorismus: Jens Rommel hat bewiesen, dass
er über alle Eigenschaften und Fähigkeiten verfügt, die einen exzellenten
Generalbundesanwalt ausmachen“, erklärte Buschmann: „Persönliche
Integrität, fachliche Kompetenz, Einsatzbereitschaft, Führungsstärke sowie
Leidenschaft für unseren Rechtsstaat und unsere freiheitliche Ordnung.“
(mit afp)
5 Jan 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
## TAGS
NS-Verbrechen
Holocaust
Generalbundesanwalt
Marco Buschmann
Bundesjustizministerium
GNS
KZ Stutthof
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Sachsenhausen
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Holocaust
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